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Zeitschrift für Humor und Kunst 123

Klaus, die Lcbensmittel

und der Kabeljau

Ich wollt' nu wieder um-
kehren, aber da, auf einmal,
sage ich zu mich: „Klütenslick,"
sag ich, „hier ganz dicht bei, in
das Dänische, da hast du ja
Verwandtschast." Der Schiffer
zeigte mit dem Mundftück seiner
Pfeife auf seine emsig han-
tierendeFrau." Von bieGesch-
margret wohnt da 'n An-
nergeschwisterkindskusine, und
was meine Großmutter ihre
Schwester is, die ihr Swieger-
sohn hat da 'n verheirateten
Neffen wohnen."

Bei diesen Worten wur-
den Melchert Sabbelsnuts
Aeuglein hell, und erstieß einen
leisen Pfiff aus.

„Ich kann zwarsten nich
sagen, wie das da heißt, wo
du meinst, aber wie das da
aussieht, das möcht ich wohl
behaupten vor meine Augen
zu haben. Da is 'n dicke Düne, Anverfroren
die springt quer in das Watt
hinein, und hinter ihr is ein
Priel, wo, wenn einer da auf

fahren tut, man von die See aus nich gesehen werden kann."

Klaus sah den Bestmann von unten herauf ein ganz
tlein wenig erstaunt an. .

„Wie kömmst da auf?"

„Oh, man so, wegen das Leder."

Klaus paffte ein paar mächtige Wolken.

„Wegen das Leder?"

„Och, man so, man weil das Leder in Dänemark viel
billiger is und da ein mächtigen Zoll auf steht. Abersten, du
wollt'st mir ja was erzählen. Wie ging das nu weiter?"

Die Tabakswolke um Klütenslick hatte sich bis zur
Andurchsichtigkeit verdichtet, hieraus ertönte zuerst ein
Näuspern.

„Du snackst dir da einen schönen Blech zugange. Bist
all bei das zweite Liter Köm angelangt heute?"

„Nee, wie war das also nu weiter?"

„Tschä, also die Annergeschwisterkindskusine und ihr
Mann, die freuten sich denn ja nu, und bei die Gelegenheit,
da stcllt sich das raus, daß sie in' Lause allerhand Lebens-
mittel in hatten, die 'n ganz Teil billiger waren, als sie
hier in die teure Zeit kosten. Ich besinn mir denn nu na-
türlich nich lange und kauf sie das ab, worauf wir das in
einen Rappersack stecken und schleifen ihn in die Trinche.

Wie das dunkel is, da segeln wir wieder ab, und weil
das Ebbe is, kann den Verwandten sein Gaul uns längs den
Priel fast bis inner See reißen. Ein bißchen was vorsichtig
mußte man hier nu sein. Schon in Frieden sind die Zoll-
kutter höllschen abergläubisch, und nu in' Krieg wird das
erstens ganz schwer bestraft und steht Gefängnis auf, wenn
ein deutscher Fischer an die dänische Küste anlegt, und zwei-
tens ist das überhaupt auch verboten.

Na, das glückte ja denn nu, mit das rein- und raus-
kommen, und wir waren just über die Grenze und wollen
nach Laus, da geht dir doch mit einmal so ein Anwekter
los, und die See is annegange, daß du meinst, unter dir

Lausfrau: „Mir schien, als klirrte eben etwas in der Küche?"
Dienstmädchen: „Siedachtcnwohl,es wärewieder einLusar? Es
war man bloß die Bratenschüssel, die mir aus der Land gefallen ist!"

is ein Vesuv oder sons und spuckt dir nu immer so in einen
hin aus die Trinche ihr Linterteil los, daß sie sich dreht
und hopst, wie so 'n unwissend gewordener Tanzmeister.
So 'n breiten Kasten, wie die Trinche, kentern? nee, das
kann der nich, aber er kann außenein gehen, und steuern
ließ stch die alte Schüssel ja natürlich auch nich, was aber
wohl zum Teil davon kommen mochte, daß das Steuer
gleich von die erste hohe Bülge in' Dutt gehauen wurde.
Bei den Westwind konnt das ja nu wohl kaum anners
kommen, als daß unser alter Trog in die Brandung ge-
drückt und auf das Watt zerschmiffen würde wie so 'n
halb garer Brotpudding. !lnd mitdiweile war das Flut
geworden.

Wir machen uns auf das Slimmste gefaßt und über-
holen den letzten Nest Rum, den wir noch an Bord haben.
Da mit einmal kömmt von Westen her so 'n langes Ding
angeslitzt. Es war immer noch dunkel, aber sließlich konnten
wir doch sehen, daß das 'n großes Torpedoboot war.

Wie das nu möglich is, kann ich heute sürwahr noch
nich sagen, aber mit einmal liegt das Dings neben uns
und von es herüber jumpt wie sone Gummipuppe einen
blauen Menschen. Der snauzt uns nu auf englsch ganz
fünsch an. Ich hab das nich verstanden, weil ich überall
nich englsch kann, aber schön klang das nich, das kann 'ch
dir sagen. Als der Mariner den Schlepphaken, der mit
die Trosse von das Torpedoboot herübgekommen war, über
den Poller in 'n Bug von unser Schiff gerissen hatte, —
du kannst sehn, daß das 'n ganzen Slauen war, denn er
wußte gleich, wo bei die Trinche vorn und hinten is — da
kriegt er uns alle sechse die reihe nach in's Genick zu
faffen und smeist uns in die erste beste Luke rein, die er
von außen verkeilt. Ich war ganz allein in den Lade-
raum gekommen, mitten zwischen die 5^>beljaus."

Der Schiffer schwieg einen Augenblick und sah Melchert
von der Seite fast vorwurfsvoll an.
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