Zeitschrift für Humor und KurrsL 43
— „Was hilft des mir, daß der Vater 'n Kommerzienrat is?
§)ätt' 'r sei Metzgerei noch, kriegat i heint an Baron!"
Eine Papageiengeschichte
einen eben erst von langer Fahrt angelangten
Seefahrer. Das Bauer war für den Papagei
viel zu klein, und Tante Minna, die ein gutes
§>erz für Tiere und auch sür Menschen hat,
Polizisten ausgenommen, sagte das dem frem-
den Mann, ohne daß dieser sie um ihre Mei-
nung gefragt hatte. Er wurde aber nicht böse;
er ließ nur etwas Tabaksaft und dann die Worte
aus dem Munde: „Der Vogel hat nich' Platz?
Na, Madamchen, Sie haben ja man auch 'nen
recht kleinen Kopf."
Tante Minna hat niemals begriffen, was
der Mann eigentlich damit hat sagen wollen;
es schien ihr gar kein Zusammenhang zu bestehn
zwischen ihrem Äinweis aus den Vogel in dem
kleinen Behältnis und ihrem Kopf, der auch
klein genannt wurde. Onkel Wilhelm, dem sie
das erzählte, bildete sich seine eigene Meinung
darüber, aber er war zu zartfühlend, sie zu
äußern; außerdem war der Seefahrer dann
nicht mehr zugegen, und so hätte, wie das oft
der Fall ist, nicht der Llrheber des Wortes,
sondern sein Erläuterer die unangenehmen
Folgen tragen müssen.
Der Seemann sagte das also und lachte
vergnügt dabei. Dann hielt er Tante Minna
den Papagei vor die Nase. „Am End'möchten
Sie ihm wohl haben, Madamchen? Wenn Sie bezahlen,
was er kostet, können Sie ihm kriegen."
Der Vogel gefiel Tante Minna; er sah gesund und
kräftig aus und nicht so traurig, wie es die Papageien sonst
doch sind, wenn sie nach Europa kommen, womit sie aber
natürlich keine Kritik an Eurvpa llben wollen.
„Kann er dsnn schon sprechen?" sragte sie. „Meinen
Sie, daß er klug ist?"
„Madamchen, — ich kann Ihnen bloß sagen: der ist
klüger wie wir beide zusammen," erklärte der Seesahrer,
und da er sich mit einschloß, konnte Tante Minna nicht be-
leidigt sein. „Der spricht Ihnen nach, was Sie wollen;
dem können Sie die dollsten Sachen beibringen. Bloß hier
auf der Gaffe, da will er nich', da geniert er sich. Das is'
nu mal so mit die Papageien."
Tante Minna hatte nicht die Absicht, einem Papagei
die „dollsten Sachen" beizubringen, aber das gerühmte Auf-
fassungsvermögen des Tieres gefiel ihr wie auch die Aus-
sicht, einmal einen Papagei nicht auf dem Amweg über
den Ländler, sondern direkt von einem Mann zu erstehen,
der ihn gerade aus Afrika mitgebracht hatte. Sie lud
also den Seefahrer ein, ihr den Vogel ins Äaus zu tragen,
ohne Verbindlichkeit; sie wollte erst einmal sehen, wie
sich der Papagei benehmen würde.
Der Vogel kreischte sehr vergnügt in Tante Minnas
Wohnstube; es schien ihm dort zu gefallen, und das gefiel
wiederum Tante Minna- Dann blieb er eine Weile still,
als dächte er nach, und plötzlich erklärte er kurz und bündig:
„Ick bün all hier. Nu giww mich Grog!"
„Nich' wahr, Madamchen, — der weiß, was sich gehört!"
sagte der Seemann.
Diese Aufforderung durfte nicht überhört werden. Grog
hatte Tante Minna gerade nicht zur §>and, aber einen
schönen Bergamottlikör, einen Damenschnops, den sie selbst
destillierte und bei ihren Kaffeegesellschaften kredenzte, ein
Getränk, deffen Aroma bedeutend stärker war als sein Ge-
halt. Äievon bot sie dem Seemann ein Gläschen an. Er
schüttete es hinunter und bemerkte, eigentlich hätte ein Bind-
faden an das Gläschen gebunden sein müffen, denn beinahe
hätte er es mit hinunter geschluckt. Tante Minna sah dies
als eine Anspielung auf allzu große Kleinheit des Glases
an und wollte ein zweites einschenken, doch zu ihrer Aeber-
raschung wehrte der Seemann ab. Von der Sorte hätte
er an einem Glase ganz genug, sagte er. Tante Minna
erzählte das später ihrem Gatten und meinte, der See-
fahrer müßte ein sehr mäßiger Mann gewesen sein. Onkel
Wilhelm hatte aber auch in diesem Punlt seine besondere
Meinung, die er für sich behielt.
Der Papagei hatte inzwischen wiederholt nach einem
„Iehann" gerusen, der „upstahn" sollte. Das gefiel nun
Tante Minna ungeheuer; dieses Tier konnte am Ende faule
Dienstmädchen aufwecken. Sie erkundigte sich nach dem
Preise. Zehn Taler betrug er, und da das wirklich nicht
viel war, wurde das Geschäst abgeschlossen, und der See-
fahrer schmiß den Papagei aus seinem Bauer in Tante
Minnas großen Papageienkäfig. Denn das Bauer hätte
er natürlich nicht mitverkaust, sagte der Mann; das brauchte
er, wenn er wieder einen Vogel mitbrächte. Tante Minna
benutzte diese Gelegenheit, sich zu erkundigen, wie eigentlich
die Seeleute zu den Papageien kämen. O, das wäre sehr
einfach, erzählte der Mann; sie tauschten sie von den Negern
ein, die nachts die Papageien von den Bäumen schüttelten,
wie bei uns die Iungens die Maikäfer, dies aber am Tage. —
Tante Minna sreute sich, belehrt worden zu sein; nach-
träglich kamen ihr freilich Zweifel, ob der Mann ihr die
Wahrheit gesagt hätte. Er wird sich einen Lllk haben
machen wollen, meinte sie; der ungewohnte Schnaps wird
ihm in den Kopf gestiegen sein.
Dann strich der Seefahrer sein Geld ein und verab-
schiedete sich umständlich. Er suchte mühsam nach einem
gefälligen Schlußwort. Bei Shakespeare sagt der Bauer,
der das Körbchen mit den Schlangen zur Kleopatra gebracht
hat: „Ich wünsche Euch viel Zeitvertreib von dem Wurm."
Aehnlich sprach der Seemann zu Tante Minna: „Na,
— „Was hilft des mir, daß der Vater 'n Kommerzienrat is?
§)ätt' 'r sei Metzgerei noch, kriegat i heint an Baron!"
Eine Papageiengeschichte
einen eben erst von langer Fahrt angelangten
Seefahrer. Das Bauer war für den Papagei
viel zu klein, und Tante Minna, die ein gutes
§>erz für Tiere und auch sür Menschen hat,
Polizisten ausgenommen, sagte das dem frem-
den Mann, ohne daß dieser sie um ihre Mei-
nung gefragt hatte. Er wurde aber nicht böse;
er ließ nur etwas Tabaksaft und dann die Worte
aus dem Munde: „Der Vogel hat nich' Platz?
Na, Madamchen, Sie haben ja man auch 'nen
recht kleinen Kopf."
Tante Minna hat niemals begriffen, was
der Mann eigentlich damit hat sagen wollen;
es schien ihr gar kein Zusammenhang zu bestehn
zwischen ihrem Äinweis aus den Vogel in dem
kleinen Behältnis und ihrem Kopf, der auch
klein genannt wurde. Onkel Wilhelm, dem sie
das erzählte, bildete sich seine eigene Meinung
darüber, aber er war zu zartfühlend, sie zu
äußern; außerdem war der Seefahrer dann
nicht mehr zugegen, und so hätte, wie das oft
der Fall ist, nicht der Llrheber des Wortes,
sondern sein Erläuterer die unangenehmen
Folgen tragen müssen.
Der Seemann sagte das also und lachte
vergnügt dabei. Dann hielt er Tante Minna
den Papagei vor die Nase. „Am End'möchten
Sie ihm wohl haben, Madamchen? Wenn Sie bezahlen,
was er kostet, können Sie ihm kriegen."
Der Vogel gefiel Tante Minna; er sah gesund und
kräftig aus und nicht so traurig, wie es die Papageien sonst
doch sind, wenn sie nach Europa kommen, womit sie aber
natürlich keine Kritik an Eurvpa llben wollen.
„Kann er dsnn schon sprechen?" sragte sie. „Meinen
Sie, daß er klug ist?"
„Madamchen, — ich kann Ihnen bloß sagen: der ist
klüger wie wir beide zusammen," erklärte der Seesahrer,
und da er sich mit einschloß, konnte Tante Minna nicht be-
leidigt sein. „Der spricht Ihnen nach, was Sie wollen;
dem können Sie die dollsten Sachen beibringen. Bloß hier
auf der Gaffe, da will er nich', da geniert er sich. Das is'
nu mal so mit die Papageien."
Tante Minna hatte nicht die Absicht, einem Papagei
die „dollsten Sachen" beizubringen, aber das gerühmte Auf-
fassungsvermögen des Tieres gefiel ihr wie auch die Aus-
sicht, einmal einen Papagei nicht auf dem Amweg über
den Ländler, sondern direkt von einem Mann zu erstehen,
der ihn gerade aus Afrika mitgebracht hatte. Sie lud
also den Seefahrer ein, ihr den Vogel ins Äaus zu tragen,
ohne Verbindlichkeit; sie wollte erst einmal sehen, wie
sich der Papagei benehmen würde.
Der Vogel kreischte sehr vergnügt in Tante Minnas
Wohnstube; es schien ihm dort zu gefallen, und das gefiel
wiederum Tante Minna- Dann blieb er eine Weile still,
als dächte er nach, und plötzlich erklärte er kurz und bündig:
„Ick bün all hier. Nu giww mich Grog!"
„Nich' wahr, Madamchen, — der weiß, was sich gehört!"
sagte der Seemann.
Diese Aufforderung durfte nicht überhört werden. Grog
hatte Tante Minna gerade nicht zur §>and, aber einen
schönen Bergamottlikör, einen Damenschnops, den sie selbst
destillierte und bei ihren Kaffeegesellschaften kredenzte, ein
Getränk, deffen Aroma bedeutend stärker war als sein Ge-
halt. Äievon bot sie dem Seemann ein Gläschen an. Er
schüttete es hinunter und bemerkte, eigentlich hätte ein Bind-
faden an das Gläschen gebunden sein müffen, denn beinahe
hätte er es mit hinunter geschluckt. Tante Minna sah dies
als eine Anspielung auf allzu große Kleinheit des Glases
an und wollte ein zweites einschenken, doch zu ihrer Aeber-
raschung wehrte der Seemann ab. Von der Sorte hätte
er an einem Glase ganz genug, sagte er. Tante Minna
erzählte das später ihrem Gatten und meinte, der See-
fahrer müßte ein sehr mäßiger Mann gewesen sein. Onkel
Wilhelm hatte aber auch in diesem Punlt seine besondere
Meinung, die er für sich behielt.
Der Papagei hatte inzwischen wiederholt nach einem
„Iehann" gerusen, der „upstahn" sollte. Das gefiel nun
Tante Minna ungeheuer; dieses Tier konnte am Ende faule
Dienstmädchen aufwecken. Sie erkundigte sich nach dem
Preise. Zehn Taler betrug er, und da das wirklich nicht
viel war, wurde das Geschäst abgeschlossen, und der See-
fahrer schmiß den Papagei aus seinem Bauer in Tante
Minnas großen Papageienkäfig. Denn das Bauer hätte
er natürlich nicht mitverkaust, sagte der Mann; das brauchte
er, wenn er wieder einen Vogel mitbrächte. Tante Minna
benutzte diese Gelegenheit, sich zu erkundigen, wie eigentlich
die Seeleute zu den Papageien kämen. O, das wäre sehr
einfach, erzählte der Mann; sie tauschten sie von den Negern
ein, die nachts die Papageien von den Bäumen schüttelten,
wie bei uns die Iungens die Maikäfer, dies aber am Tage. —
Tante Minna sreute sich, belehrt worden zu sein; nach-
träglich kamen ihr freilich Zweifel, ob der Mann ihr die
Wahrheit gesagt hätte. Er wird sich einen Lllk haben
machen wollen, meinte sie; der ungewohnte Schnaps wird
ihm in den Kopf gestiegen sein.
Dann strich der Seefahrer sein Geld ein und verab-
schiedete sich umständlich. Er suchte mühsam nach einem
gefälligen Schlußwort. Bei Shakespeare sagt der Bauer,
der das Körbchen mit den Schlangen zur Kleopatra gebracht
hat: „Ich wünsche Euch viel Zeitvertreib von dem Wurm."
Aehnlich sprach der Seemann zu Tante Minna: „Na,