Die Blih-- und Donnerkuh
Trotzdem versuchte ich es,
trat mit drohenden Blicken auf
sie zu und machte mit geballten
Fäusten einen forschen Schein-
angriff auf sie.
Aber das rührte sienicht, oder
sie hielt es für einen gelungenen
Spaß. Denn sie blinzelte mich
mit ihren großen Augen vertrau-
ljch an und begleitete dieses mit
einem freundschaftlichen Ohren-
wackeln.
„Auf diese Weise wird nicht
viel zu erreichen sein," stieß ich
ärgerlich hervor.
„Packe sie doch bei den Lör-
nern," riet meine Frau mutig.
„Daß sie mir ein Loch in die
Weste reißt," entgegnete ich mehr
vom Standpunkt weiser Vorsicht.
Lilf- und ratlose Pause.
„Wie das abscheuliche Tier
nur hereingekommen sein mag?"
nahm meine Frau das Thema
wieder auf.
„Die Frage ist leicht genug
zu beantworten," gab ich ingrim-
mig und mit einem wehmütigen
Blick auf die halb aus ihren
Angeln geriffene Gartentür zu-
rück. „Sie wird sich aus dem
heimischen Stalle losgemacht ha-
ben, um sich noch einige saftige
Kräutlein zum Nachtessen zu su-
chen. And da hat sie unsre schönen
Teerosen gesehen, und, weil sie
die Glocke nicht gleich gefunden,
hat sie die Tür einfach eingestoßen
und da ist sie nun. And einen
höflichen .Guten Abend" hat sie
uns ja auf ihre Weise geboten."
„Aber was, um Äimmels willen, sollen wir nun an-
sangen?"
Das war allerdings eine ebenso berechtigte, wie schwie-
rige Frage. Auf Kühe waren wir trotz unsrer großen Tier-
sreundlichkeit nicht eingerichtet; hier draußen konnten wir
sie doch auch nicht liegen lassen, obwohl sie auf Nosen
gebettet war, und wer weiß, was sie nicht schließlich in
einem Anfall übermütiger Laune aus unserm wohlgepflegten
Gärtchen noch machte.
„Vielleicht könnten wir die Feuerwehr rufen?" schlug
meine Frau zögernd vor in einer dunklen Ideenverbindung
von gestürzten Tieren mit dieser so segensreichen und viel-
seitigen Jnstitution. Aber mit einem energischen Kopf-
schütteln verwarf ich diesen wohlgemeinten Rat. „Da
müßten wir zum mindesten zuvor die Feuerglocke läuten,"
warf ich ein. „Denn wie anders sollten wir diese ehren-
werte Gesellschaft auf unserm Dorf zusammentrommeln?
And das gäbe einen schönen Aufruhr. Nein, nein, dieses
nicht, Geliebte!"
Aber da änderte sich plötzlich die Situation. Mit
einem jähen Ruck sprang die Kuh in die Löhe, sah sich eine
Weile unschlüssig um und trat dann kurz entschloffen auf
mich zu und fuhr mir mit ihrer rauhen Zunge über mein
Galant Dame: „Entschuldigen Sie, dürste ich auch mal durch's Fenster schauen?"
Äerr: „Bitte ... stecken Sie nur den Kopf durch!"
bleiches Gesicht, was zur Folge hatte, daß ich sechs Tage
nicht zum Rasieren zu gehen brauchte.
So sehr ich auch anfangs über die Absicht der Kuh
im unklaren gewesen war, so mußte ich doch konstatieren,
daß diese Art der Annäherung ein Zeichen von unbedingter
Gutartigkeit war und ich gab also dem unschuldigen Tier
seine rauhe Liebkosung zurück, indem ich es an den Ohren
kraute. Mittlerweile war aber mit meiner Frau eine merk-
würdige Veränderung vorgegangen. Sie, die bis jetzt ein
Gemisch von Angst und Verdrüß gewesen war, wurde auf
einmal gespannteste Aufmerksamkeit und raffinierte Be-
rechnung gewordener weiblicher Instinkt. Mit diesem
Ausdruck betrachtete sie die Kuh. Dann wandte sie sich
zu mir. Mit jener unsicheren Scheu, wie sie ein ge-
heimnisvolles Begehren von nicht ganz stubenreiner Be°
schaffenheit in sonst anständigen Gemütern erzeugt. „Du,"
sagte sie im Flüstertone, „betrachte doch mal das Euter
der Kuh."
Ich tat es.
„Wie das strotzt! Das gäbe mindeftens sechs Liter
Milch. Llnd was könnten wir nicht mit sechs Litern Milch
bei unserm kläglichen Quart pro Tag anfangen?"
Eindringlicher und verführerischer kcnn Eva dem Adam
auch den verwünschten Apfel nicht dargeboten haben und
Trotzdem versuchte ich es,
trat mit drohenden Blicken auf
sie zu und machte mit geballten
Fäusten einen forschen Schein-
angriff auf sie.
Aber das rührte sienicht, oder
sie hielt es für einen gelungenen
Spaß. Denn sie blinzelte mich
mit ihren großen Augen vertrau-
ljch an und begleitete dieses mit
einem freundschaftlichen Ohren-
wackeln.
„Auf diese Weise wird nicht
viel zu erreichen sein," stieß ich
ärgerlich hervor.
„Packe sie doch bei den Lör-
nern," riet meine Frau mutig.
„Daß sie mir ein Loch in die
Weste reißt," entgegnete ich mehr
vom Standpunkt weiser Vorsicht.
Lilf- und ratlose Pause.
„Wie das abscheuliche Tier
nur hereingekommen sein mag?"
nahm meine Frau das Thema
wieder auf.
„Die Frage ist leicht genug
zu beantworten," gab ich ingrim-
mig und mit einem wehmütigen
Blick auf die halb aus ihren
Angeln geriffene Gartentür zu-
rück. „Sie wird sich aus dem
heimischen Stalle losgemacht ha-
ben, um sich noch einige saftige
Kräutlein zum Nachtessen zu su-
chen. And da hat sie unsre schönen
Teerosen gesehen, und, weil sie
die Glocke nicht gleich gefunden,
hat sie die Tür einfach eingestoßen
und da ist sie nun. And einen
höflichen .Guten Abend" hat sie
uns ja auf ihre Weise geboten."
„Aber was, um Äimmels willen, sollen wir nun an-
sangen?"
Das war allerdings eine ebenso berechtigte, wie schwie-
rige Frage. Auf Kühe waren wir trotz unsrer großen Tier-
sreundlichkeit nicht eingerichtet; hier draußen konnten wir
sie doch auch nicht liegen lassen, obwohl sie auf Nosen
gebettet war, und wer weiß, was sie nicht schließlich in
einem Anfall übermütiger Laune aus unserm wohlgepflegten
Gärtchen noch machte.
„Vielleicht könnten wir die Feuerwehr rufen?" schlug
meine Frau zögernd vor in einer dunklen Ideenverbindung
von gestürzten Tieren mit dieser so segensreichen und viel-
seitigen Jnstitution. Aber mit einem energischen Kopf-
schütteln verwarf ich diesen wohlgemeinten Rat. „Da
müßten wir zum mindesten zuvor die Feuerglocke läuten,"
warf ich ein. „Denn wie anders sollten wir diese ehren-
werte Gesellschaft auf unserm Dorf zusammentrommeln?
And das gäbe einen schönen Aufruhr. Nein, nein, dieses
nicht, Geliebte!"
Aber da änderte sich plötzlich die Situation. Mit
einem jähen Ruck sprang die Kuh in die Löhe, sah sich eine
Weile unschlüssig um und trat dann kurz entschloffen auf
mich zu und fuhr mir mit ihrer rauhen Zunge über mein
Galant Dame: „Entschuldigen Sie, dürste ich auch mal durch's Fenster schauen?"
Äerr: „Bitte ... stecken Sie nur den Kopf durch!"
bleiches Gesicht, was zur Folge hatte, daß ich sechs Tage
nicht zum Rasieren zu gehen brauchte.
So sehr ich auch anfangs über die Absicht der Kuh
im unklaren gewesen war, so mußte ich doch konstatieren,
daß diese Art der Annäherung ein Zeichen von unbedingter
Gutartigkeit war und ich gab also dem unschuldigen Tier
seine rauhe Liebkosung zurück, indem ich es an den Ohren
kraute. Mittlerweile war aber mit meiner Frau eine merk-
würdige Veränderung vorgegangen. Sie, die bis jetzt ein
Gemisch von Angst und Verdrüß gewesen war, wurde auf
einmal gespannteste Aufmerksamkeit und raffinierte Be-
rechnung gewordener weiblicher Instinkt. Mit diesem
Ausdruck betrachtete sie die Kuh. Dann wandte sie sich
zu mir. Mit jener unsicheren Scheu, wie sie ein ge-
heimnisvolles Begehren von nicht ganz stubenreiner Be°
schaffenheit in sonst anständigen Gemütern erzeugt. „Du,"
sagte sie im Flüstertone, „betrachte doch mal das Euter
der Kuh."
Ich tat es.
„Wie das strotzt! Das gäbe mindeftens sechs Liter
Milch. Llnd was könnten wir nicht mit sechs Litern Milch
bei unserm kläglichen Quart pro Tag anfangen?"
Eindringlicher und verführerischer kcnn Eva dem Adam
auch den verwünschten Apfel nicht dargeboten haben und