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Kriegschronik der Meggendorfer-Blatter, Münche«

Amerikanische Schiffahrt

— „Immcr näher, immer nähcr-— I

§>nrra, es brennl! Ietzt bin ich beleidigt, und mache

Krawall!"

Näherliegend

— „Ietzt kriegen wir nun auch die L^ohlensteuer."

— „Allerdings; ich kriege aber vorerst noch Kohlen."

Druckfehler (Aus einer Frenldenliste)

Äier angekommen: Sekretär Semmelmann mit Frau
und Butter.

Lehrer: „Nennt mir ein Amstandswort!"

Schüler: „Lebensmittelversorgung!

Genügsam

— „Wir haben in diesem Kriege gelernt, uns nach jeder
Richtung hin einzuschränken."

— „Gewiß; nun kann ich's aber,"

Zum satt machen

Mister Broomstick, der behagliche, wohlgenährte James
Broomstick, der sich gerade vor dem Kriege im freundlichen
Richmond an der Themse zur Ruhe gesetzt hat, zündete sich
neulich seine erste Abendpfeife an und nahm die„Daily Mail"
zur Land, als seine Gattin vernehmbar seufzte. Mister
Broomstick ließ die Zeitung sinken und wartete, was seine
Gattin zu sagen hätte.

Mistreß Broomstick begann: „Es ist schrecklich, lieber
Iames, aber ich weiß wirklich nicht mehr, wie ich mit der
Wirtschaft zurecht kommen soll. Es wird alles so viel teurer.
And wenn nun erst die deutschen !l-Boote-"

„Ansinn!" unterbrach sie Mister Broomstick. „Kein ver-
nünftiger Mensch in England wird sich dadurch schrecken
lassen. Mit denen sind wir in ein paar Wochen fertig."

Aber Mistreß Broomstick klagte weiter: „Du hast ja
keine Ahnung, was die Lebensmittel jetzt schon kosten. Es
ist ja alles noch einmal so teuer geworden, manche Dinge gar
zwei- bis dreimal so teuer wie früher. Das Fleisch, die Eier,
derSpeck, das Brot, die Fische,die Butter, der Tee, derZucker
und alles andere. Daß wir so etwas in England erleben müssen!"

Mister Broomstick machte eine abweisende Landbe-
wegung. „Ansinn, meine Liebe, so schlimm ist das alles
nicht. Das sind ganz geringe Anannehmlichkeiten. An die
denkt man nicht mehr, wenn man zum Beispiel so etwas
liest." Er entfaltete die Daily Mail. „Da, sieh einmal her:
Äungersnot in Deutschlandl — Sie haben kein Fleisch mehr!
— Ein Gramm Butter die Woche für jeden Deutschen! —
Ein Ei für je zwölf Personen! — Völliger Zuckermangel in
Deutschland! — Siehst du, die ganze Zeitung ist voll davon."

Mister Broomstick lachte behaglich. „Nun, meine Liebe,
ist das nicht prächtig? Das tröstet, das erhebt. Man muß
immer daran denken, wie wenig der Feind zu effen hat,
dann spürt man die eigenen kleinen Entbehrungen über-
haupt nicht."

„Von der Seite habe ich die Sache allerdings noch nicht
angesehn," sagte Mistreß Broomstick. „Du magst recht
haben, lieber Iames, und deshalb will ich dich nicht um
mehr Laushaltsgeld drängen." Damit war die Angelegen-
heit für diesen Abend erledigt. —

Als Mister Broomstick am nächsten Morgen sich zum
Frühstück sehte, erwarteten ihn einige Ueberraschungen.
Seine Gattin war nicht zugegen: sie hätte noch in der Küche
zu tun, hatte sie gesagt. Mister Broomstick goß sich eine
Taffe Tee ein. Das Getränk schien ihm merkwürdig hell;
er war gewöhnt, den Tee mindestens doppelt so stark ge-
braut zu haben An der Teekanne aber klebte ein Stück
Papier; es war ein Zeitungsausschnitt mit der fett ge-
druckten sleberschrift: Nicht eine Anze Tee kommt mehr
nach Deutschland hinein.

Mister Broomstick wollte sich seine gewohnten drei
Stücke Zucker nehmen. Er griff in die Zuckerdose; sie war
leer, aber es lag ein Zeitungsausschnitt darin: Zuckermangel
in Berlin. Er wollte sich Sahne in den Tee gießen, aber
im Sahnetöpfchen war nichts, nur ein Zeitungsfetzen mit
der Notiz: Erwachsene erhalten in Deutschland keine Milch
mehr. Er sah sich um, wo denn seine schön knusprig ge-
bratenen Speckschnitten wären. Sie waren nicht da, nur
die leere Platte, aber auf dieser lag ein jedenfalls aus der
Daily Mail stammender Ausschnitt: Die Deutschen haben
kein Fleisch mehr!-

Da kam Mistreß Broomstick ins Zimmer. Ihr Gatte
sah sie empört an. „Ia, sage mal, was bedeutet denn
das? Was sollen die Zeitungsausschnitte?"

Mistreß Broomstick lächelte ihn freundlich an. „Lesen
sollst du sie, lieber Iames, zum Früstück lesen. Du tatest
doch gestern so, als ob du davon satt würdest." -on.
 
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