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Zeitschrift für Humor und Kunst 57

Der Schauspielerbräutigam

„Abgemacht, mein
süßer Ferdinand!"

Fräulein Kolika lei-
tete ihre Aktion damit
ein, daß sie ihrem
ahnungslosen Vater um
den Lals siel und ihn
unzählige Male küßte.

Dann gestand sie ihm
mit schluchlender Stim-
me und etlichen bier-
ehrlichen Rülpsern, daß
sie so — so glücklich sei
und „Ihn" über alles
liebe.

Papa Nindstalker
machte stch mit einem
verzweifelten Nuck aus
der erstickenden Amarm-
ung frei und blickte sein
glückliches Töchlerchen
mit hervorquellenden
Augen an.

„Ia, Dirndl," spru-
delte es von seinen Lip-
pen, „was wäre denn
jetzt nicht dieses? Last
leicht an Rausch oder
hastwirklich an Dummen
g'funden, der wo sich
an deiner vergafft hat?"

„Vater — Barbar,"
kreischte Kolika und
richtete sich hoheitsvoll
auf, wie sie es des
öfteren im Kino gesehen
hatte.

„No, laß nur gut sein,

Dirndl," beschwichtigte
Papa Rindstalker die
zürnende Iuno, „man
wird doch srag'n der-
fen. Wann's wirklich
so is — ?" Der Zeuge — „Wird dich

„Leilig und wahr- - „Ia, weißt

haftig, Papa!"

„Na, alsdann is ja

recht. Was hat er denn für a G'schäft, der Kampel?"

„Er ist Schauspieler, Papa. Erster Tragöde an der
Königlichen Lofbühne!"

Den Konditor unterschlug sie. Der würde ja bald genug
abgestreift sein wie ein räudiges Fell.

„A Schau—spie - ler?!"

In Franz Taver Rindstalker wallte es stürmisch empor.

Es war das Metzgerblut, das stolze Zunftbewußtsein, das
ihm rebellisch zu Kopfe stieg und jäh alle ihm innewohnenden
Widerspruchsgeister entfeffelte. Aber nur für einen Moment
und gewissermaßen nur als Reflexionstätigkeit, im nächsten
Moment hatte er stch schon wieder „derfangen". Denn der
Lerr Privatier und langjährige Witwer war trotz seiner
alten Tage noch ein recht lebenslustiger Mann, und nur die
Aufmerksamkeit für seine jungfräuliche Tochter hielt ihn ab,
dem Dasein noch einige Reize abzujagen. Die Botschaft
Kolikas klang ihm daher wie Sphärenmusik in die Ohren,

der Förster auch nicht aufschreiben, Resi?'
du, Peperl, — wenn er kommt, kannst du lieber fortlaufen."

und nur noch rein äußerlich seine Autorität als Vater
wahrend, knurrte er in nachgiebiger Stimmung: „Ia, so, a
Schausvieler? Na, wanns dich glücklich macht, warum denn
net? Schauspieler freffen aa Wurscht und manche sogar
nix weiter. Leirat's in Gott's Namen z'samm'."

Damit war das feierliche Bündnis besiegelt.

Aber auch Ferdinand hielt sein beim Doppelbier ge-
gebenes Wort und schrieb einen elf Seiten langen Brief
an Seine Exzellenz, den Lerrn Intendanten, in dem er
ihn bat, eine Probe seines bescheidenen Talentes ablegen
zu dürfen.

Es gibt nun Zufälle, die ,o erstäunlich merkwürdig
sin-, daß man sie lieber verschweigen sollte, weil man für
einen Flausenmacher gehalten werden könnte; da aber hier
ein solcher Zufall von geradezu einsckmeidender Bedeutung für
die Weiterentwickelung dieser Geschichte ist, so muß er not-
wendigerweise zur Sprache gebracht werden. In demselben
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