Kriegschronik der Meggendorfer-Blätter, München
13l
Nachklänge
„Es wundert mich/ sagte zu Wilson einer seiner
Freunde, „daß Sie fich, trotzdem Jhr Sieg doch keines-
wegs sicher war, so viel weniger Mühe gegeben haben
als Ihr Konkurrent. Lughes ist Tag und Nacht im
Lande umher gefahren und hat persönlich agikiert.
Fünstausend Ansprachen hat der Mann gehalten;
die Zeitungen haben ausgerechnet, daß er über zwei
Millionen Worte geredet hat. Was sind dagegen
Ihre paar Wahlreden!"
„Llber das ist doch sehr begreiflich," entgegnete
Wilson. „Sie müssen bedenken, daß Lughes eben noch
nicht Präsident war, sondern es erst werden wollte.
Ich aber bin doch schon im vierten Iahre Präsident,
und als Präsident, mein Lieber, hat man gar nicht so
viel zu sagen." " . *
Lughes ärgerte sich natürlich über seine Nieder-
lage. „Was mich am meisten kränkt/ dachte er, „ist,
daß dieser Wilson nun doch unter Amständen den
Friedensvermittler spielen und sich einen großen Na-
men damit machen wird."
Aber dann tröstete er sich. „Erstens," meinte
er, „werden sich die europäischen Nationen vielleicht
gar nicht in ihre Angelegenheiten hineinreden lassen,
und zweitens, selbst wenn sie geneigt sind, die Ver-
mittelung des Prästdenten der Vereinigten Staaten
anzunehmen, — na, tn vier Iahren ist ja schon wieder
Mahl, und am Ende habe ich dann mehr Glück."
(7
25.
Logischer Einwand - „Die Lose will ner
sauber wer'n, trotzdem daß ich s' so gründlich g waschen hab'."
— „Na, mit oanmal is s' ja aa net dreckig wor'n."
Fritz hat sich einc eigene Ansicht über die Volkszählung
im Kriege gebildet. „Nicht wahr," meint er, „Lindenburg
zählt doch gleich fiir eine Million?"
Der Lausmeister des Weißen Lauses hatte aus Ver-
sehen auf einem Flur die Luke über einem Kohlenkeller
offen gelassen. Zufällig kam Woodrow Wilson an dreser
ossenen Luke vorbei. „Das ist ja eine Schweinerei," sagte
er; „wie leicht hätte ich durch die Luke fallen könncn."
Der Lausmeister entschuldigte sich, aber Wilson, dcn
die Aufregungen der Wahl wohl ctwas nervös gemacht
haben, schimpfte weiter; ganze fünf Minuten lang schimpfte
er, bis er endlich brummend davon gwg.
Da kratzte der Lausmeister sich den Kopf. „Limmel,"
meinte er, „was hätte der erst geschimpft, wenn er durch-
gefallen wäre!" * »
In den Tagen, als das Ergebnis der Wahl noch un-
entschieden war, und immer noch die Stimmen gezählt wur-
den, war Wilson furchtbar aufgeregt. Schla-
fen konnte er überhaupt nicht. Als dann
die Enlscheidung glücklich für ihn ausge-
sallen war, meinte er zu seiner Frau: „Na,
hvffentlichwerdeichheutenachtgutfchlafen."
„Versuche es doch einmal mit dem alten
Mittel," riet seine Frau. „Lege dich ins
Bett, mache die Augen zu und zähle."
„Ach Ansinn," brummte Wilson. „Ich
habe ja gerade wegen der verfluchten Zäh-
lerei nicht fchlafen können."
Nach der Mahl kam zu Lughes ein
Mann, der thn um eine Anterstützung bat.
Es war ein Wanderredner, der für Lughes
agitiert hatte; infolge Aeberanstrengung
hatte er fich eine chronische Leiserkeit zu-
gezogen und konnte nur noch flüstern. „Was
soll ich jetzt anfangenl" klagte er, „mir
fehlt meine Slimme."
Lughes legte ihm die Land auf die
Schulter. „Trösten Sie sich," sagte er; „das
ist nicht so schlimm, — mir haben schon ein-
mal mehr Stimmen gefehH." Piro
Den kleinen Lans interessiert die Volkszählung sehr.
„Werde ich also wnklich auch gezählt?" erkundigt er sich.
„Aber gewiß!" bestäligt man ihm.
„So, — der wievielte bin. ich denn?"
A 8>
— „Laben Sie Ihren Volkszählungsbogen schon ausgesüllt,
Lerr Doppelmeier?"
— „Soll mir einfallen, mich damit zu beeilen! Das ist
wieder so eine unnütze Schererei!"
— „Aber durckaus nicht — das ift doch eine für die Fragen
der Volksernährung sehr wichtige Sache."
— „So? Gut, daß Sie mich darauf aufmerksam gemacht
haben. Ich effe nämlich für drei."
Im Zeichen öer Arbeitspflicht
Der Pensionierte:
Sie -achten, als vsm Amt ich schieL:
Der A!te fängt schon an ;u rosten.
Doch wu^te ich: So gut vsrsieht
Wie Lu -och keiner beinen Posten!
An -iesenr Trost voll Heiterkeit
Äonnt' ich im Auhcstan- mich labsn.
Ich hatte rccht: Seht kommt -ie Zeit,
J.tzt wollen sie mich wie-er haben!
Geeigne'e Vsrwen-ung:
Bei -iesem großsn Aufgebot,
Auf Las so v-ele HänLe harren,
Gibt es -och sicher irgenLwo,
Auch vlel ;u schieben und zu karren.
An Kräften h'erzu sehlt es nicht
UnL hierber sieht man sie viel lieber:
Setzt g'bt's was Mhliches ;u tun
Dsch en,iich für -ie vrelen Sch eber!
Nühlicher Mechsel:
Herr Meier lebt von seii-en Zinsen,
Das tst sein gan;er Dasein-zweck.
Gr schreibt, ssnst hat er keine Arbeit,
Nur HIn un- wre-er einen Scheck.
2m übrkgen ist er be'chäftigt,
Mobei ihm sanft ü:e Zeit vergeht,
Daß er, im weichen Lehnsluhl sitzen-,
Behaglich scine Daumen -reht.
Doch wie -ie Dinge heute liegen,
Wird je-ermann wohl zugestehn:
Warum scll Meier, statt -er Daumen,
Nicht einmal auch Granaten Lrehn?
lleuester Süßstoff:
Zucker ist uns knapp beschie-en,
Mancher war -rob unzufri.Lcn.
Nun ;um Troste wirL thm -ies:
Arbeit macht Las Leben süß!
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Nachklänge
„Es wundert mich/ sagte zu Wilson einer seiner
Freunde, „daß Sie fich, trotzdem Jhr Sieg doch keines-
wegs sicher war, so viel weniger Mühe gegeben haben
als Ihr Konkurrent. Lughes ist Tag und Nacht im
Lande umher gefahren und hat persönlich agikiert.
Fünstausend Ansprachen hat der Mann gehalten;
die Zeitungen haben ausgerechnet, daß er über zwei
Millionen Worte geredet hat. Was sind dagegen
Ihre paar Wahlreden!"
„Llber das ist doch sehr begreiflich," entgegnete
Wilson. „Sie müssen bedenken, daß Lughes eben noch
nicht Präsident war, sondern es erst werden wollte.
Ich aber bin doch schon im vierten Iahre Präsident,
und als Präsident, mein Lieber, hat man gar nicht so
viel zu sagen." " . *
Lughes ärgerte sich natürlich über seine Nieder-
lage. „Was mich am meisten kränkt/ dachte er, „ist,
daß dieser Wilson nun doch unter Amständen den
Friedensvermittler spielen und sich einen großen Na-
men damit machen wird."
Aber dann tröstete er sich. „Erstens," meinte
er, „werden sich die europäischen Nationen vielleicht
gar nicht in ihre Angelegenheiten hineinreden lassen,
und zweitens, selbst wenn sie geneigt sind, die Ver-
mittelung des Prästdenten der Vereinigten Staaten
anzunehmen, — na, tn vier Iahren ist ja schon wieder
Mahl, und am Ende habe ich dann mehr Glück."
(7
25.
Logischer Einwand - „Die Lose will ner
sauber wer'n, trotzdem daß ich s' so gründlich g waschen hab'."
— „Na, mit oanmal is s' ja aa net dreckig wor'n."
Fritz hat sich einc eigene Ansicht über die Volkszählung
im Kriege gebildet. „Nicht wahr," meint er, „Lindenburg
zählt doch gleich fiir eine Million?"
Der Lausmeister des Weißen Lauses hatte aus Ver-
sehen auf einem Flur die Luke über einem Kohlenkeller
offen gelassen. Zufällig kam Woodrow Wilson an dreser
ossenen Luke vorbei. „Das ist ja eine Schweinerei," sagte
er; „wie leicht hätte ich durch die Luke fallen könncn."
Der Lausmeister entschuldigte sich, aber Wilson, dcn
die Aufregungen der Wahl wohl ctwas nervös gemacht
haben, schimpfte weiter; ganze fünf Minuten lang schimpfte
er, bis er endlich brummend davon gwg.
Da kratzte der Lausmeister sich den Kopf. „Limmel,"
meinte er, „was hätte der erst geschimpft, wenn er durch-
gefallen wäre!" * »
In den Tagen, als das Ergebnis der Wahl noch un-
entschieden war, und immer noch die Stimmen gezählt wur-
den, war Wilson furchtbar aufgeregt. Schla-
fen konnte er überhaupt nicht. Als dann
die Enlscheidung glücklich für ihn ausge-
sallen war, meinte er zu seiner Frau: „Na,
hvffentlichwerdeichheutenachtgutfchlafen."
„Versuche es doch einmal mit dem alten
Mittel," riet seine Frau. „Lege dich ins
Bett, mache die Augen zu und zähle."
„Ach Ansinn," brummte Wilson. „Ich
habe ja gerade wegen der verfluchten Zäh-
lerei nicht fchlafen können."
Nach der Mahl kam zu Lughes ein
Mann, der thn um eine Anterstützung bat.
Es war ein Wanderredner, der für Lughes
agitiert hatte; infolge Aeberanstrengung
hatte er fich eine chronische Leiserkeit zu-
gezogen und konnte nur noch flüstern. „Was
soll ich jetzt anfangenl" klagte er, „mir
fehlt meine Slimme."
Lughes legte ihm die Land auf die
Schulter. „Trösten Sie sich," sagte er; „das
ist nicht so schlimm, — mir haben schon ein-
mal mehr Stimmen gefehH." Piro
Den kleinen Lans interessiert die Volkszählung sehr.
„Werde ich also wnklich auch gezählt?" erkundigt er sich.
„Aber gewiß!" bestäligt man ihm.
„So, — der wievielte bin. ich denn?"
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— „Laben Sie Ihren Volkszählungsbogen schon ausgesüllt,
Lerr Doppelmeier?"
— „Soll mir einfallen, mich damit zu beeilen! Das ist
wieder so eine unnütze Schererei!"
— „Aber durckaus nicht — das ift doch eine für die Fragen
der Volksernährung sehr wichtige Sache."
— „So? Gut, daß Sie mich darauf aufmerksam gemacht
haben. Ich effe nämlich für drei."
Im Zeichen öer Arbeitspflicht
Der Pensionierte:
Sie -achten, als vsm Amt ich schieL:
Der A!te fängt schon an ;u rosten.
Doch wu^te ich: So gut vsrsieht
Wie Lu -och keiner beinen Posten!
An -iesenr Trost voll Heiterkeit
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Ich hatte rccht: Seht kommt -ie Zeit,
J.tzt wollen sie mich wie-er haben!
Geeigne'e Vsrwen-ung:
Bei -iesem großsn Aufgebot,
Auf Las so v-ele HänLe harren,
Gibt es -och sicher irgenLwo,
Auch vlel ;u schieben und zu karren.
An Kräften h'erzu sehlt es nicht
UnL hierber sieht man sie viel lieber:
Setzt g'bt's was Mhliches ;u tun
Dsch en,iich für -ie vrelen Sch eber!
Nühlicher Mechsel:
Herr Meier lebt von seii-en Zinsen,
Das tst sein gan;er Dasein-zweck.
Gr schreibt, ssnst hat er keine Arbeit,
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Mobei ihm sanft ü:e Zeit vergeht,
Daß er, im weichen Lehnsluhl sitzen-,
Behaglich scine Daumen -reht.
Doch wie -ie Dinge heute liegen,
Wird je-ermann wohl zugestehn:
Warum scll Meier, statt -er Daumen,
Nicht einmal auch Granaten Lrehn?
lleuester Süßstoff:
Zucker ist uns knapp beschie-en,
Mancher war -rob unzufri.Lcn.
Nun ;um Troste wirL thm -ies:
Arbeit macht Las Leben süß!