136 Meggenöorfer-Blätter, München
— „Einen dreißigjährigen Krieg soll's auch mal gegebcn haben. Ich
möcht' bloß wissen, wie lang sie da die Landsturmleute behalten haben."
Die Zigarett
Von Paul Gar,
Geehrter Lerr Redaktör,
als geschätzter Abonnent von Ihrer Zeitschrift werd ich
Ihne jetzt mal eine Geschicht erzählen, die Sie sicher schon
aus den Zeitungen kennen werden, wo sie alle gebracht
haben. Ich will se Ihne aber nun mal so erzählen, wie
se wirklich gewesen ist, nämlich, weil ich doch dabei die
Lauptperson bin.
Also Lerr Redaktör, da hab' ich neulich — das heißt,
eigentlich war es schon vor einem Merteljahr, wiffen Se,
als se einem auf den Bahnhöf noch nich so die Rucksäck
nachgesehen haben, ob einer Butter oder Schinken drin
hätt' — da hab' ich also eine kleine Reis' gemacht. Aufs
Land natürlich. Na, und wie ich da so in einem Vimmel-
bähnchen fltz, wo der Schaffner alle fünf Minuten seine
Zang durch die Waggons spazieren führen
tut, und grad bei mir gedacht hab': Alois,
hab' ich gedacht, jetz' biste feine raus....
jetz' kann dir keiner mehr was.... und
steck mir grad seelenvergnügt eine Zigarett
ins Gesicht — wissen Se, so eine, wo ich
mir selbst gemacht hab' — da kreischt mir
auf einmal einer von hinten in die Trom-
peten, daß ich gemeint hab', se täten mir
platzen:
„Sie... Sie da... sehen Se nich, daß
hier Nichtraucher is'? Nich? Das sehen
Se nich? .... Da haben Se wohl keine
Augen im Kopp? .... Das steht doch da
groß und deutlich angeschrieben: Nicht —
rau... cher!... Wovor schreiben wir denn
das dahin, wenn Se hier doch rauchen
tun!_"
„Ach du lieber Gott," hab' ich gesagt,
und mein Lerz is' mir gegangen wie ne
Weckeruhr, von wegen daß ich nämlich ein
bißchen schwach auf den Nerven bin von
meiner Mutter selig her, „entschuldigen Se
man," hab ich gesagt, „das hab' ich ja ganz
und gar nich gesehen. Sehen Se mal, Lerr
Schaffner, was da alles an der Wand steht,
was man lese muß: da soll sich ein junges
Mädche vor unser einen in acht nehmen;
da soll man nich aus dem Fenster raus
fallen; da soll man aus die Spione acht-
passen; da soll man nich in den Waggon
spucken; da soll man nich an der Notleine
ziehen, sonst wird man mit 100 Mark be-
straft, eventuell auch Gefängnis; da steht,
wie man es machen muß, wenn man es
kalt oder warm haben will; und hier soll
man sogar Obstkerne sammeln. ich hab' aber
zufällig keine bei mir... ja, und hier steht,
da haben Se ja ganz recht, daß man nich
rauchen soll. Aber, Lerr Schaffner, dann
sagen Se mir doch mal, warum haben Se
denn hier vor jedes Fenster einen Aschen-
kasten hingemacht, wenn man doch nich
rauchen darf?"
So hab ich gesagt. And wissen Se,
Lerr Nedaktör, was der Mensch mir da-
drauf geantwortet hat?
„Das kann ich Ihne sogar," hat er ge-
sagt, „ganz genau verklickern. Da kommt
nämlich die Asche rein, wenn hier geraucht
wird. Aber hier wird nich geraucht.... und nun tun Se
mir den einzigen Gesallen und nehmen Se das Ding aus
der Visasche..
Was wollt ich machen? Ich nehm also das Ding aus
der Visasch. Und wie ich die Zigarett nun so zwischen
meinen Fingern halt und wie mir der schöne Rauch so lieb-
lich in die Nase kitzelt, da denk ich: „Is' doch jammerschade."
Ich srag also den Schaffner: „Entschuldigen Se mal,
Lerr Schaffner, aber könne Se mir vielleicht auch sagen,
was ich jetzt mit meiner Zigarett machen soll? Von selber
geht se nämlich nicht aus."
„Schmeißen Se se doch zum Fenster raus," sagte er
da zu mir.
„Oho, Lerrschaften," hab' ich aber gesagt, „das wird
der Alois Strohmayer nun aber mal fein nich tun. Meinen
Se vielleicht, ich wollt Ihne zu Gefallen den Wald an-
— „Einen dreißigjährigen Krieg soll's auch mal gegebcn haben. Ich
möcht' bloß wissen, wie lang sie da die Landsturmleute behalten haben."
Die Zigarett
Von Paul Gar,
Geehrter Lerr Redaktör,
als geschätzter Abonnent von Ihrer Zeitschrift werd ich
Ihne jetzt mal eine Geschicht erzählen, die Sie sicher schon
aus den Zeitungen kennen werden, wo sie alle gebracht
haben. Ich will se Ihne aber nun mal so erzählen, wie
se wirklich gewesen ist, nämlich, weil ich doch dabei die
Lauptperson bin.
Also Lerr Redaktör, da hab' ich neulich — das heißt,
eigentlich war es schon vor einem Merteljahr, wiffen Se,
als se einem auf den Bahnhöf noch nich so die Rucksäck
nachgesehen haben, ob einer Butter oder Schinken drin
hätt' — da hab' ich also eine kleine Reis' gemacht. Aufs
Land natürlich. Na, und wie ich da so in einem Vimmel-
bähnchen fltz, wo der Schaffner alle fünf Minuten seine
Zang durch die Waggons spazieren führen
tut, und grad bei mir gedacht hab': Alois,
hab' ich gedacht, jetz' biste feine raus....
jetz' kann dir keiner mehr was.... und
steck mir grad seelenvergnügt eine Zigarett
ins Gesicht — wissen Se, so eine, wo ich
mir selbst gemacht hab' — da kreischt mir
auf einmal einer von hinten in die Trom-
peten, daß ich gemeint hab', se täten mir
platzen:
„Sie... Sie da... sehen Se nich, daß
hier Nichtraucher is'? Nich? Das sehen
Se nich? .... Da haben Se wohl keine
Augen im Kopp? .... Das steht doch da
groß und deutlich angeschrieben: Nicht —
rau... cher!... Wovor schreiben wir denn
das dahin, wenn Se hier doch rauchen
tun!_"
„Ach du lieber Gott," hab' ich gesagt,
und mein Lerz is' mir gegangen wie ne
Weckeruhr, von wegen daß ich nämlich ein
bißchen schwach auf den Nerven bin von
meiner Mutter selig her, „entschuldigen Se
man," hab ich gesagt, „das hab' ich ja ganz
und gar nich gesehen. Sehen Se mal, Lerr
Schaffner, was da alles an der Wand steht,
was man lese muß: da soll sich ein junges
Mädche vor unser einen in acht nehmen;
da soll man nich aus dem Fenster raus
fallen; da soll man aus die Spione acht-
passen; da soll man nich in den Waggon
spucken; da soll man nich an der Notleine
ziehen, sonst wird man mit 100 Mark be-
straft, eventuell auch Gefängnis; da steht,
wie man es machen muß, wenn man es
kalt oder warm haben will; und hier soll
man sogar Obstkerne sammeln. ich hab' aber
zufällig keine bei mir... ja, und hier steht,
da haben Se ja ganz recht, daß man nich
rauchen soll. Aber, Lerr Schaffner, dann
sagen Se mir doch mal, warum haben Se
denn hier vor jedes Fenster einen Aschen-
kasten hingemacht, wenn man doch nich
rauchen darf?"
So hab ich gesagt. And wissen Se,
Lerr Nedaktör, was der Mensch mir da-
drauf geantwortet hat?
„Das kann ich Ihne sogar," hat er ge-
sagt, „ganz genau verklickern. Da kommt
nämlich die Asche rein, wenn hier geraucht
wird. Aber hier wird nich geraucht.... und nun tun Se
mir den einzigen Gesallen und nehmen Se das Ding aus
der Visasche..
Was wollt ich machen? Ich nehm also das Ding aus
der Visasch. Und wie ich die Zigarett nun so zwischen
meinen Fingern halt und wie mir der schöne Rauch so lieb-
lich in die Nase kitzelt, da denk ich: „Is' doch jammerschade."
Ich srag also den Schaffner: „Entschuldigen Se mal,
Lerr Schaffner, aber könne Se mir vielleicht auch sagen,
was ich jetzt mit meiner Zigarett machen soll? Von selber
geht se nämlich nicht aus."
„Schmeißen Se se doch zum Fenster raus," sagte er
da zu mir.
„Oho, Lerrschaften," hab' ich aber gesagt, „das wird
der Alois Strohmayer nun aber mal fein nich tun. Meinen
Se vielleicht, ich wollt Ihne zu Gefallen den Wald an-