Zeitschrift fiir Hnmor und Kuust 91
f'
Llmwertung " „Gesteh's mir, Kusinchen: vor dem Krieg, als ich noch Pennäler war, hast du mich doch
rechl über die Achsel angesehn."
— „Das hat Papa wohl gemeint, als er neulich sagte, der Krieg hätte uns die eigentlichen
Werte kennen gelehrt."
Die Kriegsbriketts
Auch für heute abend hatte Frau Baurat Onkel Christian
zum „Kriegsabendessen" büten lassen. — „Aha, da soll der
Iunggeselle w'eder einmal angegangen werden, was er mit
seinen Mehlmarken und Zuckermarken anfängt," dachte Onkel
Chriüian, als ihm Lili die Einladung am Telcphon ausrichrete.
Ganz so war es nicht, aber der Nebenzweck stellte sich bald
heraus. Nackdcm das Abendessen bewältigt war (Onkel
Ehristian hatte vorsorglich „betoniert"), eröffnete die Frau
Baurat, jetzt „begänne die Arbeit." Kriegsbriketts sollten
fabriziert werden. Alle Vorbereitungen waren schon ge-
troffen, und ohne daß ein W-derspruch überhaupt möglich
war, traf die Frau Baurat ihre Dispositionen mit dem
ordnungsgebietenden Blick eines Fabrikinspektors. Alles
wurde um den großen Tisch im Eßzimmer gruppiert. Zu-
erst kam ein großer Stapel Z.itungen, die aussahen, als
wenn sie eben aus der Badewanne gezogen wären. Es
war auch so. Daneben wurde Onkel Cbristian postiert.
Dann kam ein Eimer mit einer schwarzen schmierigen Masse,
das war feuchte Asche. Dann kam Lili. Darauf kam Mama,
die Lauptperson. And endlich kamen Mlmi und Zizi, das
Kleinchen. Der Arbeitsprozeß vollzog sich nun in folgender
Weise: Onkel Cbristian mußte immer eine der angefeuchteten
Zeitungen vom Stapel nehmen und Lili hinrcichen. L>li gab
mit dem Kohlenlöffel aus dem Eimer ein kleines Ääufchen
Asche darauf. Davei war Gelegenheit, oaß sich die beiden
oftmals in die Augen sehen mußten und auch ihre Finger
in anmutiger Absichrslostgkeit sich berübren konnten. Das
hatte die Frau Baurat klug so eingerichtet. Nachdem die
Ascbe daraufgelegt worden war wanderte Papier und Asche
zur Frau Baurat. Die wickelte die Asche ins Papier ein,
wie man ein Stück Wurst einmacht, und produzierte auf
diese Weise kleine klebrige Päckchen, von denen sie be-
hauptete, sie hätten „akkurat genau" die Form von Briketts.
Mimi und Zizi mußten die Briketts dann in eincn Kohlen-
kasten aufstapeln. So war die Arbeit ichön verteilt. Es
stellte sich aber bald heraus, daß Onkel Christian nicht ganz
qualifi^ert war, denn er nabm zu viele Zeitungsblätter auf
einmal. Daß ec das lat. damit die ihm unbehagliche Ar-
beit schneüer zu Ende käme, dachte sich wobl jeder, aber
es wurde nicht ausgesprochen. Man konftatierte nur, daß
Onkel Christian N'cht einmal bis drei zählen könnte, denn
jedesmal drei aufeinanderliegende Ze tungsblätter sollte er
vom Stapel nebmen und Lili zureichen. Da er das nicht
zur Zufriedenheit konnte, war es nötia, daß Zizi, das Klein-
chen, an den Anfang des Arbcitsprozesses versetzt wurde
und dem Onkel immer die drei Blätter zuzählte. Zizi, das
Kleinchen, konnte nämlich bereits bis drei zählen. Nun
wäre Onkel Christian eigentlich entbehrlich gewesen, denn
Zizi konnte die Blätrer ebensogut gleich Lili hnchalien.
Aber die Frau Baurat ließ ihn nicht aus. „Keine Fahnen-
siucht" kommandierte sie. Es mußte der aanze Stapel auf-
gearbeitet werden. Das würde genau 300 Stück Briketts
abgeben, es war alles richtig abgezählt.
„Mein Lebtag hab' ich einen heiligen Rekpekt gehabt
vor Lauefleiß in jederlei Gestalt," siöhnte Onkel Christian.
„Was Länschen nicht lernt, lernt Lans nimmermehr,"
mußte ibm Frau Baurat versetzen.
„Lab' es immer so einzurichten versucht, daß die anderen
die fleißigen sind," schämte sich dieser Schmarotzer nicht, zu
bekennen.
Dann solle er sich doch wenigstens eine recht fleißige
Frau aussuchen, konnte sich Frau Baurat nicht enthalten
anzutippen.
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Llmwertung " „Gesteh's mir, Kusinchen: vor dem Krieg, als ich noch Pennäler war, hast du mich doch
rechl über die Achsel angesehn."
— „Das hat Papa wohl gemeint, als er neulich sagte, der Krieg hätte uns die eigentlichen
Werte kennen gelehrt."
Die Kriegsbriketts
Auch für heute abend hatte Frau Baurat Onkel Christian
zum „Kriegsabendessen" büten lassen. — „Aha, da soll der
Iunggeselle w'eder einmal angegangen werden, was er mit
seinen Mehlmarken und Zuckermarken anfängt," dachte Onkel
Chriüian, als ihm Lili die Einladung am Telcphon ausrichrete.
Ganz so war es nicht, aber der Nebenzweck stellte sich bald
heraus. Nackdcm das Abendessen bewältigt war (Onkel
Ehristian hatte vorsorglich „betoniert"), eröffnete die Frau
Baurat, jetzt „begänne die Arbeit." Kriegsbriketts sollten
fabriziert werden. Alle Vorbereitungen waren schon ge-
troffen, und ohne daß ein W-derspruch überhaupt möglich
war, traf die Frau Baurat ihre Dispositionen mit dem
ordnungsgebietenden Blick eines Fabrikinspektors. Alles
wurde um den großen Tisch im Eßzimmer gruppiert. Zu-
erst kam ein großer Stapel Z.itungen, die aussahen, als
wenn sie eben aus der Badewanne gezogen wären. Es
war auch so. Daneben wurde Onkel Cbristian postiert.
Dann kam ein Eimer mit einer schwarzen schmierigen Masse,
das war feuchte Asche. Dann kam Lili. Darauf kam Mama,
die Lauptperson. And endlich kamen Mlmi und Zizi, das
Kleinchen. Der Arbeitsprozeß vollzog sich nun in folgender
Weise: Onkel Cbristian mußte immer eine der angefeuchteten
Zeitungen vom Stapel nehmen und Lili hinrcichen. L>li gab
mit dem Kohlenlöffel aus dem Eimer ein kleines Ääufchen
Asche darauf. Davei war Gelegenheit, oaß sich die beiden
oftmals in die Augen sehen mußten und auch ihre Finger
in anmutiger Absichrslostgkeit sich berübren konnten. Das
hatte die Frau Baurat klug so eingerichtet. Nachdem die
Ascbe daraufgelegt worden war wanderte Papier und Asche
zur Frau Baurat. Die wickelte die Asche ins Papier ein,
wie man ein Stück Wurst einmacht, und produzierte auf
diese Weise kleine klebrige Päckchen, von denen sie be-
hauptete, sie hätten „akkurat genau" die Form von Briketts.
Mimi und Zizi mußten die Briketts dann in eincn Kohlen-
kasten aufstapeln. So war die Arbeit ichön verteilt. Es
stellte sich aber bald heraus, daß Onkel Christian nicht ganz
qualifi^ert war, denn er nabm zu viele Zeitungsblätter auf
einmal. Daß ec das lat. damit die ihm unbehagliche Ar-
beit schneüer zu Ende käme, dachte sich wobl jeder, aber
es wurde nicht ausgesprochen. Man konftatierte nur, daß
Onkel Christian N'cht einmal bis drei zählen könnte, denn
jedesmal drei aufeinanderliegende Ze tungsblätter sollte er
vom Stapel nebmen und Lili zureichen. Da er das nicht
zur Zufriedenheit konnte, war es nötia, daß Zizi, das Klein-
chen, an den Anfang des Arbcitsprozesses versetzt wurde
und dem Onkel immer die drei Blätter zuzählte. Zizi, das
Kleinchen, konnte nämlich bereits bis drei zählen. Nun
wäre Onkel Christian eigentlich entbehrlich gewesen, denn
Zizi konnte die Blätrer ebensogut gleich Lili hnchalien.
Aber die Frau Baurat ließ ihn nicht aus. „Keine Fahnen-
siucht" kommandierte sie. Es mußte der aanze Stapel auf-
gearbeitet werden. Das würde genau 300 Stück Briketts
abgeben, es war alles richtig abgezählt.
„Mein Lebtag hab' ich einen heiligen Rekpekt gehabt
vor Lauefleiß in jederlei Gestalt," siöhnte Onkel Christian.
„Was Länschen nicht lernt, lernt Lans nimmermehr,"
mußte ibm Frau Baurat versetzen.
„Lab' es immer so einzurichten versucht, daß die anderen
die fleißigen sind," schämte sich dieser Schmarotzer nicht, zu
bekennen.
Dann solle er sich doch wenigstens eine recht fleißige
Frau aussuchen, konnte sich Frau Baurat nicht enthalten
anzutippen.