108 Meggendorfer-Blätter, München
Petribrücke in Rostock
Das MitLel des kleinen Bompard
schon, die Geschichte würde nicht wieder kommen, — gleich
ging es von neuem los. And was hab'ich gemacht. Mon-
sieur Lenri? Ia, das werden Sie nicht raten. Seife hab'
ich gefreffen, Monsieur Lenri, gute, reine Kernseife, —
immer ein kleines Stückchen und tüchtig gekaut und mit
viel Wasser hinunter geschluckt, damit das Zeug sich auflöste
und keine Brocken wieder herauskamen. Manchmal freilich
hatte ich Angst, ich würde mir den Magen verätzen und
ein Magengeschwür kriegen, aber es war nicht so schlimm,
— ich alter Kerl vertrage heute alles, Monsieur Lenri,
gebratene Kieselsteine könnte ich effen."
-i- -l-
*
Äenri Bompard schien der sauberste Soldat seiner
Kompagnie werden zu wollen, so viel Seife nahm er von
seinem llrlaub mit, schöne neutrale Seise, mild und geruch-
los. Auf dem Brotteaux-Bahnhof in Lyon verzehrte er
das erste Stückchen. So lange hatte er noch niemals in
seinem Leben an einem Bissen gekaut, trotzdem ihm noch
niemals etwas so schlecht geschmeckt hatte. Zwei Flaschen
Mchywaffer trank er dazu. Sechs Minuten Weges hatte
er dann bis zur Kaserne. Als er in der Wachtftube seine
Meldung anbringen wollte, wurde er darin unterbrochen
durch ein peinliches Ereignis, das den Caporal veranlaßte,
ihn ein besoffenes Schwein zu nennen und ihm den Befehl
zu geben, sofort Eimer und Scheuerlappen zu holen und
den Dreck zu beseitigen. Lenri Bompard versicherte, und
das war die Wahrheit, er hätte nicht einen Tropfen Alkohol
genossen. „Dann hast du dich eben zu Lause überfressen,"
wurde ihm erklärt, und dabei blieb es.
Am nächsten Vormittag wurde der Rekrut Bompard
dem Arzt vorgeführt, da jene Naturerscheinung, die ihn
des Saufens oder der Völlerei verdächtig gemacht, in der
Nacht zum großen Verdruß seiner Schlafgenossen sich mehr-
fach wiederholt hatte. Nun, so etwas kann vorkommen;
darüber regt sich kein Arzt auf. „Magenkatarrh!" hieß es;
„hinlegen und tüchtig sasten." Da nun das tüchtigste Fasten
darin besteht, überhaupt nichts zu essen, erhielt der Rekrut
Bompard 36 Stunden lang gar keine Nahrung und dann
nur ein geringwertiges Süppchen. Das war am Abend.
Nach einer knappen Stunde aber war das Süppchen wieder
da, — Lenri hatte eine gehörige Portion Seife auf die
Krankenstation mitgenommen. Auf den entfprechenden Be-
richt am nächsten Vormittag verordnete der Arzt einfach:
„Weiter fasten!" So ein Magenkatarrh dauert manchmal
eben etwas länger.
Nach 36 Stundcn gab es wieder ein geringwertiges
Süppchen, das diesmal seinen Zweck erfüllte, der Ernäh-
rung des Rekruten Bompard zu dienen. „Na also!" fagte
der Arzt; „heute abend geben wir ihm etwas mehr." —
Dies Mehr war Suppe und Weißbrot. Seise beförderte
Petribrücke in Rostock
Das MitLel des kleinen Bompard
schon, die Geschichte würde nicht wieder kommen, — gleich
ging es von neuem los. And was hab'ich gemacht. Mon-
sieur Lenri? Ia, das werden Sie nicht raten. Seife hab'
ich gefreffen, Monsieur Lenri, gute, reine Kernseife, —
immer ein kleines Stückchen und tüchtig gekaut und mit
viel Wasser hinunter geschluckt, damit das Zeug sich auflöste
und keine Brocken wieder herauskamen. Manchmal freilich
hatte ich Angst, ich würde mir den Magen verätzen und
ein Magengeschwür kriegen, aber es war nicht so schlimm,
— ich alter Kerl vertrage heute alles, Monsieur Lenri,
gebratene Kieselsteine könnte ich effen."
-i- -l-
*
Äenri Bompard schien der sauberste Soldat seiner
Kompagnie werden zu wollen, so viel Seife nahm er von
seinem llrlaub mit, schöne neutrale Seise, mild und geruch-
los. Auf dem Brotteaux-Bahnhof in Lyon verzehrte er
das erste Stückchen. So lange hatte er noch niemals in
seinem Leben an einem Bissen gekaut, trotzdem ihm noch
niemals etwas so schlecht geschmeckt hatte. Zwei Flaschen
Mchywaffer trank er dazu. Sechs Minuten Weges hatte
er dann bis zur Kaserne. Als er in der Wachtftube seine
Meldung anbringen wollte, wurde er darin unterbrochen
durch ein peinliches Ereignis, das den Caporal veranlaßte,
ihn ein besoffenes Schwein zu nennen und ihm den Befehl
zu geben, sofort Eimer und Scheuerlappen zu holen und
den Dreck zu beseitigen. Lenri Bompard versicherte, und
das war die Wahrheit, er hätte nicht einen Tropfen Alkohol
genossen. „Dann hast du dich eben zu Lause überfressen,"
wurde ihm erklärt, und dabei blieb es.
Am nächsten Vormittag wurde der Rekrut Bompard
dem Arzt vorgeführt, da jene Naturerscheinung, die ihn
des Saufens oder der Völlerei verdächtig gemacht, in der
Nacht zum großen Verdruß seiner Schlafgenossen sich mehr-
fach wiederholt hatte. Nun, so etwas kann vorkommen;
darüber regt sich kein Arzt auf. „Magenkatarrh!" hieß es;
„hinlegen und tüchtig sasten." Da nun das tüchtigste Fasten
darin besteht, überhaupt nichts zu essen, erhielt der Rekrut
Bompard 36 Stunden lang gar keine Nahrung und dann
nur ein geringwertiges Süppchen. Das war am Abend.
Nach einer knappen Stunde aber war das Süppchen wieder
da, — Lenri hatte eine gehörige Portion Seife auf die
Krankenstation mitgenommen. Auf den entfprechenden Be-
richt am nächsten Vormittag verordnete der Arzt einfach:
„Weiter fasten!" So ein Magenkatarrh dauert manchmal
eben etwas länger.
Nach 36 Stundcn gab es wieder ein geringwertiges
Süppchen, das diesmal seinen Zweck erfüllte, der Ernäh-
rung des Rekruten Bompard zu dienen. „Na also!" fagte
der Arzt; „heute abend geben wir ihm etwas mehr." —
Dies Mehr war Suppe und Weißbrot. Seise beförderte