>!r. 1309
Zeitschrift für Humor und Kunst
61
Der Schauspielerbräuügam
jauchzender Seligkeit an Kolika und teille ihr darin sein
großes Glück mit.
Im Rindstalkerschen Lause wurde nun alles füc die
bevorstehende Verlobung auf das Glänzendste hergerichtet,
neidische Freundinnen wurden in Menge geladen und auch
ein berühmtes Jitherquartett gemietet, das die Tafelmufik
zu besorgen hatte.
!lnd endlich war der große Tag oder vielmehr Abend
gekommen. Kolika saß in einer der ersten Parkettreihen
und zwar ganz allein. Denn ganz allein und ungestört
durch aufdringliche Zeugen wollte sie den ersten Triumph
ihres geliebten Ferdinand genießen.
And dann rauschte der Vorhang in die Löhe und das
Epiel begann. Aber es interessterte fle nicht. Mit Angeduld
harrte sie nur des einzigen Momentes, wo Ferdinand die
Szene betreten würde. So ging der erste Akt vorüber,
und der zweite neigte sich bereits seinem Ende zu, da begann
auf der linken Seite eine Kulisse heftig zu wackeln und eine
jammervoll anzuschauende Gestalt tappte zaghaft und stol-
pernd auf die Bühne.
„Meisterhaft," jubelte Kolika.
Die Gestalt blickte verzweifelt in die Orchesterlogen,
dann auf den Kapellmeister und schritt endlich wie ein zu
Tode verurteilter Verbrecher auf einen würdigen Lerrn
mit einer goldenen Ahrkette zu, der auf der rechten Seite
der Bühne auf einer Bank saß und die Landschaft bewunderte.
Ls war der Geheime Regierungsrat.
„Vater," stammelte Ferdinand, noch einen letzten hilf-
losen Blick auf die Galerie werfend, „Vater, Sie sind-
Vater, mein Vater — es ist verboten, Lunde mitzubringen.
es ist — Vater — das Spucken in dcn Dienstraum —"
Ferdinands Stimme erhob sich zu einem weinerlichen Krei-
schen — „Vater, mein Vater — " stieß er gellend hervor —
„Sie sind mein — mein — Papierkorb, ich erkenne Sie an
der Aehnlichkeit mit einem Fahrrad."
Das war selbst für einen schuldbewußten Regierungsrat
zu viel.
Er erhob sich, packte Ferdinand beim Kragen und ver-
abrcichte ihm ein halbes Dutzend schallendcr Ohrfeigen.
„Macht dreißig Mark," flüsterte Kolika.
Als aber dann der entrüstete Vater dcn armen Ferdinand
mit den Worten: „Du bist wirklich ein größerer Trottel,
als ich dachte," hinter die Kulissen schleuderte und das
amttsierte Publikum in ein wieherndes Gclächter »nd ein
rasendes Ländeklatschen ausbrach, so daß der Vorhang
fallen mußte, da dämmerte auch Kolika die grauenvolle
Wahrheit und mit einem schmerzlichen Aufstöhnen fiel sie
in eine wohltätige Ohnmacht.
Das also war das Ende cines hcrrlichen Traumes von
Glück und Ruhm!
Als die enttäuschte Braut und Kunstenthusiastin wieder
zu sich kam, fand sie sich im Fvyer des Theaters. Neben
sich bemerkte sie einen Lerrn mit einer Limbeernase und
einer leuchtenden Glatze, der ihr einen Duft von Rauch-
tabak und Kümmel in die Nasenlöcher blies, um sie durch
dieses Verfahren wieder rns Leben zurückzurufen.
Das war sehr freundlich von dem altcn Lerrn. Denn
er hatle, indem er sich um Kolika annahm, nicht nur einen
Teil der ihr gewordenen Blamage auf sich genommen,sondern
sich sogar für ihren Onkel erklärt um seine Fürsorge um
die Arme zu rechtfertigen.
LIIeiniKS InserstensirQLbmo: lluäoll k/Iosse, ^nnnunen-blxpectiriolr.
Zeitschrift für Humor und Kunst
61
Der Schauspielerbräuügam
jauchzender Seligkeit an Kolika und teille ihr darin sein
großes Glück mit.
Im Rindstalkerschen Lause wurde nun alles füc die
bevorstehende Verlobung auf das Glänzendste hergerichtet,
neidische Freundinnen wurden in Menge geladen und auch
ein berühmtes Jitherquartett gemietet, das die Tafelmufik
zu besorgen hatte.
!lnd endlich war der große Tag oder vielmehr Abend
gekommen. Kolika saß in einer der ersten Parkettreihen
und zwar ganz allein. Denn ganz allein und ungestört
durch aufdringliche Zeugen wollte sie den ersten Triumph
ihres geliebten Ferdinand genießen.
And dann rauschte der Vorhang in die Löhe und das
Epiel begann. Aber es interessterte fle nicht. Mit Angeduld
harrte sie nur des einzigen Momentes, wo Ferdinand die
Szene betreten würde. So ging der erste Akt vorüber,
und der zweite neigte sich bereits seinem Ende zu, da begann
auf der linken Seite eine Kulisse heftig zu wackeln und eine
jammervoll anzuschauende Gestalt tappte zaghaft und stol-
pernd auf die Bühne.
„Meisterhaft," jubelte Kolika.
Die Gestalt blickte verzweifelt in die Orchesterlogen,
dann auf den Kapellmeister und schritt endlich wie ein zu
Tode verurteilter Verbrecher auf einen würdigen Lerrn
mit einer goldenen Ahrkette zu, der auf der rechten Seite
der Bühne auf einer Bank saß und die Landschaft bewunderte.
Ls war der Geheime Regierungsrat.
„Vater," stammelte Ferdinand, noch einen letzten hilf-
losen Blick auf die Galerie werfend, „Vater, Sie sind-
Vater, mein Vater — es ist verboten, Lunde mitzubringen.
es ist — Vater — das Spucken in dcn Dienstraum —"
Ferdinands Stimme erhob sich zu einem weinerlichen Krei-
schen — „Vater, mein Vater — " stieß er gellend hervor —
„Sie sind mein — mein — Papierkorb, ich erkenne Sie an
der Aehnlichkeit mit einem Fahrrad."
Das war selbst für einen schuldbewußten Regierungsrat
zu viel.
Er erhob sich, packte Ferdinand beim Kragen und ver-
abrcichte ihm ein halbes Dutzend schallendcr Ohrfeigen.
„Macht dreißig Mark," flüsterte Kolika.
Als aber dann der entrüstete Vater dcn armen Ferdinand
mit den Worten: „Du bist wirklich ein größerer Trottel,
als ich dachte," hinter die Kulissen schleuderte und das
amttsierte Publikum in ein wieherndes Gclächter »nd ein
rasendes Ländeklatschen ausbrach, so daß der Vorhang
fallen mußte, da dämmerte auch Kolika die grauenvolle
Wahrheit und mit einem schmerzlichen Aufstöhnen fiel sie
in eine wohltätige Ohnmacht.
Das also war das Ende cines hcrrlichen Traumes von
Glück und Ruhm!
Als die enttäuschte Braut und Kunstenthusiastin wieder
zu sich kam, fand sie sich im Fvyer des Theaters. Neben
sich bemerkte sie einen Lerrn mit einer Limbeernase und
einer leuchtenden Glatze, der ihr einen Duft von Rauch-
tabak und Kümmel in die Nasenlöcher blies, um sie durch
dieses Verfahren wieder rns Leben zurückzurufen.
Das war sehr freundlich von dem altcn Lerrn. Denn
er hatle, indem er sich um Kolika annahm, nicht nur einen
Teil der ihr gewordenen Blamage auf sich genommen,sondern
sich sogar für ihren Onkel erklärt um seine Fürsorge um
die Arme zu rechtfertigen.
LIIeiniKS InserstensirQLbmo: lluäoll k/Iosse, ^nnnunen-blxpectiriolr.