98
Kriegschronik der Meggendorfer-Blätter, München
Die Toruister
Lerr Ameier, der eine trefflich eingerichtete Fabrik für
Lederwaren besitzt, hatte Tornister fabriziert. Ganze zehn°
taufend Stück prächtiger, folider Tornister. Als er sie alle
beifammen liegen sah, kratzte er sich den Kopf. „Was fange
ich jeht mit den Dingern an?" überlegte er. „Wenn ich
nur eine Ahnung hätte, wer mir die Tornister abkaufen
soll. Ich weiß wahrhaftig nichtz wer augenblicklich Tornister
gebrauchen kann. Es wird mir wirklich nichts anderes übrig
bleiben, als eine Anzeige in die Zeitung zu setzen: Zehn-
tausend Tornister zu verkaufen bei Ameier."
Auf diese Anzeige meldete sich Lerr Bemeier. Er kaufte
die Tornister, das Stück zu zwanzig Mark. Denn das war
der Preis, den Lerr Ameier festgesetzt hatte, und es war
ein folider und ehrlicher Preis. Nun hatte Lerr Bemeier
die zehntausend Tornister. Er kratzte sich den Kopf und
dachte nach: „Was mache ich mit meinen Tornistern? Sie
werden gar nicht fo leicht los zu werden sein. Denn wer
hat für folch eine Menge Tornister Verwendung. Das beste
wird fein, ich setze eine Anzeige in die Zeitung: Zehntausend
Tornister zu verkaufen bei Bemeier."
Auf diese Anzeige meldete sich Lerr Cemeier. Er kaufte
die Tornister, das Stück zu dreißig Mark. Denn das war
der Preis, den Äerr Bemeier festgeseht hatte; der wollte
doch etwas daran verdienen. Nun hatte Lerr Cemeier die
zehntausend Tornister. Er kratzte sich den Kopf und sprach
zu sich: „Wenn ich die Tornister nur wieder losgeschlagen
hälte! Zum Teufel, das wird vielleicht gar nicht so leicht
fein. Wer, in aller Welt, könnte die Tornister gebrauchen.
Das ist mir ganz und gar unbekannt; ich sehe keinen an-
dern Weg, als daß ich eine Anzeige in die Zeitung setze:
Zehntausend Tornister zu verkaufen bei Cemeier."
Auf diese Anzeige meldete sich Lerr Demeier. Er
kaufte die Tornister, das Stück zu neununddreißig Mark.
Denn das war der Preis, den Äerr Cemeier festgeseht
hatte; der wollte doch etwas daran verdienen. Nun hatte
Lerr Demeier die Tornister. Er krahte sich den Kopf und
und grübelte: „Wie finde ich jemand, der meine Tornister
gebrauchen kann? Äalt, — ich glaube, es ist jetzt Krieg.
Viellncht irre ich mich auch nicht, wenn ich meine, daß im
Kriege viele Tornister nötig sind. And am Ende gehe ich
nicht fehl, wenn ich annehme, daß die Soldaten die Tornister,
mit denen sie in den Krieg ziehn, von der Militärbehörde
bekommem An diese werde ich mich einmal wenden." —
Das tat Lerr Demeier, und er verkauste die Tornister an
die Äeeresverwaltung, das Stück zu achtundvierzig Mark;
denn er mußte doch auch etwas daran verdienen.
Llnd wenn wir nun überlegen, wer von den vier Lerren
der Klügste war, dann ist es wohl klar, daß nur der Äerr
Demeier in Frage kommen kann. Wahrhaftig, er ist gar
nicht genug zu preisen für seinen klugen Gedanken; eine
öffentliche Belobigung follte ihm dafür zuteil werden. Denn
wenn der Lerr Demeier nicht so gescheit gewesen wäre und
die ungeheuer schwierige Frage, wer heutzutage Tornister
gebrauchen kann, aus eigener Verstandeskraft gelöst hatte,
— ja, um Limmels willen, dann wären die Tornister ja noch
teurer geworden! Gedanensis
Egoistisch
— „Wie, Lerr Wamperl, Sie machen Propaganda sür
einen Temperenzlerbund?"
— „Ia sreili, daß uns 's Bier länger g'langl."
Abschied
— „Du bleibst mir also Ireu, mein Lerz, und wenn der
Weltkrieg zehn Jahre dauern sollte!"
— „Ia, Lerzliebster, tu nur dein möglichstes, ihn abzukürzen!"
Ein Vergleich
— „Sieh' nur, dort kommt die Steuerrätin mit ihren fünf
Rangen anl"
— „Die kommt mir wie so 'n Schlachtschiff vor!"
— „Wieso?"
— „Nun, weil sie auch von Zerstörern umgeben ist!"
Ein Pechvogel
— „Da hab ich mich nun als Freiwilliger gemeldet, um
endlich 'mal vor meinen Gläubigern Ruhe zu bekommen,
und jetzt ist der Feldwebel mein Schneider und der Grup-
penführer mein Schuster!"
Mißverstanden
— „Mein Mann hat aus dem Schützengraben einen Aus-
bläser mitgebracht."
- „Na, da sagen Sie ihm abcr nur, der soll bloß am
Tage blasen; nachts wollen wir unsre Ruhe haben."
Kriegschronik der Meggendorfer-Blätter, München
Die Toruister
Lerr Ameier, der eine trefflich eingerichtete Fabrik für
Lederwaren besitzt, hatte Tornister fabriziert. Ganze zehn°
taufend Stück prächtiger, folider Tornister. Als er sie alle
beifammen liegen sah, kratzte er sich den Kopf. „Was fange
ich jeht mit den Dingern an?" überlegte er. „Wenn ich
nur eine Ahnung hätte, wer mir die Tornister abkaufen
soll. Ich weiß wahrhaftig nichtz wer augenblicklich Tornister
gebrauchen kann. Es wird mir wirklich nichts anderes übrig
bleiben, als eine Anzeige in die Zeitung zu setzen: Zehn-
tausend Tornister zu verkaufen bei Ameier."
Auf diese Anzeige meldete sich Lerr Bemeier. Er kaufte
die Tornister, das Stück zu zwanzig Mark. Denn das war
der Preis, den Lerr Ameier festgesetzt hatte, und es war
ein folider und ehrlicher Preis. Nun hatte Lerr Bemeier
die zehntausend Tornister. Er kratzte sich den Kopf und
dachte nach: „Was mache ich mit meinen Tornistern? Sie
werden gar nicht fo leicht los zu werden sein. Denn wer
hat für folch eine Menge Tornister Verwendung. Das beste
wird fein, ich setze eine Anzeige in die Zeitung: Zehntausend
Tornister zu verkaufen bei Bemeier."
Auf diese Anzeige meldete sich Lerr Cemeier. Er kaufte
die Tornister, das Stück zu dreißig Mark. Denn das war
der Preis, den Äerr Bemeier festgeseht hatte; der wollte
doch etwas daran verdienen. Nun hatte Lerr Cemeier die
zehntausend Tornister. Er kratzte sich den Kopf und sprach
zu sich: „Wenn ich die Tornister nur wieder losgeschlagen
hälte! Zum Teufel, das wird vielleicht gar nicht so leicht
fein. Wer, in aller Welt, könnte die Tornister gebrauchen.
Das ist mir ganz und gar unbekannt; ich sehe keinen an-
dern Weg, als daß ich eine Anzeige in die Zeitung setze:
Zehntausend Tornister zu verkaufen bei Cemeier."
Auf diese Anzeige meldete sich Lerr Demeier. Er
kaufte die Tornister, das Stück zu neununddreißig Mark.
Denn das war der Preis, den Äerr Cemeier festgeseht
hatte; der wollte doch etwas daran verdienen. Nun hatte
Lerr Demeier die Tornister. Er krahte sich den Kopf und
und grübelte: „Wie finde ich jemand, der meine Tornister
gebrauchen kann? Äalt, — ich glaube, es ist jetzt Krieg.
Viellncht irre ich mich auch nicht, wenn ich meine, daß im
Kriege viele Tornister nötig sind. And am Ende gehe ich
nicht fehl, wenn ich annehme, daß die Soldaten die Tornister,
mit denen sie in den Krieg ziehn, von der Militärbehörde
bekommem An diese werde ich mich einmal wenden." —
Das tat Lerr Demeier, und er verkauste die Tornister an
die Äeeresverwaltung, das Stück zu achtundvierzig Mark;
denn er mußte doch auch etwas daran verdienen.
Llnd wenn wir nun überlegen, wer von den vier Lerren
der Klügste war, dann ist es wohl klar, daß nur der Äerr
Demeier in Frage kommen kann. Wahrhaftig, er ist gar
nicht genug zu preisen für seinen klugen Gedanken; eine
öffentliche Belobigung follte ihm dafür zuteil werden. Denn
wenn der Lerr Demeier nicht so gescheit gewesen wäre und
die ungeheuer schwierige Frage, wer heutzutage Tornister
gebrauchen kann, aus eigener Verstandeskraft gelöst hatte,
— ja, um Limmels willen, dann wären die Tornister ja noch
teurer geworden! Gedanensis
Egoistisch
— „Wie, Lerr Wamperl, Sie machen Propaganda sür
einen Temperenzlerbund?"
— „Ia sreili, daß uns 's Bier länger g'langl."
Abschied
— „Du bleibst mir also Ireu, mein Lerz, und wenn der
Weltkrieg zehn Jahre dauern sollte!"
— „Ia, Lerzliebster, tu nur dein möglichstes, ihn abzukürzen!"
Ein Vergleich
— „Sieh' nur, dort kommt die Steuerrätin mit ihren fünf
Rangen anl"
— „Die kommt mir wie so 'n Schlachtschiff vor!"
— „Wieso?"
— „Nun, weil sie auch von Zerstörern umgeben ist!"
Ein Pechvogel
— „Da hab ich mich nun als Freiwilliger gemeldet, um
endlich 'mal vor meinen Gläubigern Ruhe zu bekommen,
und jetzt ist der Feldwebel mein Schneider und der Grup-
penführer mein Schuster!"
Mißverstanden
— „Mein Mann hat aus dem Schützengraben einen Aus-
bläser mitgebracht."
- „Na, da sagen Sie ihm abcr nur, der soll bloß am
Tage blasen; nachts wollen wir unsre Ruhe haben."