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Nr. 1310

Zeitschrift für Huinor und Kunst

77

Der Armensefsel

mehr auflackieren und frisch herrichten, trotzdem das wohl
nötig gewesen wäre. Der Nuhestuhl sah mit abgescheuertem
Leder und aufgeplatzten Nähten recht unansehnlich aus.

An einem Sonntag starb Onkel Tornseiffer. Drei Tage
später waren seine beiden Zimmer schon ganz und gar um-
grkrempelt. Lerr Albert Tornseiffer, seit einem Iahre ver-
heiratet, hatte sie zu seiner kleinen, hinter dem Laden
gelegenen Wohnung hinzugenommen. Onkels Möbel teilten
die Erben. Der Seffel, weil er gerade zu schäbig war,
blieb ein überzähliges Stück. „Na ja, der Armensessel —
weg mit dem Dreckl" sagte Lerr Albert Tornseiffer und
trug ihn hinauf auf den Boden, in eine stille Ecke. So,
da konnte er bleiben And bald senkte sich der Staub zu
immer dichterer Schicht auf den alten Sessel. Die beiden
Löwenköpfe träumten wohl still; die Mäuse auf dem Boden
hatten keinen Nespekt vor ihnen.

An der Laustiir wurde jetzt jenes Schild angebracht,
das bisher die Nücksicht auf Onkel Tornseiffer ferngehalten
hatte: Betteln und Lausieren streng verboten! — Die Ar-
men, die sich am ersten Sonnabend nach dem Tode des
alten Lerrn noch einstellten, wurden rauh von der Schwelle
gewiesen. Ietzt gab es nichts mehr; der Anfug hatte ein
Ende. „Mir schenkt auch keiner was!" erllärte Lerr Al-
bert Tornseiffer. „Der Mensch soll arbeiten!" sagte Lerr
Registrator Katschky.

Ein paar Iahre gingen dahin. Die Familien Torn-
seiffer und Kat>chky lebten vortrefflich mitsammen. Ihre

Kinder waren Spielgefährten; Frau Katschky und Frau
Tornseiffer saßen jeden Nachmittag beieinander; derKolonial-
warenhändler und der Lerr Registrator gingen jede Woche
zweimal zusammen in die Kneipe. An den Sonntagen
machte man gemeinsame Ausflüge. Es war ein schönes
Leben in holder Eintracht und süßem Frieden- Am den
alten Sessel auf dem Boden kümmerte sich niemand mehr.
Einmal kam er Lerrn Tornseiffer, der hinauf geklettert
war, um einige Seifenkisten fortzustellen, wieder vor die
Augen. Der Kolonialwarenhändler riß ein großes Stllck
Leder ab und nahm es in seinen Laden hinunter; auf das
Sauerkraut in der großen Tonne gelegt und mit einem
Stein beschwert, damit das Kraut gut gepreßt würde, fand
es dort treffliche Verwendung. Den Rest des Leders nahm
bei einer andern Gelegenheit Lerr Registrator Katschky
hinunter; er schnitt daraus kleine runde Plättchen, um
ste gcschickt zu verwenden, wenn im Lause die Wasserlei-
tungshähne rmdicht wurden. In der ihres Schutzes be-
raubten Polsterung des Sessels nistete» sich die Mäuse ein.

Da ereignete es sich, daß Lerr Tornseiffer seiner Frau
zu Weihnachten den lange von ihr gewünschten Nähtisch
schenkte. Nun ist es einmal so: ein erfüllter Wunsch zieht
neue nach stch. Kaum stand der Nähtisch an seinem Fenster-
platz, kaum hatte Frau Tornseiffer einen ihrer gewöhnlichen
Rohrstühle dazu gestellt, — da tauchte auch schon der Ge-
danke in ihr auf, daß ein Seffel eigentlich besser dorthin
paffen würde. Gegen Ende Ianuar sprach sie zum ersten
Mal diesen Gedanken, der inzwischen in ihr immer stärker

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