Nr. 1.^49
Zeitschrist für Liumor und Knnst
77
Der Zank um den Schrank
!lnd darum wolle er den Schrank haben, einen riesengroßen
Schrank, in den er alles hineinpacken könne, was er besitze.
Sich selbst auch dazu. Wenn er dann keine „Bleibe" mehr
hätte. würde er einfach den Schrank irgendwohin aufs Feld
stellen und darin Wohnung nehmen. „Sie kennen die begabte
amerikanische Sitte der Reisewagen, daß man seine Sommer-
srische in einem Wagen verlebt, den man von Landschaft
zu Landschast sährt. Das hat mir immer imponiert. Ich
werde meinen Schrank einfach auf Räder stellen. Dann
bin ich Lotelbesttzer und Mitglied des internationalen Reise-
publikums dazu. Mein schöner großer Schrank! Wenn ich
ihn nur erst hätte. Ich habe ihn bereits lieb, und weiß noch
gar nicht, wie er ausschauen wird ... Aber da steht er ja!"
Wir waren im Gespräch durch die Reihen weiterge-
wandelt, und richtig, da stand im Lintergrund eines Standes
ein riesengroßer Schrank, ein Monstrum von einem Schrank,
wie man ihn in der Oberstube von alten reichen Bauern-
häusern sindet; man weiß nicht, wie er die schmale Stiege
hinaufgekommen ist, man weiß nur eins, er wird seinen
Platz nicht verlassen, solange das Laus stehk. Iedesmal,
wenn die Welt wieder um eine Generation älter geworden
ist und eine junge Schwiegertochter in das Laus einzieht,
hängt sie ihre Kleider in den Schrank zu den alten, und
immer ist noch Platz darin.
Also der Schrank war gefunden. Aber wo war nur
die Tandlerin, die dazu gehörte? Grad' kam sie gelaufen.
„Was kostet der Schrank, Frau?"
„Der Kasten da? Funfzig Mark."
„Gut. Ich kaufe den Schrank." (Er war wirklich
geschenkt für das Geld.)
„Ist schon recht, Lerr."
Aber da war plötzlich noch jemand da. Eine Dame
stand neben uns, schwarz und bös, schwer zu sagen, ob sie
wirklich ein Mensch war oder irgend ein unterirdisches Wesen,
das soeben dem Erdboden entstiegen war; wenigstens hatten
wir sie vorher nicht gesehen. „Der Schrank da gehört mir,
ich bin schon dagewesen früher." Sie sprach das Deutsch
mit stark slawischem Akzent. Offenbar gehörte sie zu jenen
Angehörigen der Balkanstaaten, wie sie vor dem Krieg in
München so zahlreich waren, und da ste eine Frau war und
kein Mann, so hatte auch das reinigende Gewitter des
Krieges sie nicht hinweggeweht.
„Sie haben doch gehört, daß ich den Schrank soeben
gekauft habe," erwiderte Bindestrich.
„Ich habe ihn gekauft srüher."
„Aber die Tandlerin hat ihn mir soeben zugeschlagen."
„Ich war vor Ihnen da. Ich hatte die Tochter sort-
geschickt die Mutter zu rufen."
Ein sragender Blick an die Tandlerin.
„Grad' bin ich kommen, weil mei' Tochter mich geholt
hat. Ich hab' g'moant, die Lerrschaften gehör'n z'samm."
„Aber ich bitt' Sie, Frau," entsetzte sich Bindestrich.
„Schauen S' uns zwei doch an."
„Bitte sehr, mein Lerr," gab die Dame bös zurück. So
rückten die feindlichen Parteien auseinander.
Die Lage war wirklich kritisch. Bindestrich hatte den
Zuschlag, aber die Dame war fraglos srüher dagewesen.
Ieder war sich seines besten Rechtes bewußt.
Bindestrich versucht die Situation zunächst mit Lumor
zu lösen. Er erklärte der Dame, was er mit dem Schrank
vorhabe, wie sein ganzes Lebensglück von dem Schrank
abhänge. Aber sie hatte dafür gar kein Verständnis. Sie
bestand auf dem Schrank.
Ietzt wurde ihm die Sache zu dumm. Diesen schönen
bayrischen Schrank der Balkandame lassen, daß ste ihn fort
schleppe, womöglich in die Schlawinerei. Nein, nun gerade
nicht.
Ich sah, wie seine Muskeln zuckten. Die Balkandame
rollte mit den Augen, fauchte wie eine Ketze.
Ich versuchte noch einmal, ob die Spannung nicht durch
einen faulen Witz zur Entladung zu bringen wäre. „Volkes
Stimme, Gottes Stimme. Vielleich« hat die Tandlerin mit
Sehergabe gesprochen. Versucht's doch einmal mitsammen,
einen Schrank habt ihr ja schon." — O weh, die Gegner
waren fchon so verbissen, daß ich nur Unwillen erregte.
IHilLsjkIung
Ukren uncl üolckwaren,
pkotoartilcel, Spreclima-
scln'nenMusilcinstrumente,
KrieZssckmuck.
^atLloxs sratis irnä franko üekorn
iOI13888l,6lI.,SsNs°LÜjEn°s 8II-.7 >o
V sr§rö88erruiAeii
naeii jeäsr kkotvbrsptli« vnä pontksrt«
ksrtixt an üi teedn. voUovästor L-ns-
fötirunx Lv tüllixsten kreissv.
^nfsrtixnnxslle«' pk«t«8sr.
sovie ^«8ttL»rtei» iu jeäsr ^nsLkl
!u! ttofpkoioxrapü 8r >1ajs-
stät ä. Knisors n. Xvrrixs,
Lvuiisiivsr^.
LeljWg! 8ammks8ps088Ssi!
siek sslbst srprobt n. xlLnr^devvüKrt
xibt ^usk : brt. kmn»s 8 korisek,
Littsa b. 8»., krinrsvstraüs 6.
Aerzttich empfohteii gegen:
Oickl
ktkeuma
Isckiss
HexensctiuK
k^erven- unck
Kopfsckmerren
alkn SIMHelen echAtIich"^reis Mt U40 u^Mk.'gfso'
6
Deulscttk'!' Cognof^xguM'
Gchter atlep Coynao
e
Nkliengesel
choft
»ppach'/ö
Km>m
üest» tbriek-
ghpgkst iür g»
»gsiekbkigeiis
«lg Lletis ss».
xrsnrt ksltbar, ksin vs silbsrt
im Ltui. k*rs>8lK.4.5Ü.Vor2üx-
lieks R.L8iergpparLt6 >!. 3.—,
IVI. Mnlclör L Lo., K/Iünollen,
Zoaasastrssss >0/74.
Lests unäbilli^stoL«-
2ll§scfueUs kllr solLäo
kbvto^r. Lxps.r2to iu
sLnfLLker dis ksinslsr
^.usklldrunx u. sLmtl. BsäLrkSLrliksi.
äilustr. kreisiisL« Ar. 6 kostsrrl.
0lrsktsrV»rsLnä nsek Lttsn.Wsttt«üsn
^.ILeiiriKe iQserLteOamratiiiis: !^088S,
Zeitschrist für Liumor und Knnst
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