Zeitschrift für Huuror und Kunst
75
Eilig Leiratsvermittler: „Meine ge-
samte männliche Klientel ist im Feld."
Dame: „Aber kommt nicht hier und da mal einer in Arlaub?"
Die Vlitz- und Donnerkuh
folgte mir willig, als ich sie am Lalsband faßte, und
schien sich sehr über den neuen Stall zu freuen,
besonders über das elektrische Licht, das sie mit
naiver Verwunderung anstarrte, wie ein Bauer, der
zum ersten Male in ein Lotel kommt. Währenddeffen
hatte meine Frau einen Schemel und einen reinen
Eimer herbeigebracht, und obwohl der verfügbare
Raum dadurch etwas beschränkt wurde und die
Situation etwas aussah wie: Ein Mann, eine Frau
und eine Kuh in einer Passenden Kiste versandfertig
verpackt, so ging es doch und das Melkgeschäst be-
gann. Wir wechselten darin ab und Eifer und red-
liche Absicht ersetzten die mangelnde Aebung. Als
der Eimer halbvoll, zügelte ich als ehrlicher Mann
den Tatendrang meiner Frau.
„Ietzt laß es gut sein," sagte ich. „Wir wollen
uns daran genügen lassen, und wenn wir mehr nehmen,
merken es die Eigentümer schließlich."
Also stellten wir das Liebeswerk ein und zogen
uns mit unserer Beute in die Küche zurück, deren
Fenster wir verhängten, denn der Teufel sieht durch
die Ritzen.
Ach, was war das für ein Schwelgen! Milch
kalt und warm, Milchpudding und alles, was mit
Milch anfängt. Wir waren so versunken in unsere
Schlemmerei, daß wir auf alles ringsum, außen und
innen vergaßen. Von außen hätten wir ja ohnedies
nichts wahrnehmen können, da wir die Fenster, wie gesagt,
hermetisch verschlossen hatten, da fuhr plötzlich ein heftiger
Donnerschlag in unser harmloses Gelage.
Meine Frau tat einen heftigen Schrei und stieß ihre
Taffe mit dem lehten Rest Milch um; auch ich war erschreckt
aufgefahren. Wir hatten das Gewitter nicht kommen sehen
und nun überfiel es uns ganz unerwartet. Wer soll da
nicht erschrecken? Ich faßte mich jedoch rasch wieder und
sagte: „Es ist nichts, nur ein Gewitter."
So etwas dient ungemein zur Beruhigung angster-
füllter Menschen. Da prasselte ein neuer Schlag auf uns
hernieder, und auch den Schein des himmlischen Feuers
vermochten die dichten Vorhänge nicht abzuhalten.
„Iesus Maria," kreischte meine Frau.
Das Gewitter war allerdings ziemlich heftig, es war
ein beständiges Krachen und Rollen und Aufflackern greller
Blitze. Meine arme Frau saß da, wie das leibhaftige
Elend, ihr Gesicht ward bleicher und bleicher, ihre Augen
sanken förmlich ein, und ihre bebenden Lände hielt sie
krampfhaft ineinander geschlungen.
„Was hast du nur, Schatz," sragte ich besorgt über
solch eine ganz ungewöhnliche Erscheinung, „wir haben doch
schon mehr als solch ein Gewitter erlebt."
„Die Kuh," stieß aber da meine Frau plötzlich und mit
hohler Stimme hervor. „Die Kuh, die Kuh!"
„Die Kuh? Was ist denn mit der Kuh?" fragte ich
erstaunt.
Ein neuer Schlag, daß Fenster und Türen zitterten.
„Die Kuh, die Kuh; sie ist schuld an allem."
„An dem Gewitter?"
„Ia!"
Ein schrecklicher, bläulich fahler Kugelblitz.
„Das Laus wird uns über dem Kopf niederbrennen,
wenn die Kuh nicht aus dem Bereiche desselben kommt.
O Gott, o Gott, begreifst du denn gar nicht, Mann?"
Ich schüttelte stumm den Kopf. Was hatte eine Kuh
mit dem Gewitter zu tun? Kühe ziehen doch keine Blitze an!
„Das Gewitter ist ein Strafgericht für uns, weil wir
der Kuh die Milch genommen haben," schluchzte die Arme.
Ach so!
Ietzt kam ein Schlag, fo furchtbar, wie ich selbst noch
keinen erlebt hatte.
„Schaff die Kuh aus dem Lause, schaff die Kuh aus
dem Lause, oder mich lötet die Angst," kreischte meine
Frau. „Augenblicklich muß sie fort! Ich selbst will dir
helfen. Labe ich doch auch mit gefrevelt. Komm! —Doch
nein, warte noch," unterbrach sie mich, suchte in ihrem Geld-
beutel, nahm, so viel ich sehen konnte, ein Zweimarkstück
heraus, tat es in ein leeres Salzsäckchen, band es oben zu
und ließ die Enden des Bindsadens herunter hängen.
„Was hast du denn damit vor?" fragte ich argwöhnisch.
„willst du vielleicht einen kleinen Lokuspokus damit ver-
anstalten?"
„Es ist das Geld für die entnommene Milch," erwiderte
sie zähneklappernd. „Die Leute, denen die Kuh gehört, sollen
durch uns nicht zu Schaden kommen, und mein Gewissen will
ich rein erhalten. Wir binden das Säckchen der Kuh um
den Lals und dann jagen wir sie damit hinaus. Doch
jetzt laß uns eilen!" Sie ergriff ihren grünseidenen Sonnen-
schirm, setzte ihren neuen Federhut auf, drückte auch mir
ein altes Regendach in die Land und zog mich mit sich fort.
Ich war äußerst ungehalten über diese lächerliche Ko-
mödie, doch hier hieß es sich widerstandslos drein sügen, denn
der Gemütszustand meiner Frau drohte einen Paroxismus
heraufzubeschwören, der verderbliche Folgen haben konnte.
Das Wetter draußen war fürchterlich. Die elektrischen
Entladungen hatten zwar an Leftigkeit nachgelaffen, dafür
aber goß es wie mit Kübeln, und ein böiger Sturmwind
riß uns fast zu Boden und trieb auch sonst noch allerhand
ungemütliche Allotria mit uns. Als erstes nahm er meiner
Frau den Lut und führte ihn in lustigen Wirbeln davon.
Er wurde zum Glück später auf einem Kirschbaum in der
Nachbarschaft gefunden. Meinen Wetterkragen, den ich in
der Eile umgeworfen hatte, wand er mir um den Kops wie
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Eilig Leiratsvermittler: „Meine ge-
samte männliche Klientel ist im Feld."
Dame: „Aber kommt nicht hier und da mal einer in Arlaub?"
Die Vlitz- und Donnerkuh
folgte mir willig, als ich sie am Lalsband faßte, und
schien sich sehr über den neuen Stall zu freuen,
besonders über das elektrische Licht, das sie mit
naiver Verwunderung anstarrte, wie ein Bauer, der
zum ersten Male in ein Lotel kommt. Währenddeffen
hatte meine Frau einen Schemel und einen reinen
Eimer herbeigebracht, und obwohl der verfügbare
Raum dadurch etwas beschränkt wurde und die
Situation etwas aussah wie: Ein Mann, eine Frau
und eine Kuh in einer Passenden Kiste versandfertig
verpackt, so ging es doch und das Melkgeschäst be-
gann. Wir wechselten darin ab und Eifer und red-
liche Absicht ersetzten die mangelnde Aebung. Als
der Eimer halbvoll, zügelte ich als ehrlicher Mann
den Tatendrang meiner Frau.
„Ietzt laß es gut sein," sagte ich. „Wir wollen
uns daran genügen lassen, und wenn wir mehr nehmen,
merken es die Eigentümer schließlich."
Also stellten wir das Liebeswerk ein und zogen
uns mit unserer Beute in die Küche zurück, deren
Fenster wir verhängten, denn der Teufel sieht durch
die Ritzen.
Ach, was war das für ein Schwelgen! Milch
kalt und warm, Milchpudding und alles, was mit
Milch anfängt. Wir waren so versunken in unsere
Schlemmerei, daß wir auf alles ringsum, außen und
innen vergaßen. Von außen hätten wir ja ohnedies
nichts wahrnehmen können, da wir die Fenster, wie gesagt,
hermetisch verschlossen hatten, da fuhr plötzlich ein heftiger
Donnerschlag in unser harmloses Gelage.
Meine Frau tat einen heftigen Schrei und stieß ihre
Taffe mit dem lehten Rest Milch um; auch ich war erschreckt
aufgefahren. Wir hatten das Gewitter nicht kommen sehen
und nun überfiel es uns ganz unerwartet. Wer soll da
nicht erschrecken? Ich faßte mich jedoch rasch wieder und
sagte: „Es ist nichts, nur ein Gewitter."
So etwas dient ungemein zur Beruhigung angster-
füllter Menschen. Da prasselte ein neuer Schlag auf uns
hernieder, und auch den Schein des himmlischen Feuers
vermochten die dichten Vorhänge nicht abzuhalten.
„Iesus Maria," kreischte meine Frau.
Das Gewitter war allerdings ziemlich heftig, es war
ein beständiges Krachen und Rollen und Aufflackern greller
Blitze. Meine arme Frau saß da, wie das leibhaftige
Elend, ihr Gesicht ward bleicher und bleicher, ihre Augen
sanken förmlich ein, und ihre bebenden Lände hielt sie
krampfhaft ineinander geschlungen.
„Was hast du nur, Schatz," sragte ich besorgt über
solch eine ganz ungewöhnliche Erscheinung, „wir haben doch
schon mehr als solch ein Gewitter erlebt."
„Die Kuh," stieß aber da meine Frau plötzlich und mit
hohler Stimme hervor. „Die Kuh, die Kuh!"
„Die Kuh? Was ist denn mit der Kuh?" fragte ich
erstaunt.
Ein neuer Schlag, daß Fenster und Türen zitterten.
„Die Kuh, die Kuh; sie ist schuld an allem."
„An dem Gewitter?"
„Ia!"
Ein schrecklicher, bläulich fahler Kugelblitz.
„Das Laus wird uns über dem Kopf niederbrennen,
wenn die Kuh nicht aus dem Bereiche desselben kommt.
O Gott, o Gott, begreifst du denn gar nicht, Mann?"
Ich schüttelte stumm den Kopf. Was hatte eine Kuh
mit dem Gewitter zu tun? Kühe ziehen doch keine Blitze an!
„Das Gewitter ist ein Strafgericht für uns, weil wir
der Kuh die Milch genommen haben," schluchzte die Arme.
Ach so!
Ietzt kam ein Schlag, fo furchtbar, wie ich selbst noch
keinen erlebt hatte.
„Schaff die Kuh aus dem Lause, schaff die Kuh aus
dem Lause, oder mich lötet die Angst," kreischte meine
Frau. „Augenblicklich muß sie fort! Ich selbst will dir
helfen. Labe ich doch auch mit gefrevelt. Komm! —Doch
nein, warte noch," unterbrach sie mich, suchte in ihrem Geld-
beutel, nahm, so viel ich sehen konnte, ein Zweimarkstück
heraus, tat es in ein leeres Salzsäckchen, band es oben zu
und ließ die Enden des Bindsadens herunter hängen.
„Was hast du denn damit vor?" fragte ich argwöhnisch.
„willst du vielleicht einen kleinen Lokuspokus damit ver-
anstalten?"
„Es ist das Geld für die entnommene Milch," erwiderte
sie zähneklappernd. „Die Leute, denen die Kuh gehört, sollen
durch uns nicht zu Schaden kommen, und mein Gewissen will
ich rein erhalten. Wir binden das Säckchen der Kuh um
den Lals und dann jagen wir sie damit hinaus. Doch
jetzt laß uns eilen!" Sie ergriff ihren grünseidenen Sonnen-
schirm, setzte ihren neuen Federhut auf, drückte auch mir
ein altes Regendach in die Land und zog mich mit sich fort.
Ich war äußerst ungehalten über diese lächerliche Ko-
mödie, doch hier hieß es sich widerstandslos drein sügen, denn
der Gemütszustand meiner Frau drohte einen Paroxismus
heraufzubeschwören, der verderbliche Folgen haben konnte.
Das Wetter draußen war fürchterlich. Die elektrischen
Entladungen hatten zwar an Leftigkeit nachgelaffen, dafür
aber goß es wie mit Kübeln, und ein böiger Sturmwind
riß uns fast zu Boden und trieb auch sonst noch allerhand
ungemütliche Allotria mit uns. Als erstes nahm er meiner
Frau den Lut und führte ihn in lustigen Wirbeln davon.
Er wurde zum Glück später auf einem Kirschbaum in der
Nachbarschaft gefunden. Meinen Wetterkragen, den ich in
der Eile umgeworfen hatte, wand er mir um den Kops wie