158
Meggendorfer-Blätter, München
Nr. 1289
Dte Eichel
Geschwindigkeit eines Blitzes, aber es kam der Gräfin vor,
als hätte er ein Iahrhundert gedauert, so viele Gedanken
hatte Monte Christo in diesen einzigen Blick gelegt."
Ans kam es vor, als hätte Otto die Eichel schon seit
einem Zahrhundert im Munde. „Wenn ich ihm nur etwas
anderes geben könnte," klagte meine Frau; „aber ich habe
nicht einmal ein Stückchen Schokolade bei mir."
Äalt! Da war eine Möglichkeit. Ich lief nach der
Küche. „Laben Sie Kuchen da?"
Ja, es war welcher da. „Englischer Kuchen," behaup-
tete die Kellnerin. Zu anderer Zeit hätte ich ihr ausein-
andergesetzt, daß es schon seit langem nicht mehr pafsend
wäre, englischen Kuchen verkaufen zu wollen, aber jetzt hätte
mich das zu sehr aufgehalten. Sie brachte den Kuchen.
Es war jener, den die Engländer Poundeake nennen, weil
seine Bestandteile pfundweise gemischt werden, — ein Pfund
Mehl, ein Pfund Butter, ein Pfund Nosinen, e'n Pfund
Salz, — doch nein, das stimmt wohl nicht, Salz kommt
wahrscheinlich weniger hinein. Diesen Kuchen dürfen Per-
sonen mit schwacher Verdauung nur dann genießen, wenn sie
schon eine Fahrkarte nach Karlebad in der Tasche haben.
Ich ließ mir ein Stück abschneiden, ein großes Stück,
eilte zurück und händigte es meiner Frau ein. Otto kam
ausmerksam näher. Smne Mutter war gerade bei jener
packenden Stelle angelangt, da Monte Christo mit bedeut-
samer Allüre es verschmäht, im Lause seiner einstigen Mer-
eedes eine Ersrischung anzunehmen. „Nehmen Sie diesen
Pfirsich," sagte die Gräfin.
„Komm Bubi," sagte meine Frau, „da hast du etwas
Besseres." Otto nahm den ihm dargereichten Brocken; die
Eichel spuckte er in die linke Land, aber sofort schlossen
sich seine Finger sest darum, als meine Frau sie ihm fort-
nehmen wollte. Den Kuchen kaute er hinunter und schaute
dann verlangend nach mehr aus. Da schlug meine Frau ihm
ein Tauschgeschäft vor: die Eichel gegen einen zweiten Brok-
ken Kuchen, einen sehr großen Brocken. Aber darauf wollte
er sich nicht einlassen. Er schüttelte den Kopf und führte
die Eichel wieder zum Munde. So mußte er den Kuchen-
brocken ohne die Gegengabe bekommen und ebenso einen
dritten, vierten und fünften. Das war der letzte, und da-
nach brachte er die Eichel sofort wieder sicher in der Mund-
höhle unter. Ich stürzte noch einmal nach der Küche und
holte ein zweites Stück Kuchen. Otto holte die Eichel be-
reitwillig wieder heraus, aber fortnehmen ließ er sie sich
nicht, und jedesmal, wenn es ihm zu lange dauerte, bis er
einen Brocken Kuchen erhielt, hob er sie drohend an den
Mund.
Das gefiel mir gar nicht. „Der Bengel wird sicher
einmal ein Erpreffer. Vielleicht sollte man sich gar nicht
die Mühe geben, sein Leben zu retten."
„Nede keinen Ansinn," meinte meine Frau, „hole lieber
noch ein Stück Kuchen."
Das tat ich, und da auf dem zweiten Platz noch eine
Menge Leute saßen, von denen der oder jener vielleicht
Appetit bekommen mochte, sicherte ich mir bei der Kellnerin
gegen ein ansehnliches Trinkgeld das Vorkaufsrecht auf den
noch vorhandenen Kuchen. Ich brauchte aber dann nur noch
drei Stücke; im ganzen waren es also fünf gewesen. Nach
dem fünften hatte Otto keine Lust mehr, die Eichel in den
Mund zu stecken. Er war wohl bis oben gefüllt; vielleicht
reichte etwas Kuchen sogar bis in die Mundhöhle, so daß
die Eichel überhaupt keinen Platz mehr gehabt hätte. Er
schmiß sie einfach hin, und ste rollte den Boden entlang
und fiel in's Wasser.
Dann kamen wir in Starnberg an und verloren Otto,
der uns undankbar keines Blickes mehr gewürdigt hatte,
und seine Eltern aus den Augen. Als aber der Zug in
Mühlthal hielt, und seine klappernden Näder eine Weile
Nuhe gaben, hörten wir es aus dem Nebenabteil tönen:
Ah, sprach der Staatsanwalt, der Limmel erklärt sich gegen
unser L>aus. Welch ein furchtbarer Tod! — Da saßen sie also.
Kurz vor Pasing entstand nebenan eine beträchtliche
Unruhe, und als dann der Zug dort hielt, hörten wir jemand
sagen: „Aber so halten Sie doch dem Kleinen den Kopf,
dann geht es ja viel leichter." Dann folgten Geräusche,
die man eher auf einem Schiff als in einem Eisenbahnzug
zu vernehmen gewöhnt ist.
Auf dem Bahnhof in München holte der Zugführer
den Stationsvorstand als Beistand in einer dringenden
Angelegenheit herbei. Da wären nämlich Lerrschaften, die
hätten-And jetzt wollten sie nicht den vorschrifts-
Zelbst
verscdmutLtes Wasser
vvirä äuroti
Our8t
Kerlleflilll-siltkr
guält
Zeniekbar, kristallldar
unäbakterienfreiZemuLtit.
un8ere
Oii-ebter Ver^uuä in8 ?elä!
8olclaten?
XvLtSsl §6l-lfl§.
l^N6i8>I8t6 UM80l18t!
kki'IitzM-l'Mtzi' Kk8..
Lelle t2I (tiuun.).
U-Ms1l5
Vokimdin
IsdlettLn
Macon
20 50 lOOIab^
^.4 - 9 - 1ü.-
IVIUnedkn: Lonnsn- unä Lt.
^.nnL-^potksks, k>iüi'nd6l'g: Nodrvn-^po-
ttisks; öLnlin: Lsilvvus-^potdsks, i'ots
äLinviplntL u. Vietoria-^potd., li'risäriok-
strasss 19- 6srn: ^potk. Or. ilallsi-:
Lrsslau: ^LsedmLrkt-^.potd.; 6a8SSl:
I^övvsn-^potd.; 6ülN: ^.potd. 2nm xolä.
l^opk- nnä üirsed-^potd.; llpssäsn /l.:
döwsn-^potdsks; vüssoläoi'i: üirsed-
^potd.; franktui't a. lVl.: kossn- u. LnZsI-
^potd.; NallS: l^öwsn-^potd.; NamdUI'g:
Intsrnatjonals ^potd. unä ^potd. 6. ^
lllvx; Uannvvsi': ttilsek-^potdsks; Klol:
8edws.n-^potd.; Königsdspg i. ?5. . Kant-
^potd.; t_sip2ig: LnZtzl-^potk.; IVIagäS-
burg: Vietoria-^potd.; IVIainr: i^ö^vsn-
^potdsk«; lVlanndsim: imwsn-^potdoks;
ätettln: ^potdsds 2UM Orvif; Ztrsss-
burg: üirsed-^potd.; Ztuttgsnt: üirsok-
unä ^edwansn-^potdsks; 2Unlod: Vio-
toria-^potdsks, vrrrnia-H.potdoks; 6uäa-
psst Vl: lurul-^potksks, Sronäy M 52;
?rag: ^äam's ^.potdsks; Wisn IX: ^po-
tdsds 2ur ^.ustria, VVüdrjnLsrstrasss 18-
I>r. ?rit2 Koed, .Hünedsu XIX/1S7.
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Meggendorfer-Blätter, München
Nr. 1289
Dte Eichel
Geschwindigkeit eines Blitzes, aber es kam der Gräfin vor,
als hätte er ein Iahrhundert gedauert, so viele Gedanken
hatte Monte Christo in diesen einzigen Blick gelegt."
Ans kam es vor, als hätte Otto die Eichel schon seit
einem Zahrhundert im Munde. „Wenn ich ihm nur etwas
anderes geben könnte," klagte meine Frau; „aber ich habe
nicht einmal ein Stückchen Schokolade bei mir."
Äalt! Da war eine Möglichkeit. Ich lief nach der
Küche. „Laben Sie Kuchen da?"
Ja, es war welcher da. „Englischer Kuchen," behaup-
tete die Kellnerin. Zu anderer Zeit hätte ich ihr ausein-
andergesetzt, daß es schon seit langem nicht mehr pafsend
wäre, englischen Kuchen verkaufen zu wollen, aber jetzt hätte
mich das zu sehr aufgehalten. Sie brachte den Kuchen.
Es war jener, den die Engländer Poundeake nennen, weil
seine Bestandteile pfundweise gemischt werden, — ein Pfund
Mehl, ein Pfund Butter, ein Pfund Nosinen, e'n Pfund
Salz, — doch nein, das stimmt wohl nicht, Salz kommt
wahrscheinlich weniger hinein. Diesen Kuchen dürfen Per-
sonen mit schwacher Verdauung nur dann genießen, wenn sie
schon eine Fahrkarte nach Karlebad in der Tasche haben.
Ich ließ mir ein Stück abschneiden, ein großes Stück,
eilte zurück und händigte es meiner Frau ein. Otto kam
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„Komm Bubi," sagte meine Frau, „da hast du etwas
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reitwillig wieder heraus, aber fortnehmen ließ er sie sich
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„Nede keinen Ansinn," meinte meine Frau, „hole lieber
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