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Kriegschronik der Meggendorfer-Blätter, München

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Die gesunde Front

Die Londoner „Evening
News" haben folgendeNachricht
aus Windsor gebracht: Acht
Mitglieder des Chors der Äoly
Trinity Church sind an die Front
gegangen und noch wohlbehalten.
Seit sie fortgingen, sind drei
junge Chormitglieder, die zu
Äause geblieben waren, gestor-
ben. —

Viele Engländer, die sonst
mit Begeisterung zur Front ge-
gangen wären, haben dies nur
unterlassen, weil sie fürchteten,
ihre Gesundheit möchte Schaden
erleiden. Wie ungerechtfertigt
solche Sorge ist, beweist jetzt die
Nachricht der „Evening News",
die übrigens nur ein Beispiel
von vielen darstellt, daß die
Front in Frankreich ein weit
bekömmlicherer Aufenthaltsort
ist als jeder, und selbst der ge-
sündeste Punkt Englands und
seiner Kolonien. Windsor ist
eine kleine Stadt und kann also
nicht mit grö ßeren Zahlen dienen.
Aus London aber sind auch Leute
zur Front gegangen, und wenn
auch manche von ihnen inzwischen
gestorben sind, — von den an-
dern, die sich nicht aus London
hinausgetraut haben, sind in der
gleichen Zeit viel, viel mehr da-
hingerafft worden.

Aebrigens haben sich bereits
einige Engländer von den „Eve-
ning News" überzeugen lassen.
Sie waren Patienten des Dok-
tor Wobsly, der in Cricklewood

Wohk möglich — „Da ist auch das kleine

Zakobl. Der kennt seinen Vater noch
gar nicht, weil er erst unterwegs war,
wie der Krieg losgangen ist."

— „Der hat derweil den Vater ersetzt.
's ganze Äaus kommandiert er schon."

Lin Raucherfeind

Ein Kulturvolk sinö wir schwerlich,
Sprach Pcofessor Molenaar
In Bayreuth. Jch sag' es ehrlich:
Deutsche, öer Kultur ganz bar
Seiö ihr, -a ihr ganz abscheulich
Noch genießt -en Tabakrauch.
Beim Inöianer ist's verzeihlich,
Fröhnt er solchem eklen Brauch:
LLnKulturmensch läßt öas bleiben.
Graöe jetzt im Kriege zeigt
Sich öas wiöerliche Treiben,
Das fast bis zum Wahnsinn steigt.

Himmel, welche Zornesstimme!
AergerL sie öen Raucher sehr?
Fällt er nun in wilöem Grimme
Ueber öen Professor her?
Nein, er blä si nur ganz gemütlich
In öie Tuft öen blauen Dualm;
Tabak macht öen Nenschen frieölich
Gegen allen Reöesalm,

Unö er meint: mag öer Professor
Wütenö schimpfen, wie er will,
Schmeckt mir nuc öer Tabak besser,
Uab beim Rauchen öenk' ich still:
Rauch ist alles irö'sche Wesen.
2Vie öer Bauch auf immeröar
Schwinöen alle Gröengrößen,
Selbst Pcofessor Nolenaar.

— on.

Mißverständnis

Bauer (in der Zeitung lesend): „D'
Franzosen hab'n wieder Sappen
vor trieb'n; dös muaß a neuer
Volksftamm sei'."

ein Sanatorium unterhält. Trotz-

dem der Doktor es streng untersagt hat, irgend eine Zeitung
in sein Sanatorium hineinzulaffen, weil er Zeitungen für
äußerst gesundheitsschädlich hält, geriet zufällig gerade jene
Nummer der „Evening News" mit der bedeutungsvollen
Notiz in die Äände mehrerer Patienten, die beinahe die
Äoffnung auf Leilung ausgegeben hatten. Ietzt sahen sie
ein, daß kein Sanatorium ihnen so viel nützen könnte, wie
ein Schützengraben an der Front, und sofort ließen sie sich
nach dem nächsten Rekrutierungsamt fahren. Der erste litt
an Gelenkrheumatismus, der zweite an einem Magenge-
schwür, der dritte an Gallensteinen, der vierte an Lerz-
verfettung, der fünfte an Lungenemphysem, der sechste an
Arterienverkalkung und der siebente an vorgeschrittener
Paralyse.

Die Äerren sind jetzt sehr glücklich in dem Bewußt-
sein, daß sie ihre Gesundheit bald wieder erlangen werden.
Man hat sie nämlich alle sieben sofort genommen

P:ro

Aus der Schule

In der Schule ist Anschauungsunterricht. Der Gegen-
stand desselben ist natürlich der Krieg und was mit ihm
in Erscheinung tritt.

Auch Karlchen meldet sich. Er hat einen Soldaten
gesehen, der verwundet ist. Er ging an zwei Stöcken.
Gut.

Sein linkes Bein war lahm.

Freilich. Weil er auf dem Schlachtfeld verwundet
worden ist. And was hatte er denn im Knopfloch, Karlchen?
Im Knopfloch? Zwei Zigarren! C. A. Lg.

— „Aus unserm Bezirk sind fast sämtliche Rechtsanwälte
im Felde."

„Da kann der Krieg noch schön lange dauern!'
 
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