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Zeitschrift für Humor und Kunst

Eine gruselige Enthüllung
Die Studentenmutter war
die Aufgeräumteste von allen.

Und sie hatte ja auch die
meiste Uisache dazu. Sie
trank mit von Roberts Tee,
aß mit von seinem Zucker und
verschmähte auch meinen al-
ten Jamaikarum nicht. Aber
sie war nicht undankbar da-
für. Sie quittierte die ihr
gebotenen Ausmerksamkeiten
mit einem verschwenderischen
Lobgesang auf unser „einzig
schönes" Leim, dessen idylli-
sche Lage, seinen entzücken-
den Garten und seine trau-
lichen Zimmer, den wunder-
bar hellen Speicher und die
süßen Mauelöcher in der
Speisekammer.

Robert stimmte begeistert
in das Lob ein, dann wandte
er sich plötzlich, als sei er auf
einen Gedanken gekommen,
zu mir und tuschelte mir mit
gedämpfter Stimme ins Ohr:

„Du, sag mal, hat deine Villa
nicht einem ehemaligen, reich
gewordenen Pfandleiher ge-
hört?"

„Ich glaube, ja," stimmte
ich etwas unsicher zu. Denn
das schien mir das „gewisse
Thema" zu sein, mit dem er
mich „zu meinem Leile" zu
überraschen gedachke.

„Es war ein ausgemach-
ter, verdrehter Sonderling,
der mehr Schrullen im Kopfe
hatte, als Goldstücke in der
Lade," fuhr er fort. „Man
erzähltsich allerhand seltsame
Geschichten von ihm." Ich
nickte stumm mit dem Kopfe
und zuckte die Achseln, da
mochte er sich aussuchen, was
ihm in seinen Kram paßte.

„Und zuletzt —" hier sank
seine Stimme zum Flüster-
ton, aber ich konnte nicht

verstehen. was er sagte, es war anscheinend nur ein sinn-
loses Getuschel.

„Stimmt es nicht?" fuhr er dann wieder mit halblauter
Stimme fort und schlug sich lachend aufs Knie. „Endlich
nach langem Suchen sand ihn seine alte Laushälterin in
dem kleinen Turmzimmer, das jetzt euer Gastzimmer ist und
seinerzeit nicht benützt wurde. Dort hing er hinter einem
Vorhang, versteckt unter alten Kleidern. Als sie den Vor-
hang beiseite schob, fiel er von selbst herunter. Kaum daß er
noch zusammenhielt.

Lter unterbrach ein lauter Schrei aus Fräulein Butter-
melchers Munde den unglücklichen Erzähler. Die Farbe
ihres Gesichtes spielte ins grünliche und ihre bebenden
Lippen legten beide Zahnreihen bloß.

Anregung

— „Ia, Mädels, schön ist der Arlaub schon, bloß zu selten."

— „Nicht wahr, Lans, — die Verheirateten bekommen viel
öfter Arlaub."

„Nicht weiter, mein Lerr, wenn Sie nicht wollen, daß
mich vor Entsetzen der Schlag treffen soll," rief sie entrüstet
aus. „Sie glauben wohl, ich habe nicht gehört, was Sie
da mit meinem Neffen geflüstert haben? O, wir Frauen
haben gute Ohren. Wir würden sonst oft genug verkauft
und betrogen. Aber jetzt frage ich Sie auf Ehrenwort,
haben Sie sich nur einen übermütigen Scherz gemacht,
oder beruht die Geschichte, die Sie da erzählt haben, auf
Wahrheit?"

Robert spielte den Verlegenen.

„Es tut mir unendlich leid, mein gnädiges Fräulein,"
wand er stch, „daß ich Sie durch ein paar gedankenlos
hingeworfene Bemerkungen erschreckt und beunruhigt habe."

„Gedankenlos muß ich Ihre Art, solche Geschichten in
 
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