Zeitschrift für Humor und Kunst
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— „Du — könnt'st net amal euern Arbeitsrufsen frag'n,
ob er net unsern Sepp g'sehn hat beim Lindenburg?"
Der Zunge m!t dem Lolzbein
nichts Besonderes. „Du bist reeneweg tälsch ei'm Kuppe/
hatte die Mutter gesagt, als er ihr gestern von dieser Be-
obachtung erzählte. „Der ganze Boter — der hat sich
ooch sein eig nes Spricherl von der Welt gemacht." Aber
ste erlaubte ihm doch, nach der Schule wieder in den Gar-
ten zu gehen. „Der arme Pimmer mit sei'm Äolzbeen
soll halt ooch was haben von sei'm jungen Lädcn."
Mit großem Ernst besah der Iunge sich alles, was der
Garten bot. Am liebsten aber stand er vor dem Karussell,
dem schwebenden Kreise der Kutschen und Pferde. In
starrem Warten ruhte der Ring zumeist. Die flinken Schim-
mel hatten die Nüstern gcbläht, aufbegebrend im adeligen
Eifer der Nasse, einer erstarrten Fanfare gleichend. Die
Karvssen, üppig, golden und bunt, und doch ichmutzig vom
Staube und ausgestorben.
Der Iunge ging bedächtig den Kreis ringsum. And
wenn er in das rotgemalte Auge der hölzernen Pferde
blickte, dann fühlte er, im Anbewußten, Mitleid mit der
gebändigten, niedergehaltenen Krast. O, wenn es doch
könnte, wie es wollte. losspringen, dahinjagen.
In der Mitte des Ringes stand cin kleiner Verschlag,
neben einem Orchestrion. Dort saß des Kaiussellbesitzers
Weib, eine hudelige, schmudelige Alte, das Schlüsselbund
am Bande der vom Schmutze gescbeckten Schürze. Sie be-
obachtete den Iungen, und schließlich sprach sie ihn an:
„Nu, Iunge, was tuste denn hier an ganzcn Tag iber
haußen. Erlaubt dir's denn das deene Muttel, daß de
strolchst hier im Volksparke rum?"
Da erschrak der Iunge, denn er hatte eben über den
Kops eines Pferdes gistreichelt, und er wußte nicht, ob
dies nicbt verboten war. „De Muttel hat's mir selber
erlaubt, Frau," sagte er schüchtern. „Se ist ja den ganzen
Tag bei der Wä'che. Darf ich mer denn nich die
Schimmel ankuckcn? Ich mach ja nichts kaputt," meinte
er ängstlich.
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— „Du — könnt'st net amal euern Arbeitsrufsen frag'n,
ob er net unsern Sepp g'sehn hat beim Lindenburg?"
Der Zunge m!t dem Lolzbein
nichts Besonderes. „Du bist reeneweg tälsch ei'm Kuppe/
hatte die Mutter gesagt, als er ihr gestern von dieser Be-
obachtung erzählte. „Der ganze Boter — der hat sich
ooch sein eig nes Spricherl von der Welt gemacht." Aber
ste erlaubte ihm doch, nach der Schule wieder in den Gar-
ten zu gehen. „Der arme Pimmer mit sei'm Äolzbeen
soll halt ooch was haben von sei'm jungen Lädcn."
Mit großem Ernst besah der Iunge sich alles, was der
Garten bot. Am liebsten aber stand er vor dem Karussell,
dem schwebenden Kreise der Kutschen und Pferde. In
starrem Warten ruhte der Ring zumeist. Die flinken Schim-
mel hatten die Nüstern gcbläht, aufbegebrend im adeligen
Eifer der Nasse, einer erstarrten Fanfare gleichend. Die
Karvssen, üppig, golden und bunt, und doch ichmutzig vom
Staube und ausgestorben.
Der Iunge ging bedächtig den Kreis ringsum. And
wenn er in das rotgemalte Auge der hölzernen Pferde
blickte, dann fühlte er, im Anbewußten, Mitleid mit der
gebändigten, niedergehaltenen Krast. O, wenn es doch
könnte, wie es wollte. losspringen, dahinjagen.
In der Mitte des Ringes stand cin kleiner Verschlag,
neben einem Orchestrion. Dort saß des Kaiussellbesitzers
Weib, eine hudelige, schmudelige Alte, das Schlüsselbund
am Bande der vom Schmutze gescbeckten Schürze. Sie be-
obachtete den Iungen, und schließlich sprach sie ihn an:
„Nu, Iunge, was tuste denn hier an ganzcn Tag iber
haußen. Erlaubt dir's denn das deene Muttel, daß de
strolchst hier im Volksparke rum?"
Da erschrak der Iunge, denn er hatte eben über den
Kops eines Pferdes gistreichelt, und er wußte nicht, ob
dies nicbt verboten war. „De Muttel hat's mir selber
erlaubt, Frau," sagte er schüchtern. „Se ist ja den ganzen
Tag bei der Wä'che. Darf ich mer denn nich die
Schimmel ankuckcn? Ich mach ja nichts kaputt," meinte
er ängstlich.