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Meggendorfer-Blätter, München

Eine gruselige Enthüllung «on C. A. L-nnig

Ich hatte wieder einmal meine Sladteinkäufe be-
sorgt. Denn seit ich mich im Vorort als glücklicher
Villenbesitzer niedergelaffen hatte, kauften wir alles in
der Stadt im Gegensatz -u frllher. wo wir glaubten,
unsere Lebensbedürfniffe auf dem Lande billiger decken
zu können. Das Amt des Einkäufers war auf besonderen
Wunsch meiner Frau mir zugefallen, weil sie, wie sie
mir glaubhaft bewies, zu viel Zeit damit vertrödeln
würde und ich deren genug besäße.

Bei einer folchen Gelegenheit traf ich meinen Freund
Robert, was mir durch einen kräftigen Schlag auf die
Schulker zum Bewußtsein gebracht wurde.

„Nanu, alter Freund," rief er aus, „wieder mal
auf Fouragierung? And was für ein Gestcht du
machst! Last du deine Fleischkarte verloren?"

„Ich, und ein Gesicht machen?" fuhr ich aus meinem
Sinnen auf. „Nicht, daß ich wüßte."

„Am fo schlimmer, wenn du es gar nicht mehr weißt,"
setzte Nobert das Thema hartnäckig fort. „Da hat sich
also Frau Sorge oder Fräulein Mißmut bereits in Per-
manenz bei dir erklärt?"

„Weder Frau Sorge, noch ein Fräulein Mißmut
sind es, die mir den Kopf befchweren. Wohl aber
ein gewisses Fräulein Kosmina Buttermelcher, wenn
du es durchaus wiffen willst," gab ich mit einem
Seufzer zurück.

„Die alte Studentenmutter aus Würzburg?" lachte
Nobert. „Dieselbe. Sie hat ihr.Etudentenheim', wie
sie es nennt, aus Mangel an Frequenz bis auf bessere
Zeiten geschlossen und gedenkt nun die Krise bei uns
abzuwarten."

„Eine praktische Art, das!"

„Aber eine sehr unangenehme. Wenigstens für mich
und meine Frau. Sie sagt, sie fürchte sich so allein in
der großen Wohnung, und wir hätten ja ein so aller-
liebstes Fremdenzimmer."

„Und da hat sie stch also drin eingenistet?"

„Wie eine Schwalbe! Weiß Gott, es sollte mir
nicht drauf ankommen, einen Gast bei mir zu beherber-
gen, noch dazu, da es sich um eine Tante meiner Frau
handelt, wenn wir normale Zeiten hätten. Aber bei der
Lebensmittelknappheit ist dies geradezu eine Limmels-
strafe. And bei alledem ist die alte Dame so verwöhnt
und anspruchsvoll. daß wir oft selber mit dem Nötigsten
für uns geizen müssen, nur um sie zufrieden zu stellen."

„Na, so sage ihr das doch oder mache es ihr auf
sonst eine verblümte Art klar," warf Robert ein.

„Das haben wir bercits versucht, aber ste hat keine
Einsicht oder will keine haben. !lnd ihr den Stuhl
direkt vor die Tür zu setzen, sträube ich mich aus an-
geborener Löflichkeit."

„Armes Lascherl," spottete Robert. „So hast du
also auch dein ,Kreuz' in dieser Zeit."

Verdrießlich wendete ich mich ab.

„Wenn du keinen besseren Trost für mich hast, als
Lohn," knurrte ich, „so lasse ich dich hundskalt mitten
auf der Straße stehen. Ich bin nämlich in der letzten
Zeit überaus rücksichtslos geworden."

„Na, na, alter Iunge," begütigte Robert, „laß nur
deinen Groll gegen die unangenehme Tante nicht an
mir aus. Wer weiß, ob ich nicht dennoch einen besseren
Trost für dich weiß. Mir schießt da etwas durch den
Kopf, aber ich muß mir die Geschichte erst mal durck

— ..Obacht, Peppi! Da kommt der Luberbauer, der uns so ver
hauen hat, Kartoffeln aufladen, dem können wir es vielleicht
heimzahlen!"

— „Es ist schon eine sakrische Schinderei; ehe man so einen
Wagen aufladet, da-

kann man schon in Schweiß kommen!-

Marantjoses! Was ist denn jetzt das?"
 
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