136 Meggendorfer-Blätter, München
Der Niemenmarder
Eine Hasengeschichte Von Lans Sollinger
Lerr und Frau Zollrevisor Lobesang waren eben mit
dem Mittageffen sertig geworden.
Jn der Mitte des traulich gedeckten Tisches stand eine
leere weiße Porzellanplatte, welche, wie Zollrevisor Lobesang
eben wieder erklärte, gemäß Position 733 des Zolltariss nach
dem Satze von 25 Mark für einen Doppelzentner verzollt
hätte werden müssen, wenn er sie, wie erst beabsichtigt, drüben
im Oesterreichischen beispielsweise beim bürgerlichen Geschirr-
händler Pointeneder und nicht im Kaushaus Schlemminger
in der Buttermelcherstraße zu Nürnberg gekauft hätte.
Diese Porzellanplatte sah so schön und sauber aus, daß
jeder Aneingeweihte gemeint hätte, sie wäre lediglich der
Zierde halber aus den Tisch gestellt worden, was aber
keineswegs zutraf. Sie diente im Gegenteil sehr praktischen
Zwecken. Vor zehn Minuten noch hatte ein ausnehmend
schöner und appetitlich duftender Lasenziemer darauf ge-
legen. Das heißt: Ieder hätte diese Speise für einen solchen
gehalten, wenn er sie bloß angeschaut, aber nicht auch ver-
kostet haben würde. In Wirklichkeit jedoch war sie nur
die Nachahmung eines Lasenziemers. Frau Zollrevisor
Lobesang verstand sich nämlich auf die Zubereitung solcher
kriegsmäßigen Ersatzspeisen ganz vorzüglich und brauchte
dazu außer Semmeln, Salz, Pfeffer und einigen anderen
Gewürzen nichts, was nicht in ihrem kleinen Gemüse- und
Wurzelgärtchen gewachsen wäre.
Aber trohdem dieser falsche Lasenziemer ausgezeichnet
war, meinte §>err Zollrevisor Lobesang:
„Ledwig, nimm mir's nicht übel, aber wenn ich zu
meinem Geburtstag cinen echten Lasenziemer bekommen
könnte, dann..... geh, was meinst d' denn, Ledwigerl?"
Als vernünftige Frau zeigte sich Frau Zollrevisor Lobesang
keineswegs beleidigt wegen dieses nicht ganz schrankcnloscn
Lobes, sie antwortete vielmehr: „Natürlich, Nepomuck, dann
kaufen wir eben zu deinem Geburtstag einen Lasen!"
Zollrevisor Lobesang war dadurch so gerührt, daß er
die Lände seines gescheiten Weibchens in die seinen nahm
und sie zart streichelte.
„And er wird uns, wenn wir ihn nur richtig ausnühen,
gar nicht einmal so arg teuer kommen," sagte Zollrevisor
Lobesang so zart und so süß, wie es ein gewöhnlich bloß
rauhe Töne von sich gebender Zöllner überhaupt nur fertig
bringen kann. „Für das Fell allein gibt uns bei den jetzigen
Preisverhältniffen der Lutmacher Köpfle siebzig bis achtzig
Pfennige!"
„klnd das Lasenjung, das du sowieso nicht magst, kauft
uns sicher die Frau Oberaufseher Schmalhanz ab!" suhr
Frau Zollrevisor Lobesang eisrig weiter. „And die vier
Pfoten verehre ich meincm Amtsvorstand. Der kann zum
Schreibtischabstauben und zum Federauswischen ja, sowieso
nie genug auftreiben! Das gibt einen dienstsreien Tag!"
„And das kleine weiße Schwänzlein kriegt Sekretärs
Lieschen. Die will sowieso immer eines,, seitdem sie neulich
gesehen hat, wie das Mäxlein vom Lausherrn mit einem
solchen gespielt hat!"
Kurzum, die Sache wurde reiflich besprochen, und endlich
kam der Beschluß zustandc, daß zu Zollrevisor Lobesangs
Geburtstag ein Lase gekauft werden sollte. Die Gelegen-
heit hiezu bot sich sehr bald, denn die Ländlerin Biersack
hatte schon drei Tage späler cinen Lasen zu verkaufen,
der ein wahrer Riese seiner Gattung war. Allerdings kam
er der Frau Zollrevisor Lobesang etwas tcuer vor, denn
er kostete zehu Mark und um keinen Pseunig weniger.
Der Niemenmarder
Eine Hasengeschichte Von Lans Sollinger
Lerr und Frau Zollrevisor Lobesang waren eben mit
dem Mittageffen sertig geworden.
Jn der Mitte des traulich gedeckten Tisches stand eine
leere weiße Porzellanplatte, welche, wie Zollrevisor Lobesang
eben wieder erklärte, gemäß Position 733 des Zolltariss nach
dem Satze von 25 Mark für einen Doppelzentner verzollt
hätte werden müssen, wenn er sie, wie erst beabsichtigt, drüben
im Oesterreichischen beispielsweise beim bürgerlichen Geschirr-
händler Pointeneder und nicht im Kaushaus Schlemminger
in der Buttermelcherstraße zu Nürnberg gekauft hätte.
Diese Porzellanplatte sah so schön und sauber aus, daß
jeder Aneingeweihte gemeint hätte, sie wäre lediglich der
Zierde halber aus den Tisch gestellt worden, was aber
keineswegs zutraf. Sie diente im Gegenteil sehr praktischen
Zwecken. Vor zehn Minuten noch hatte ein ausnehmend
schöner und appetitlich duftender Lasenziemer darauf ge-
legen. Das heißt: Ieder hätte diese Speise für einen solchen
gehalten, wenn er sie bloß angeschaut, aber nicht auch ver-
kostet haben würde. In Wirklichkeit jedoch war sie nur
die Nachahmung eines Lasenziemers. Frau Zollrevisor
Lobesang verstand sich nämlich auf die Zubereitung solcher
kriegsmäßigen Ersatzspeisen ganz vorzüglich und brauchte
dazu außer Semmeln, Salz, Pfeffer und einigen anderen
Gewürzen nichts, was nicht in ihrem kleinen Gemüse- und
Wurzelgärtchen gewachsen wäre.
Aber trohdem dieser falsche Lasenziemer ausgezeichnet
war, meinte §>err Zollrevisor Lobesang:
„Ledwig, nimm mir's nicht übel, aber wenn ich zu
meinem Geburtstag cinen echten Lasenziemer bekommen
könnte, dann..... geh, was meinst d' denn, Ledwigerl?"
Als vernünftige Frau zeigte sich Frau Zollrevisor Lobesang
keineswegs beleidigt wegen dieses nicht ganz schrankcnloscn
Lobes, sie antwortete vielmehr: „Natürlich, Nepomuck, dann
kaufen wir eben zu deinem Geburtstag einen Lasen!"
Zollrevisor Lobesang war dadurch so gerührt, daß er
die Lände seines gescheiten Weibchens in die seinen nahm
und sie zart streichelte.
„And er wird uns, wenn wir ihn nur richtig ausnühen,
gar nicht einmal so arg teuer kommen," sagte Zollrevisor
Lobesang so zart und so süß, wie es ein gewöhnlich bloß
rauhe Töne von sich gebender Zöllner überhaupt nur fertig
bringen kann. „Für das Fell allein gibt uns bei den jetzigen
Preisverhältniffen der Lutmacher Köpfle siebzig bis achtzig
Pfennige!"
„klnd das Lasenjung, das du sowieso nicht magst, kauft
uns sicher die Frau Oberaufseher Schmalhanz ab!" suhr
Frau Zollrevisor Lobesang eisrig weiter. „And die vier
Pfoten verehre ich meincm Amtsvorstand. Der kann zum
Schreibtischabstauben und zum Federauswischen ja, sowieso
nie genug auftreiben! Das gibt einen dienstsreien Tag!"
„And das kleine weiße Schwänzlein kriegt Sekretärs
Lieschen. Die will sowieso immer eines,, seitdem sie neulich
gesehen hat, wie das Mäxlein vom Lausherrn mit einem
solchen gespielt hat!"
Kurzum, die Sache wurde reiflich besprochen, und endlich
kam der Beschluß zustandc, daß zu Zollrevisor Lobesangs
Geburtstag ein Lase gekauft werden sollte. Die Gelegen-
heit hiezu bot sich sehr bald, denn die Ländlerin Biersack
hatte schon drei Tage späler cinen Lasen zu verkaufen,
der ein wahrer Riese seiner Gattung war. Allerdings kam
er der Frau Zollrevisor Lobesang etwas tcuer vor, denn
er kostete zehu Mark und um keinen Pseunig weniger.