Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Zeitschrift für Humor und Kunst

155

Das Luartier bei der fiebenten Bitt'

„Iawohl, alter Lerr."

„Wird meine Alte mal eine Freud' haben."

Die Freude malte stch auf seinem roten, runden,
Vollmvndangesicht ... Aeberraschung — Anbehagen
— Aerger — Kismet — eine Stimmung nach der
anderen zog drüber weg. Dann breitete sich Schaden-
freude drüber aus und setzte sich in den Wmkelchen
und Fältchen fest.

Schadenfreude!

Galt sie uns?

Donnerwetler! Wiewollten wir dann dem braven
Spießer die Leber kitzeln —!

„Rechts, ihr Lerren," rief er mit lustig quäken-
der fetter Stimme. „Die Villa dort."

Wir traten durch die Gartenpforte ein. Er öffnete
die Laustüre.

„Scholastika — Scholastika —"

Alles blitzblank und gediegen; Messingstangen,
Eichentreppe, Läufer, Blumen. —

„Scholastika — Scholastika —"

Oben ging eineTüraufund einespitzeStimmerief:

„Was willsch?"

„Vier Mann Einquartierung."

„Iesses, Maria, Iosef!"

Eine lange Gestalt erschien oben an der Treppe,
dürr und eckig.

„In Kost und Wohnung," quäkte Gottlieb Freu-
denberger und schwenkte den Quartierzettel.

Wir stellten die Gewehre ab und grüßten. Die
» Kolben polterten dumpf auf die Fliesen.

Die lange Scholastika blieb stumm wie Lots
Weib in dem kritischesten Moment ihres Lebens.

Linter ihr lugte aber jetzt ein junges, freundliches Ge-
sichtchen hervor_Tochter oder Magd?

Wir sollten's bald erfahren.

„Rosa -!"

Limmel, diese Stimme! Messerscharf.

„Madame —?"

Ein Süberglöckchen —

Die lange Scholastika fuhr herum.

„Was stehst du hier und horchst? Führ die Soldaten
in den dritten Stock."

„Ia, Madame."

!1nd ein zierliches Zerlinchen hob zarte Füßchen am
Geländer der zweiten Treppe.

Wir hoben neubelebt unsere schweren, eisenbeschlagenen
Kommißstiefel. Frau Scholastika sah's und schauderte ...
der schöne Teppich!

Rosa lächelte himmlisch über das Treppengeländer zu
uns nteder.

„Rosa -!"

> „Madame —?"

Ein Anterschied wie elektrische Klingel und stlbernes
Rokokoglöckchen.

„Du gehst in die Küche; mein Mann mag den Leuten
das Zimmer zeigen."

Das zierliche Zerlinchen schlich betrübt zurück in die
Küche. Nun, dort würden wir sie wohl wieder sehen. And
Waschwafser hatten wir auch nötig . . .

„Gottlieb —!"

„Scholastika -?"

„Geh mit den Leuten hinauf."

Er stellte den Stock in den Ständer und stieg pustend
uns nach.

— „llnser Wachtmeister ist so ein begeisterter Ge-
sangvereinsdirigent, daß er sogar mit den Land-
werksburschen, die er kontrolliert, Quartett stngt."

„Laß sehen."

Sie riß ihm den Zettel aus der Land und studierte
ihn mit giftigein Blick.

In Kost und Wohnung . . .

Kaum konnten wir an ihr vorbei, so weit luden die
Ecken ihres kantigen Baues aus. Der Schlesier aber gab
ihr, da er flott, satanisch flott auf dem Treppenflur wendete,
einen solchen Schubs mit seinem Affen, daß sie wankte
und w!ch.

„O —" quäkte Gottlieb Freudenberger mit öligem
Bedauern in der feiten Stimme.

Es mochte jedvch ein Anterton von Schadenfreude mit-
schwingen; denn seine Scholastika wußte sich vor Gift fast
nicht zu faffen.

Der Schlesier aber lupste nur den Affen, der sich bei
dem Anprall verschoben, und knurrte noch dazu. Da zog
sie sich zurück und gab den Weg ftei.

„Erlauben Sie," meinte der kurze, dicke Gottlieb Freuden-
berger vorwurfsvoll.

Der Schlesier aber lachte ihn aus und sprach: „Den
Drachen wollen wir schon bändigen."

„Wenn das möglich wäre!" platzte Gottlieb mit einem
mächtigen Seufzer aus gequälter Brust hervor.

Wir standen oben auf dem Vorplatz und blickten ihn
mitleidig an.

„Dort hinein."

Wir öffneten die bezeichnete Türe und traten in einen
kahlen Raum mit einem Tisch, zwei Stühlen und vier
Strohsäcken.

Bum! Bum!

Die Tornister plumpsten auf den Boden.

„Pscht!" mahnte der Dicke. „Sie hört s!"
Image description
There is no information available here for this page.

Temporarily hide column
 
Annotationen