182 <XXX>O<>2<X><X Meggendorfer-Blätter, München <XXX>XS<XXXXXXXXXXX>
die herrliche Natur gar nicht so sehr."
— „Aber gewiß, gnä' Frau — die bringt uns ja die Sommergäste."
Der Märtyrer des Kinos
Lieber Max!
Du bist erstaunt, zu hören, datz ich ein eiqenes Laus
erworben habe, um meine Geschäftsräume dorthin zu ver-
legen, trotzdem du niemals von einer derartigen Abstcht
meinerseits gebört hattest. Tatsächlich dachte ich noch vor
einem halben Iahre nicht daran, mein Büro, das ich seit
einem halben Menschenalter innehabe, aufzugeben. Ver-
gangenen Mai aber vermietete der Lausherr die Räume
unter meinem Geschäftslokal an ein Kino-Anternehmen, und
damit begann für mich eine Zeit wakren Martyriums. Der
Befitzer drachte nämlich über der Türe sein»s „Lichtspiel-
theaters" eine breite Leinwand mit dem Titel seiner Wochen-
schiager an, und dieses Plakat betand stch dii ekt unter der
Tasel mit meiner Firma, so daß es sozusagen eine Er-
gänzung derselben bildete. Ie nach dem wechselnden Pro-
gramm des K nos konnte der Betrachter lesen:
Lans Reimann oder Lans Reimann
Zelle Nr. 13 Der Flüchtling.
Meine Freunde bemächtigten sich der Sache, und wenn
das Theater seine neuen F>lms herausbrachte, konnte ich
sicher sein, abends am Stammkisch mit lauten Zurufen
begrüßt zu werden:
„Ah, da kommt Lans
Reimann, der Sohn des
Ministers" oder „Guten
Abend Lans, Erbe des
schwarzen Schlosses"
und eine Menge mehr
oder minder guter Witze
— meist minder guter —
knüpste sich an meinen
Bemamen, den ich dann
die ganze Woche nicht
los wurde. Mit größe-
rem Interesse als der
eifrigste Besucher des
Kinos crwartete ich
durch Mvnate den Pro-
grammwechsel,derjeden
Freitag stattfand. Gab
es ein Drama, deffen
Titel flch mit einem
Namen nicht verbinden
ließ, z. B. „Liebe und
Pflicht" oder „Das gol-
dene Frauenherz," so
konnte ich auf eine
Woche der Ruhe rech-
nen, die nur die Furcht
vor dem nächsten Frei-
tag, sür mich einem
wabren Anglückstag ge-
trübt war. Aber nicht
oft hatte ich solches
Glück. Einmal verfein-
dete ich mich mit einem
alten Freunde, weil er
mich auf der Straße
einem seiner Bekannten
mit lauter Stimme als
„Lans Neimann, der
Spion vom Dukla-
Paß" vorstellte, was
einen Auflauf zur Folge
hatte. Ein anderes Mal
war meine Frau acht
Tage in größter Auf-
regung, weil die Auf-
schrift unseres Lauses
Lans Reimann
Der Mann mit den 3 Frauen
alle ihre Freundinnen zu ironischen Beileidsbezeugungen
veranlaßte.
Anerträglich aber wurde die Sache, als der Kinobesttzer
begann, eine Lerie von Detektivstücken aufzuführen. Acht
Tage lang konnte man unter den Fenstern meines Büros lesen:
Lans Reimann
Der König der Betrüger.
Meine Konkurrenz verfehlte nicht, möglicbst viele Leute auf
diese „interessante „Zusammenstellung aufmerksam zu machen.
Kein Geschäftsfreund betrat mein Zimmer ohne eine „wihige"
Bemerkung auf den Lippen. Da stellte ich dem Lausherrn
die Wahl zwischen meinem Bleiben und jenem des Kinos.
Er entschied sich für letzteres, das den höheren Zins bezahlte.
Zufällig kam ein in der Nähe gelegenes Laus unter den
Lammer, das ich auf der Auktion erwarb. Seither fühle ich
mich wieder in Sicherheit, denn in dieses Laus wird mir kein
Kino kommen, und meine Freunde sind um ein ergiebiges
Gesprächskhema ärmer.
Beste Grüße von Deinem alten Lans. -p. «.
Copyright ISIö bh Z. F. Schreibcr
die herrliche Natur gar nicht so sehr."
— „Aber gewiß, gnä' Frau — die bringt uns ja die Sommergäste."
Der Märtyrer des Kinos
Lieber Max!
Du bist erstaunt, zu hören, datz ich ein eiqenes Laus
erworben habe, um meine Geschäftsräume dorthin zu ver-
legen, trotzdem du niemals von einer derartigen Abstcht
meinerseits gebört hattest. Tatsächlich dachte ich noch vor
einem halben Iahre nicht daran, mein Büro, das ich seit
einem halben Menschenalter innehabe, aufzugeben. Ver-
gangenen Mai aber vermietete der Lausherr die Räume
unter meinem Geschäftslokal an ein Kino-Anternehmen, und
damit begann für mich eine Zeit wakren Martyriums. Der
Befitzer drachte nämlich über der Türe sein»s „Lichtspiel-
theaters" eine breite Leinwand mit dem Titel seiner Wochen-
schiager an, und dieses Plakat betand stch dii ekt unter der
Tasel mit meiner Firma, so daß es sozusagen eine Er-
gänzung derselben bildete. Ie nach dem wechselnden Pro-
gramm des K nos konnte der Betrachter lesen:
Lans Reimann oder Lans Reimann
Zelle Nr. 13 Der Flüchtling.
Meine Freunde bemächtigten sich der Sache, und wenn
das Theater seine neuen F>lms herausbrachte, konnte ich
sicher sein, abends am Stammkisch mit lauten Zurufen
begrüßt zu werden:
„Ah, da kommt Lans
Reimann, der Sohn des
Ministers" oder „Guten
Abend Lans, Erbe des
schwarzen Schlosses"
und eine Menge mehr
oder minder guter Witze
— meist minder guter —
knüpste sich an meinen
Bemamen, den ich dann
die ganze Woche nicht
los wurde. Mit größe-
rem Interesse als der
eifrigste Besucher des
Kinos crwartete ich
durch Mvnate den Pro-
grammwechsel,derjeden
Freitag stattfand. Gab
es ein Drama, deffen
Titel flch mit einem
Namen nicht verbinden
ließ, z. B. „Liebe und
Pflicht" oder „Das gol-
dene Frauenherz," so
konnte ich auf eine
Woche der Ruhe rech-
nen, die nur die Furcht
vor dem nächsten Frei-
tag, sür mich einem
wabren Anglückstag ge-
trübt war. Aber nicht
oft hatte ich solches
Glück. Einmal verfein-
dete ich mich mit einem
alten Freunde, weil er
mich auf der Straße
einem seiner Bekannten
mit lauter Stimme als
„Lans Neimann, der
Spion vom Dukla-
Paß" vorstellte, was
einen Auflauf zur Folge
hatte. Ein anderes Mal
war meine Frau acht
Tage in größter Auf-
regung, weil die Auf-
schrift unseres Lauses
Lans Reimann
Der Mann mit den 3 Frauen
alle ihre Freundinnen zu ironischen Beileidsbezeugungen
veranlaßte.
Anerträglich aber wurde die Sache, als der Kinobesttzer
begann, eine Lerie von Detektivstücken aufzuführen. Acht
Tage lang konnte man unter den Fenstern meines Büros lesen:
Lans Reimann
Der König der Betrüger.
Meine Konkurrenz verfehlte nicht, möglicbst viele Leute auf
diese „interessante „Zusammenstellung aufmerksam zu machen.
Kein Geschäftsfreund betrat mein Zimmer ohne eine „wihige"
Bemerkung auf den Lippen. Da stellte ich dem Lausherrn
die Wahl zwischen meinem Bleiben und jenem des Kinos.
Er entschied sich für letzteres, das den höheren Zins bezahlte.
Zufällig kam ein in der Nähe gelegenes Laus unter den
Lammer, das ich auf der Auktion erwarb. Seither fühle ich
mich wieder in Sicherheit, denn in dieses Laus wird mir kein
Kino kommen, und meine Freunde sind um ein ergiebiges
Gesprächskhema ärmer.
Beste Grüße von Deinem alten Lans. -p. «.
Copyright ISIö bh Z. F. Schreibcr