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Nr. 1373 Zeitschrift für Humor und Kunst 45

Daü kommt

Deserteur müffe totgemacht werden. And darauf freute
der Anselm sich. An Muttis Schmerz konnte er nicht so
recht glauben. Denn die Mutti hätte ihn ja hauen können.
Aber bloß Ausschimpfen? Nee! Da mochte es nicht weit
her sein mit seinem Verbrechen. Er fragte die Inge, ob sie
den Soldaten halten wollte, wenn er ihm den Kopf abschlage.
Llnd dann nahm er den Äammer und schlug zu. Der feige
Soldat! Wie der schrie! Aber nein, nicht der Soldat...
die Inge schrie, denn der Lammer war ihr mitten auf den
Nagel geschlagen am Daumen. Der leuchtete nun blutig
rot. Wie stolz war da der Anselm. „Sei doch nich so
tumm, Inge!" rief er. „Der Soldat muß doch bluten, wenn
man ihm einen Kopf abhackt." !lnd als nun die Mutti
herbcikam, angelockt durch den Spektakel, da rief der Anselm
nochmal: „Nee, Mutti, is die Inge tumm ... die weiß noch
nicht, daß 's blut', wenn man jemandem den Kopf abhaut."

Die Mutti schien das auch nicht zu wissen, denn als sie
Inge und ihren Finger sah, kamen auch ihr die Tränen. „Du
unge-unge—ungezogner Bube," wetterte sie unter Weinen.
And jcdesmal setzte es etwas. Aber es tat nicht weh.
Der Anselm wußte ja: Bei der Mutti tut es überhaupt
nicht weh. So konnten ihm die Liebe nicht imponieren.
!lnd dann ... die Mutti weinte ... sie heulte ... Sie war
halt auch bloß 'n Mädel! Anselm verließ das Zimmer, die
Mutti aber verband der Kleinen den Daumen und ging
dann .. . zum Schreibtisch und teilte dem Vati den ganzen
Vorfall mit: Sie wisse sich mit dem Bengel keinen Rat mehr.
!lnd es sei ein Iammer: Alle Buben seien im Kriege so
ungezogen geworden. — Das las sie dem Anselm vor.
„War ich denn früher artiger?" fragte er da. „Natürlich,"
sagte die Mutti. „Nur jetzt bist du so bös, weil du den
Vati nicht mehr zu fürchten brauchst."

„Früher war ich aber auch noch ein Kind und jetzt bin ich
schon sast sieben Iahr, du!" Er sah sehr ernst und nachdenk-
lich aus. Es schien, als glaubte er nicht so ganz fest an die
Artigkeit seiner vergangenen Kinderzeit. !lnd was tat die
gute Mutti? Sie schickte den Brief nicht ab. Sie wollte
dem Vati keine Sorgen machen im Felde.

Doch der liebe Gott sskber sorgt schon dafür, daß die
Kinder nicht zu unartig werden, und siehe da: Eines Tages
kam die Feldpostnachricht, der Vati würde in wenigen Tagen
wieder zu Lause sein. Er svllte einen Transport leiten und
bliebe dann acht ganze Tage bei der Mutti und den Kindern.

Nach zwei Tagen schon stand in Anselms Schulheft
wieder ein Spruch des Fräulein Maulhaber, und wieder
hatte der Amselm ihn nicht gelesen ... obwohl er nun auch
die lateinischen Buchstaben kannte. !lnd wieder las ihn die
Mutti, aber diesmal strahlte sie über das ganze Gcsicht,
denn die Worte lauteten:

„Der Schüler Anselm gibt sich jetzt Mühe und schreibt
sauber."

Da war die Mutti sehr stolz. !lnd sie sagte zu ihrer
Schwester, der Tante Lise:

„Mein pädagogisches Eyflem hat sich wieder einmal
als gut bewährt. Mit Güte soll man seine Kinder erziehen.
Ich habe an Anselms Lerz appelliert, und schon seht ihr
den Erfolg, etwa nicht?"

Die Tante Lise aber war mit dem Räuber sehr befreun-
det. !lnd deswegen durfte er oft zu ihr kommen und mit
dem Peter und dem !lllu spielen, obwohl das nie ohne
Keilerei vor sich ging.

Am Tage bevor der Vati kam, war der Anselm wieder
einmal bei der Tante und den Kindern, aber diesmal waren
alle musterhaft artig. !lnd der Räuber duldete es sogar,
daß der Peter gewann. Früher hatte er beim Pferdchen-
spiel mit den Würfeln sein Pferd immer ein paar Felder
weitergerückt, als ihm nach Wurf und Recht zukam, aber
diesmal wachte er mit Argusaugen darüber, daß alles seine
Richtigkeit hatte. !lnd als nachher auch der Onkel Fred
kam, ging er artig und bescheiden auf ihn zu und gab ihm
die Land. !lnd er zwickte auch nicht ein ganz klein bißchen
dabei. Im Gegenteil: Er macht sogar einen Diener. !lnd
setzte sich bescheiden neben den Onkel und fragtel „Darf
ich mal etwas sagen, Onkel Fred?"

„Nanu, Räuber, was gibt's denn?"

„Is ein Iunge artig, der beim Spielen nich moogelt?"

„Sehr artig!"

»IIIII

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