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42 Meggendorfer-Blätter, München

Der faule Kuude Geschäftsfreund: „Wenn ich Sie sehe,

lieber Meier, empfinde ich immer eine anfrichtige Freude!"

- „Wirklich?"

— „Ia . . . daß ich von Jhnen kein Geld zu kriegen habe!"

Eine Papageiengeschichte

besagen sollten, wenn sie wirklich einer asrikanischen Sprache
angehörten und nicht nur ganz sinnloses Zeug waren. Es
mochte ja etwas sehr Ananständiges sein, denn die Neger
sind in ihren Spässen nicht so fein wie kultivierte Europäer,
die ihren Geschmack an neuen Wiener Operetten bilden
können. Am Ende bekam man einmal Besuch von jemand,
der Afrika bereist hatte, und dann mochte einen der Ioseph
mit seinem Gesang schön blamieren. Er sollte also etwas
anderes lernen. Ein Vierteljahr lanq sang Tante Minna
ihm unermüdlich vor: „Nur einmal blüht im Iahr der Mai".
Ioseph aber interessierte das gar nicht; ihm war der Mai
ganz egal, er blieb bei seinem: wumba wumba wumbaba
kuki kuki titika. Vielleicht war er dadurch verblödet, und
es ging nichts anderes mehr in seinen Kopf hinein.

Tante Minna gab ihn also fort und ließ ihm einen
weißen Arara folgen. Der war ein wunderschönes Tier,
aber wohl gerade seiner Schönheit wegen wollte er nichts
tun, sein Brot zu verdienen. So mußte auch er von dannen
ziehn, und an seine Stelle trat nun wieder ein grauer
Papagei, dem Tante Minna den Namen Jako beilegte,
was wie „dschakko" ausgesprochen werden mußte. Das
wäre, sagte sie, ein richtiger Papageienname, so gebräuch-
lich wie Nero bei Neufundländern, Waldl bei bayrischen
Dackeln und Müller und Schulze bei Menschen.

Iako war bescheiden und' fleißig. Nach
vier Wochen schon konnte er den schönen in-
struktiven Satz sprechen: „Iako kommt aus
Afrika." Tante Minna war sehr stolz daraus,
ihm das beigebracht zu haben, und längere
Zeit böse auf mich, weil ich naseweis — ich
ging damals in die Quinta — diesen Satz be-
anstandet und erklärt hatte, der Iako wäre ja
schon da, nicht etwa erst auf der Reise begriffen,
und es müßte also heißen: Iako ist aus Afrika
gekommen. — „Rede nicht so dumm," sagte
Tante Minna; „geh' lieber und lerne, nimm
deine Grammatik vor!" — Das war aber eine
in diesem Fall wenig angebrachte Forderung,
denn gerade die Grammatik war es ja gewesen,
die mich zu meiner Kritik veranlaßt hatte.

Iako lernte noch mehr: Köpfchen krauen
— Warum küffen sich die Menschen? — So
leben wir alle Tage! und ähnliche Sätze, mit
denen gebildete Papageien einem geneigten
Publikum auszuwarten pflegen. Er hätte stch
vielleicht einen ganz außerordentlichen Sprach-
schah angeeignet, wenn nicht Onkel Wilhelm
den liebevollen und methodischen Knterricht,
den Tante Minna dem Vogel erteilte, unge-
bührlich gestört hälte. Onkel Wilhelin hatte
sich in den Kopf gesetzt, Iako müßte rufen:
„Nu aber 'raus!" — was sehr angenehm sein
müßte, wenn Besuch da wäre. Tante Minna
dagegen wünschte sich etwas anderes zur Er-
heiterung von Besuchern; Iako sollte sagen:
„Wie heißt du denn?" — Diese treuherzige
Frage, meinte sie, würde gewiß mehr Freude
erregen als das unverschämte: „Ru aber 'raus I"
Iako aber lernte ksines von beiden. Von
Onkel Wilhelm hörte er: „Nu aber 'raus!"
— von Tante Minna: „Wie heißt du denn?"
und schließlich nahm er von jedem der beiden
Sätze etwas und sagte: „Nu wie heißt?" —
Das gefiel Tante Minna gar nicht, aber alle
ihre Mühe, es dem Vogel wieder auszureden, war umsonst.
Denn was ein Papagei einmal gelernt hat, das behält er
gewöhnlich auch.

Dieser brave Iako starb leider an einer Lungenkrank-
heit. Die zögen sich Graupapageien gewöhnlich schon auf
der Reise zu, erklärte Onkel Wilhelm; Tante Minna aber
behauptete, ihr Galte hätte den Vogel krank gemacht, er
hätte zuviel in der Wohnung geraucht, wie er überhaupt
dem Tabakgenuß in gar zu reichlichem Maße sich hingäbe,
was er lieber unterlaffen sollte. Das fiele ihm gar nicht
ein, sagte Onkel Wilhelm; der Tabak schadete ihm gar nichts,
denn er hätte ja keine Papageiennatur, — schon, weil er
ein Mann wäre. Er würde weiter rauchen, und wenn des-
halb auch nie wieder ein Papagei ins §>aus kommen sollte.

Es kam aber doch einer. Iako dem Ersten folgte Iako
der Zweite, der Große, jenes merkwürdige Tier, das eine
glänzende Stellung mit den Niederungen des Lebens ver-
tauschte und ein schmähliches Ende nahm.

Ganz zufällig kam Tante Minna dazu, ihn zu erstehen.
Noch um ihren ersten Iako trauernd, traf sie eines Tages
auf der Straße einen Mann, der sich eben einen neuen,
ihm noch ganz ungewohnten Anzug angezogen zu haben und
sich deshalb — das geht vielen Leuten so — sehr fein vor-
zukommen schien. Dies und ein Käfig mit einem grauen
Papagei, den der Mann bei sich trug, kennzeichnete ihn als
 
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