Zeltschrift für Humor urrd Kunst 91
— „Gib mir zwoa Aepfel, nacha leih i dir mei Roß
zum ziag'n."
— „I gib deim Roß oan Apfel, nacha ziagt's von alloal"
Das Spfer der Gewinnsucht
spürte er noch nicht die geringste
Wirkung, und er fchimpfte bereits
sehr heftig über die Fabrik, die den
Leuten für solch wertloses Zeug
das Geld aus der Tasche schwin-
delte.
Dafür klopfte es am vierten
Tage gleich nach acht Ahr früh und
ein Kollege trat vorsichtig herein.
Seine Rechte hatte er in die innere
Briestafche gesteckt wie ein neu-
angestellter Kassenbote, welcher
den ihm anvertrauten Geldbeu-
tel nicht aus der Land läßt. Nach-
dem er sich vergewifsert hatte,
daß kein dritter im Zimmer war,
näherte er sich mit geheimnis-
vollen Schritten dem Sekretär
Schindlbeck und legte plötzlich mit
elegantem Schwung ein Paket-
chen vor ihn hin. Das bemer-
kenswerteste an diesem niedlichen
Poststück — denn ein solches stell-
te es dar — war die Aufschrift:
„Nachnahme:5Mk.—fünfMark."
„Ich habedieNachnahmeschon
ausgelegt! Ift wieder von der
Nervolinfabrik! Lilft Ihnen
scheinbar, das Mittelchen, weil
Sie fo schnell nachbestellt haben!"
sagte der Kollege und klopste ihm
gönnerhaft auf die Schulter.
„Fünf Mark Nachnahme und
zehn Pfennige Zustellgebühr;
daß ich es nicht vergesse. Eilt
aber absolut gar nicht, nein wirk-
lich nicht! Also im ganzen:
Fünf Mark und zehn Pfennige!"
Schindlbeck sprang in die Löhe, wie wenn sein Sitzfilz
plötzlich zu einer weißglühenden Eisenplatte geworden wäre,
und schaute den gefälligen Kollegen so entsetzt an, als wäre
statt dessen der Teufel vor ihn hingetreten mit den Worten,
„Deine Seele will ich haben!" — die Nachnahme war be-
zahlt. Es stand fest, daß die Post das Geld nicht mehr
herausgab. Also mußte er dem voreiligen Kollegen die
Ausgaben vergüten, wenn er nicht Gefahr laufen wollte,
daß die ganze Sache an die Oeffentlichkeit kommen und er
damit zum Gespött des Amtes werden sollte.
Ie eher die Angelegenheit erledigt wurde, desto weniger
brauchte er eine Bloßstellung zu fürchten. Er suchte daher
mit Seufzen und Aechzen die fünf Mark und zehn Pfennige
aus allen Taschen zusammen und händigte sie dem verdutzt
fchauenden Kollegen mit Blicken aus, wie sie eine Kuh ihrem
Kälbchen nachschtckt, wenn es der Metzger wegholt. Mit
bittersüßem Lächeln entsernte sich der gefällige Amtsbruder.
Schindlbeck aber riß sogleich das Päckchen auf und las sofort
das Begleitschreiben:
„Euer Lochwohlgeboren!
Sie haben nun durch unsere Probesendung Gelegen-
heit gehabt, fich von der ausgezeichneten Wirkung unseres
Präparates, das ein hervorragender Nervenarzt als
„Segen der Menschheit" bezeichnet, zu überzeugen. Damit
Sie die begonnene Kur nicht unterbrechen müffen, haben
wir uns erlaubt, Ihnen zwei Schachteln ,Nervoliw
L Mark 2.50 per Nachnahme zuzuschicken. Wir sind felsen-
fest überzeugt..."
Als gebrochener Mann fiel Sekretär Schindlbeck in den
Sessel zurück. Er sah das Llnheil kommen.
Kaum hatte er Zeit, das Päckchen zu verräumen, als
es bereits wieder klopfte. Die zweite Sendung wurde ihm
überreicht. Schleunigst ließ er auch diefe im Schretbtisch
verschwinden, dankte mit matter Stimme und versprach, die
Nachnahme samt Zustellgebühr nachmittags zu bezahlen.
Das Lächeln, das dabei um seinen Mund fpielte, flackerte
wie ein Irrlicht.
Sehr bald darauf kam das dritte Paketchen. Die
Stimme Schindlbecks wurde immer matter, sein Lächeln
immer unsteter. Der Aeberbringer des vierten Paketes war
noch im Zimmer, als schon der Nächste zur Türe herein-
guckte und geheimnisvoll erklärte, daß er den Lerrn Kollegen
Schindlbeck auf ein paar Augenblicke in persönlicher Ange-
legenheit sprechen wolle. And so ging es fort, bis die zwanzig
Sendungen in seinem Schreibtisch lagen. Nicht ein einziger
Amtsbruder Schindlbecks war so ungefällig gewesen, die
Nachnahme nicht einzulösen.
And alle, alle mußte er bezahlen. Das war hart, sehr
hart sogar.
Die Kollegen aber, die sich in den nächsten Tagen trafen,
meinten:
— „Gib mir zwoa Aepfel, nacha leih i dir mei Roß
zum ziag'n."
— „I gib deim Roß oan Apfel, nacha ziagt's von alloal"
Das Spfer der Gewinnsucht
spürte er noch nicht die geringste
Wirkung, und er fchimpfte bereits
sehr heftig über die Fabrik, die den
Leuten für solch wertloses Zeug
das Geld aus der Tasche schwin-
delte.
Dafür klopfte es am vierten
Tage gleich nach acht Ahr früh und
ein Kollege trat vorsichtig herein.
Seine Rechte hatte er in die innere
Briestafche gesteckt wie ein neu-
angestellter Kassenbote, welcher
den ihm anvertrauten Geldbeu-
tel nicht aus der Land läßt. Nach-
dem er sich vergewifsert hatte,
daß kein dritter im Zimmer war,
näherte er sich mit geheimnis-
vollen Schritten dem Sekretär
Schindlbeck und legte plötzlich mit
elegantem Schwung ein Paket-
chen vor ihn hin. Das bemer-
kenswerteste an diesem niedlichen
Poststück — denn ein solches stell-
te es dar — war die Aufschrift:
„Nachnahme:5Mk.—fünfMark."
„Ich habedieNachnahmeschon
ausgelegt! Ift wieder von der
Nervolinfabrik! Lilft Ihnen
scheinbar, das Mittelchen, weil
Sie fo schnell nachbestellt haben!"
sagte der Kollege und klopste ihm
gönnerhaft auf die Schulter.
„Fünf Mark Nachnahme und
zehn Pfennige Zustellgebühr;
daß ich es nicht vergesse. Eilt
aber absolut gar nicht, nein wirk-
lich nicht! Also im ganzen:
Fünf Mark und zehn Pfennige!"
Schindlbeck sprang in die Löhe, wie wenn sein Sitzfilz
plötzlich zu einer weißglühenden Eisenplatte geworden wäre,
und schaute den gefälligen Kollegen so entsetzt an, als wäre
statt dessen der Teufel vor ihn hingetreten mit den Worten,
„Deine Seele will ich haben!" — die Nachnahme war be-
zahlt. Es stand fest, daß die Post das Geld nicht mehr
herausgab. Also mußte er dem voreiligen Kollegen die
Ausgaben vergüten, wenn er nicht Gefahr laufen wollte,
daß die ganze Sache an die Oeffentlichkeit kommen und er
damit zum Gespött des Amtes werden sollte.
Ie eher die Angelegenheit erledigt wurde, desto weniger
brauchte er eine Bloßstellung zu fürchten. Er suchte daher
mit Seufzen und Aechzen die fünf Mark und zehn Pfennige
aus allen Taschen zusammen und händigte sie dem verdutzt
fchauenden Kollegen mit Blicken aus, wie sie eine Kuh ihrem
Kälbchen nachschtckt, wenn es der Metzger wegholt. Mit
bittersüßem Lächeln entsernte sich der gefällige Amtsbruder.
Schindlbeck aber riß sogleich das Päckchen auf und las sofort
das Begleitschreiben:
„Euer Lochwohlgeboren!
Sie haben nun durch unsere Probesendung Gelegen-
heit gehabt, fich von der ausgezeichneten Wirkung unseres
Präparates, das ein hervorragender Nervenarzt als
„Segen der Menschheit" bezeichnet, zu überzeugen. Damit
Sie die begonnene Kur nicht unterbrechen müffen, haben
wir uns erlaubt, Ihnen zwei Schachteln ,Nervoliw
L Mark 2.50 per Nachnahme zuzuschicken. Wir sind felsen-
fest überzeugt..."
Als gebrochener Mann fiel Sekretär Schindlbeck in den
Sessel zurück. Er sah das Llnheil kommen.
Kaum hatte er Zeit, das Päckchen zu verräumen, als
es bereits wieder klopfte. Die zweite Sendung wurde ihm
überreicht. Schleunigst ließ er auch diefe im Schretbtisch
verschwinden, dankte mit matter Stimme und versprach, die
Nachnahme samt Zustellgebühr nachmittags zu bezahlen.
Das Lächeln, das dabei um seinen Mund fpielte, flackerte
wie ein Irrlicht.
Sehr bald darauf kam das dritte Paketchen. Die
Stimme Schindlbecks wurde immer matter, sein Lächeln
immer unsteter. Der Aeberbringer des vierten Paketes war
noch im Zimmer, als schon der Nächste zur Türe herein-
guckte und geheimnisvoll erklärte, daß er den Lerrn Kollegen
Schindlbeck auf ein paar Augenblicke in persönlicher Ange-
legenheit sprechen wolle. And so ging es fort, bis die zwanzig
Sendungen in seinem Schreibtisch lagen. Nicht ein einziger
Amtsbruder Schindlbecks war so ungefällig gewesen, die
Nachnahme nicht einzulösen.
And alle, alle mußte er bezahlen. Das war hart, sehr
hart sogar.
Die Kollegen aber, die sich in den nächsten Tagen trafen,
meinten: