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Meggendorfer-Blätter, München

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Im Plahregen

GaLtin: „Setz' den Lut auf, Karl, daß
die Tropfen nichL fo auf deinen kahlen
Kopf aufschlagen — das spritzL so!"

Von C. A. Lennig

Der Fingerabdruck

Frau BeaLe Äolzapfel war eine Dame von fünfundfünfzig
Iahren, WiLwe eines Bierbrauers, fchwer reich, wie es im Volks-
munde heißL und unsere TanLe. Diese vier Eigenschaften ficherLen
ihr eine weiLgehende und inLensive BeachLung; in erster Linie war
es naLürlich ihr irdischer Besitz, der wie ein blendendes LichL aller-
hand MotLen anzog. GLänzende und häßliche, nachtgraue FalLer.

And TanLe BeaLe machte aus ihrem Lerzen keine Mördergrube.
GelehrLe umschwärmten sie und gingen auf ihre Kosten nach ALhen;
Künstler schmierten ihr ihren KiLsch an; Dichter besangen sie bei Tee
und Schinkensemmeln, Erfinder hingen ihr epochemachende Projekte
auf, junge Komponisten setzten sie mit samt ihrer Wohnungseinrich-
Lung in Musik, WohlfahrLsausschüsse schätzten sie hoch, und Schmeich-
ler und Schmarotzer zweifelhafter GaLLung Lrieben ihr ebenso leichtes
wie falsches Spiel mit ihr. Gegen die Ersteren wäre nichts einzu-
wenden gewesen, und, wenn Frau BeaLe nicht unsere TanLe gewesen
wäre, auch gegen die LetzLeren nicht, aber da wir rmn einmal in diesem
verwandtschaftlichen VerhälLnis zu ihr standen, so machte uns die
KaLegorie der letztgenannten Lerren keine geringe Sorge.

Denn, damit es gleich rund heraus gesagt ist, TanLe BeaLe war
mit ihren fünfundfünfzig Iahren noch immer hervorragend heirats-
lustig. Sie haLLe mit ihrem Seligen eine ziemlich nichtssagende Ehe
geführL, und da diese kinderlos geblieben war, sehnte sie sich noch
nach einem Vestchen Glück. Das war natürlich für alle GlücksriLLer
und verwandte Berufe ein dankbares ArbeiLsgebieL, und sie ließen
es sich redlich angelegen sein, ein so williges Schäfchen zu scheeren,
um sich dann auf Nimmerwiedersehn zurückzuziehen. TanLe BeaLe
aber wurde durch diese biLLeren Erfahrungen nicht etwa klüger.

sondern LrösteLe sich miL der AnbeständigkeiL der
Männer und sprach die bestimmte ErwarLung aus,
unter so viel Falschen auch einmal den NichLigen zu
finden.

Llnd das schien LaLsächlich der Fall zu sein. Denn
als wir nach einer längeren 'Pause, VeLLer Nichard
und ich, wieder einmal auf ihrem Landhause vor-
sprachen, fanden wir dor( einen Gast, den uns die
TanLe als einen Baron von Äackelberg vorstellte.
Eine BadebekannLschafL, wie sie erläuternd hinzusetzte.
Bäder sind ja bekanntlich die geeignetsten Plätze,
um BekannLschafLen zu machen, namentlich, wenn
man sie suchL

Baron Lackelberg mochte etwa MiLLe Dreißig
sein, denn höher gingen die Ansprüche der verliebten
Tante nichL, und war im Gegensatze zu seinem sagen-
haften, ungestümen NamensveLLer ein Mann von
elegantem, weltmännischen AuftreLen und angeneh-
men, sympathischen Manieren. Daneben war er eine
Erscheinung von stattlicher, kraftvoller MännlichkeiL,
so daß es kein Wunder war, wenn er TanLe BeaLes
Äerz im SLurm gewonnen haLLe.

„Kinder," sagte diese miL hoffnungsvoller Zu-
versichL, „diesmal wird's was! Bruno ist nichL wie
die andern, das merkL man auf den ersten Eindruck.
Er haL etwas absoluL VerLrauenerweckendes, und
ein gesestigter, abgeklärter CharakLer sprichL aus ihm.
Seine AufmerksamkeiLen mir gegenüber zeugen von
echtem Gefühl, dazu ist er ein vermögender Mann^
sodaß selbstsüchtige AbsichLen bei ihm ganz aus-
geschlossen sind."

Der Fall lag schlimm für uns. Wir mußten
zugeben, daß TanLe BeaLe fürs Erste NechL hatte
und ihr miL stichhaltigen Einwänden nichL zu begegnen
war. Selbst der Vorwurf, daß bei einem AnLerschied
von zwanzig Iahren die LauLerkeiL einer LeiraLs-
absichL seinerseits doch nichL über jeden VerdachL

Prosaisch

— „Äier, MargareLe, wo wir ohne Zeugen sind,
schwöre ich dir ewige Liebe und Treue."

— „Ach, Lun Sie es lieber vor Zeugen, §>err
Flunkerle."
 
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