54 Meggendorfer-Blätter, München
- „Erlauben Sie mal, - jetzt hab' ich mir schon den dritten Kaffee be-
stelltzund noch immerkann ich die Zeitung nichtvon Ihnen bekommen."
— „Macht nichts, junger Mann, - der jetzige Kriegskaffee schadet
selbst in den größten Mengen niemandem was."
Verdunstung Von Peter Robinson
Wenn man eine Wohnung mit Zentralheizung hat,
und diese Leizung, was freilich nicht immer der Fall ist,
auch gut in Betrieb gesetzt wird, so gibt das zwar eine
recht angenehme Wärme in den Zimmern, aber auch sehr
trockene Luft. Davon bekommt das Äolz der Möbel leicht
Sprünge, der Mensch aber Neigung zu Katarrhen und zum
Trunk, — wegen der ausgetrockneten Kehle nämlich. Zur
Schonung der Möbel und des Menschen Pflegt
man deshalb in Zimmern mit Zentralheizung
für reichliche Verdunstung von Waffer Sorge
zu tragen, und dazu gibt es allerhand sinnreiche
Vorrichtungen.
Wir haben uns — das war noch in un-
serer vorigen Wohnung — flache Schalen aus
unglasiertem Ton angeschafft, die, mit Waffer
gefüllt, oben auf die Leizkörper gestellt wurden
und, wegen der porösen Tonwände, eine sehr
reichliche Verdunstung ihres Inhaltes bewirk-
ten, was eine vorzügliche Atmosphäre in den
Zimmern schuf. Wir waren wirklich sehr zu-
frieden mit diesen Schalen.
Nun sind wir aber in eine andere Wohnung
gezogen, und da hat sich leider herausgestellt,
daß unsere Wasserverdunstungsschalen, oder
wie man die Dinger sonst nennen will, nicht
ihrer Bestimmung gemäß zu verwenden sind.
Ein einziges Zimmer ausgenommen sind näm-
lich die Leizkörper in unserer neuen Wohnung
überall so angebracht, daß sie unmittelbar an
das Fensterbrett anstoßen; es ist ganz unmög-
lich, eine Schale hinaufzustellen. Nur in dem
einen, schon erwähnten Zimmer geht es, und
da haben wir denn auch eine unserer schönen
Schalen auf die Leizung geseht und Sorge getragen,
daß sie immer gut mit Waffer gefüllt war.
Was aber sollte in den andern Zimmern geschehn?
Ich war dafür, neue, den veränderten Amständen
angepaßte Apparate anzuschaffen, die es ja zweifel-
los geben würde, aber davon wollte meine Frau
nichts wiffen. Es wäre ganz unnötig, meinte sie,
wieder Geld auszugeben; wenn man die Schalen
nicht auf die Leizung setzen könnte, dann müßte
man sie eben einfach darunter aufstellen, das würde
genau so gut wirken.
Dies schien mir aber nicht richtig. Wenn man
die Schalen auf den Fußboden setzte, blieb zwischen
ihnen und den Leizkörpern etwa ein halb Meter
Zwischenraum; eine nennenswerte Luftverbesserung
würde sich also nicht erzielen laffen.
„O, das Wasser verdunstet trotzdem!" sagte
meine Frau. Damit hatte sie zwar recht, denn so
lange Wasser nicht gefroren ist, hat es immer die
Neigung, durch Verdunstung sich von der Luft auf-
nehmen zu lassen, aber hier kam es doch gerade auf
die möglichst unmittelbare Wirkung der Leizkörper
an; es sollte viel Waffer verdunsten.
„Das wird es auch!" behauptete meine Frau,
und wie das immer so ist: die Männer suchen sich
über die Zweckmäßigkeit eines Anternehmens erst
theoretisch klar zu werden, und wenn die Theorie
dagegen spricht, fangen sie die Sache erst gar nicht
an, die Frauen aber halten es mit der Praxis. Des-
halb stellte meine Frau die Schalen aus, füllte sie mit
Wasser und sagte: „Nun werden wir ja sehn."
Wir sahen auch, oder vielmehr, und das war das Selt-
same für mich, wir sahen eigentlich nichts, denn einen Tag
später war das Wasser aus den Schalen verschwunden.
Meine Frau triumphierte. „Da siehst du, was deine Ver-
dunstungstheorien taugen. Das Waffer in den Schalen
auf dem Fußboden verdunstet schneller als das in der einen,
die direkt auf der Leizung steht."
Häuslicher Krieg — „Willst du gleich machen, daß
du aus deinem Schlupfwinkel her
vor kommstzdu Feigling? Du denkst
wohl, du bist die englische Flotte!"
1917 dy I. F. LchleiPer
- „Erlauben Sie mal, - jetzt hab' ich mir schon den dritten Kaffee be-
stelltzund noch immerkann ich die Zeitung nichtvon Ihnen bekommen."
— „Macht nichts, junger Mann, - der jetzige Kriegskaffee schadet
selbst in den größten Mengen niemandem was."
Verdunstung Von Peter Robinson
Wenn man eine Wohnung mit Zentralheizung hat,
und diese Leizung, was freilich nicht immer der Fall ist,
auch gut in Betrieb gesetzt wird, so gibt das zwar eine
recht angenehme Wärme in den Zimmern, aber auch sehr
trockene Luft. Davon bekommt das Äolz der Möbel leicht
Sprünge, der Mensch aber Neigung zu Katarrhen und zum
Trunk, — wegen der ausgetrockneten Kehle nämlich. Zur
Schonung der Möbel und des Menschen Pflegt
man deshalb in Zimmern mit Zentralheizung
für reichliche Verdunstung von Waffer Sorge
zu tragen, und dazu gibt es allerhand sinnreiche
Vorrichtungen.
Wir haben uns — das war noch in un-
serer vorigen Wohnung — flache Schalen aus
unglasiertem Ton angeschafft, die, mit Waffer
gefüllt, oben auf die Leizkörper gestellt wurden
und, wegen der porösen Tonwände, eine sehr
reichliche Verdunstung ihres Inhaltes bewirk-
ten, was eine vorzügliche Atmosphäre in den
Zimmern schuf. Wir waren wirklich sehr zu-
frieden mit diesen Schalen.
Nun sind wir aber in eine andere Wohnung
gezogen, und da hat sich leider herausgestellt,
daß unsere Wasserverdunstungsschalen, oder
wie man die Dinger sonst nennen will, nicht
ihrer Bestimmung gemäß zu verwenden sind.
Ein einziges Zimmer ausgenommen sind näm-
lich die Leizkörper in unserer neuen Wohnung
überall so angebracht, daß sie unmittelbar an
das Fensterbrett anstoßen; es ist ganz unmög-
lich, eine Schale hinaufzustellen. Nur in dem
einen, schon erwähnten Zimmer geht es, und
da haben wir denn auch eine unserer schönen
Schalen auf die Leizung geseht und Sorge getragen,
daß sie immer gut mit Waffer gefüllt war.
Was aber sollte in den andern Zimmern geschehn?
Ich war dafür, neue, den veränderten Amständen
angepaßte Apparate anzuschaffen, die es ja zweifel-
los geben würde, aber davon wollte meine Frau
nichts wiffen. Es wäre ganz unnötig, meinte sie,
wieder Geld auszugeben; wenn man die Schalen
nicht auf die Leizung setzen könnte, dann müßte
man sie eben einfach darunter aufstellen, das würde
genau so gut wirken.
Dies schien mir aber nicht richtig. Wenn man
die Schalen auf den Fußboden setzte, blieb zwischen
ihnen und den Leizkörpern etwa ein halb Meter
Zwischenraum; eine nennenswerte Luftverbesserung
würde sich also nicht erzielen laffen.
„O, das Wasser verdunstet trotzdem!" sagte
meine Frau. Damit hatte sie zwar recht, denn so
lange Wasser nicht gefroren ist, hat es immer die
Neigung, durch Verdunstung sich von der Luft auf-
nehmen zu lassen, aber hier kam es doch gerade auf
die möglichst unmittelbare Wirkung der Leizkörper
an; es sollte viel Waffer verdunsten.
„Das wird es auch!" behauptete meine Frau,
und wie das immer so ist: die Männer suchen sich
über die Zweckmäßigkeit eines Anternehmens erst
theoretisch klar zu werden, und wenn die Theorie
dagegen spricht, fangen sie die Sache erst gar nicht
an, die Frauen aber halten es mit der Praxis. Des-
halb stellte meine Frau die Schalen aus, füllte sie mit
Wasser und sagte: „Nun werden wir ja sehn."
Wir sahen auch, oder vielmehr, und das war das Selt-
same für mich, wir sahen eigentlich nichts, denn einen Tag
später war das Wasser aus den Schalen verschwunden.
Meine Frau triumphierte. „Da siehst du, was deine Ver-
dunstungstheorien taugen. Das Waffer in den Schalen
auf dem Fußboden verdunstet schneller als das in der einen,
die direkt auf der Leizung steht."
Häuslicher Krieg — „Willst du gleich machen, daß
du aus deinem Schlupfwinkel her
vor kommstzdu Feigling? Du denkst
wohl, du bist die englische Flotte!"
1917 dy I. F. LchleiPer