Zeitschrift für Humor und Kunft 123
Das Fischbesteck Von Leinz Welten
Weil unsere Tochter Irene ein
Iahr alt geworden war, gaben wir
uns die Ehre, Lerrn und Frau I und
Fräulein Tochter usw.
Es war die erste größere Gesell-
schaft, die wir veranstalteten, obgleich
wirschon zwei Iahre verheiratet waren.
Aber meine Frau meinte, länger ließe
es sich jetzt nicht ausschieben und alle
ihre Verwandten sprächen bereits über
mich. And sie habe doch einen gebil-
deten Menschen geheiratet, der gesell-
schaftliche Pflichten anerkenne. Und
überhaupt. . . Wenn meine Frau
„und überhaupt" sagt, dann gibt es
keine Einwendungen mehr; darum
schickte ich mich in das Anvermeidliche
und traf meine Anstalten, besorgte
Zigarren, Wein und alles übrige, das
in solchen Fällen zu den Obliegen-
heiten des Lxnrsherrn gehört. Dann
wurde das Wartezimmer ausgeräumt
und zur Garderobe eingerichtet und
mein Sprechzimmer in einen Speise-
saal verwandelt.
Als alles fertig war, schauten wir
befriedigt auf unser Werk, das uns
selbst imponierte. Die Tafel blitzte
und funkelte von Gold, Silber und
Kristall. Denn wir hatten all unsere
Äochzeitsgeschenke zu ihrem Schmuck
verwandt. Leider hatten sehr viele der
Verwandten, die vor zwei Iahren un-
sere Lochzeitsgäste gewesen waren,
geglaubt,daß unserem jungen Eheglücke
nichts notwendiger wäre, als ein Fisch-
besteck. Von allen Seiten waren wir
mit solchen Beftecken beschenkt worden,
mit stlbernen und silber-vergoldeten,
mit einfachen, schmucklosen und mit
reich verzierten. Fischbestecke in allen
Formen und Größen waren uns zu
Teil geworden und als wir, nach der
Lochzeit, einige von ihnen hatten um-
tauschen wollen und uns bei den Ge-
bern nach den Kaufadreffen erkundigten, hatten wir immer
den Bescheid erhalten, daß ein Freund von auswärts das
Ge^chenk besorgt habe und daß es daher nicht umgetauscht
werden könne und daß man doch so etwas überhaupt nicht
umtausche, da man es immer einmal gebrauchen könne. Meine
Frau meinte damals freilich, daß der „Freund von aus-
wärts" wohl der eigene Silberschrank gewesen wäre, dem
jeder von unseren Verwandten das entnommen habe, was
er selbst am leichtesten entbehren konnte. And darum hatten
wir uns beide nicht wenig über diese unpraktischen Instru-
mente geärgert.
Äeute Abend aber erfüllten sie ihren Zweck vollständig;
denn ste verliehen der Tafel einen Glanz, der nicht über-
boten werden konnte. Fischbestecke lagen bei den Kompot-
schalen, beim Ost und beim Käse, Fischbestecke zierten die
Bratenschüffeln. Auch in die Suppenterrine hatte ich ein
Besteck legen wollen; aber meine Frau nahm es wieder her-
aus, denn sie meinte, daß es da nicht hineingehöre.
Der „verkehrte^ Othello
Schauspieler „Dir hat ja gestern der
Direktor die Othello-Rolle anvertraut, wie
fiel die Vorstellung aus?"
— „O, die Vorstellung ist verkehrt aus-
gefallen, das Publikum wurde rasend!"
Ansere Gäste waren von dem Glanze, der sich ihnen bot,
fast geblendet. Daß wir in unserer jungen Ehe schon einen
solchen Luxus entfalten konnten, hatten sie nicht erwartet.
Vornehmlich wirkte der Prunk auf Onkel Emil, der plötz-
lich einen gewaltigen Respekt vor mir bekam. Onkel Emil
ist der Stolz der Familie; aber ich kann ihn nicht leiden.
Er ist ein Börsenmakler, ein schwerreicher Witwer, dem
alle Verwandten den Äof machen, da er immer sehr noble
Geschenke bei allen Gelegenheiten gibt. Aber er macht
auch immer dieselben Witze und erzählt allen Leuten, daß
er deshalb so gern zu uns käme, weil es bei uns so schön
ruhig wäre. Denn wenn er von der Börse käme, dann
hätte er von dem Lärm, den die vielen Menschen dort machen,
immer Kopfschmerzen; und dann setze er sich am liebsten
eine halbe Stunde zum Ausruhen in mein Wartezimmer.
Denn das wäre der ruhigste Ort, den er kenne und da er-
hole er sich immer am besten. Ich mag solche Scherze nicht
Iinl', ^nnnrn kiinii i^ ^>t>n ^>n^el nii'üt leiden und kreute mich.
Das Fischbesteck Von Leinz Welten
Weil unsere Tochter Irene ein
Iahr alt geworden war, gaben wir
uns die Ehre, Lerrn und Frau I und
Fräulein Tochter usw.
Es war die erste größere Gesell-
schaft, die wir veranstalteten, obgleich
wirschon zwei Iahre verheiratet waren.
Aber meine Frau meinte, länger ließe
es sich jetzt nicht ausschieben und alle
ihre Verwandten sprächen bereits über
mich. And sie habe doch einen gebil-
deten Menschen geheiratet, der gesell-
schaftliche Pflichten anerkenne. Und
überhaupt. . . Wenn meine Frau
„und überhaupt" sagt, dann gibt es
keine Einwendungen mehr; darum
schickte ich mich in das Anvermeidliche
und traf meine Anstalten, besorgte
Zigarren, Wein und alles übrige, das
in solchen Fällen zu den Obliegen-
heiten des Lxnrsherrn gehört. Dann
wurde das Wartezimmer ausgeräumt
und zur Garderobe eingerichtet und
mein Sprechzimmer in einen Speise-
saal verwandelt.
Als alles fertig war, schauten wir
befriedigt auf unser Werk, das uns
selbst imponierte. Die Tafel blitzte
und funkelte von Gold, Silber und
Kristall. Denn wir hatten all unsere
Äochzeitsgeschenke zu ihrem Schmuck
verwandt. Leider hatten sehr viele der
Verwandten, die vor zwei Iahren un-
sere Lochzeitsgäste gewesen waren,
geglaubt,daß unserem jungen Eheglücke
nichts notwendiger wäre, als ein Fisch-
besteck. Von allen Seiten waren wir
mit solchen Beftecken beschenkt worden,
mit stlbernen und silber-vergoldeten,
mit einfachen, schmucklosen und mit
reich verzierten. Fischbestecke in allen
Formen und Größen waren uns zu
Teil geworden und als wir, nach der
Lochzeit, einige von ihnen hatten um-
tauschen wollen und uns bei den Ge-
bern nach den Kaufadreffen erkundigten, hatten wir immer
den Bescheid erhalten, daß ein Freund von auswärts das
Ge^chenk besorgt habe und daß es daher nicht umgetauscht
werden könne und daß man doch so etwas überhaupt nicht
umtausche, da man es immer einmal gebrauchen könne. Meine
Frau meinte damals freilich, daß der „Freund von aus-
wärts" wohl der eigene Silberschrank gewesen wäre, dem
jeder von unseren Verwandten das entnommen habe, was
er selbst am leichtesten entbehren konnte. And darum hatten
wir uns beide nicht wenig über diese unpraktischen Instru-
mente geärgert.
Äeute Abend aber erfüllten sie ihren Zweck vollständig;
denn ste verliehen der Tafel einen Glanz, der nicht über-
boten werden konnte. Fischbestecke lagen bei den Kompot-
schalen, beim Ost und beim Käse, Fischbestecke zierten die
Bratenschüffeln. Auch in die Suppenterrine hatte ich ein
Besteck legen wollen; aber meine Frau nahm es wieder her-
aus, denn sie meinte, daß es da nicht hineingehöre.
Der „verkehrte^ Othello
Schauspieler „Dir hat ja gestern der
Direktor die Othello-Rolle anvertraut, wie
fiel die Vorstellung aus?"
— „O, die Vorstellung ist verkehrt aus-
gefallen, das Publikum wurde rasend!"
Ansere Gäste waren von dem Glanze, der sich ihnen bot,
fast geblendet. Daß wir in unserer jungen Ehe schon einen
solchen Luxus entfalten konnten, hatten sie nicht erwartet.
Vornehmlich wirkte der Prunk auf Onkel Emil, der plötz-
lich einen gewaltigen Respekt vor mir bekam. Onkel Emil
ist der Stolz der Familie; aber ich kann ihn nicht leiden.
Er ist ein Börsenmakler, ein schwerreicher Witwer, dem
alle Verwandten den Äof machen, da er immer sehr noble
Geschenke bei allen Gelegenheiten gibt. Aber er macht
auch immer dieselben Witze und erzählt allen Leuten, daß
er deshalb so gern zu uns käme, weil es bei uns so schön
ruhig wäre. Denn wenn er von der Börse käme, dann
hätte er von dem Lärm, den die vielen Menschen dort machen,
immer Kopfschmerzen; und dann setze er sich am liebsten
eine halbe Stunde zum Ausruhen in mein Wartezimmer.
Denn das wäre der ruhigste Ort, den er kenne und da er-
hole er sich immer am besten. Ich mag solche Scherze nicht
Iinl', ^nnnrn kiinii i^ ^>t>n ^>n^el nii'üt leiden und kreute mich.