40 Meggendorfer-Blätter, München
Einfacher
Dienstmädchen:
sich da für Arbeit
den Koffer können
Weinholds Bekehrung Von C. A Lennig
Gustav Weinhold war ein Künstler. Zwar keiner von
denen, die in den illustrierten Zeitschriften abgebildet sind,
wie sie breitspurig vor ihrer Staffelei stehen, wie sie fünfzig
Iahre alt sind und wie sie eben durch das Portal einer
Kunstausstellung schreiten, sondern einer mit Stichel und
Brille, wie ste nirgends abgebildet sind, und nach denen auch
sonst kein Lahn kräht. Er war einer der Stillen auf dem
Markte des Lebens, die weitab von dem „Billigen Iakob"
und seinem geräuschvollen Treiben, seinen Kniffen und
Psiffen in einer abgelegenen Seitengaffe ihre bescheidene
Bude aufgeschlagen haben und nun dort mit geduldiger
Leiterkeit warten, bis ein günstiger Wind ihnen einen
Käufer zuweht. Am aber von dem Gleichnis wieder auf
die reale Wirklichkeit zu kommen: Gustav Weinhold war
Radierer. !lnd zwar aus Tradition. Schon sein Vater
und Großvater hatten diese mühselige Kunst betrieben,
und der Sohn schlug ganz selbstverständlich diese Laufbahn
ein, nachdem er einige Iahre auf der königlichen Akademie
klassische Givsfiguren, drapierte Gliederpuppen und Baum-
schlag, kunstvoll aus Papier geschnitten, gezeichnet hatte.
Trotz alledem aber hatte er ganz was tüchtiges gelernt, und
so saß er denn in seinem kleinen Atelier in einem düsteren
Lause der Terraffengaffe und stichelte und strichelte und
sah nur dann von seiner Arbeit auf, wenn ihm der Rauch
seiner langen Pfeife allzu stark in die Augen biß.
Wie seine Kunst sein ganzes Sein erfüllte, so war sein
Atelier mit dem angrenzenden Wohn- und Schlafzimmerchen
seine ganze Welt, die all sein Sehnen und Wünschen in
sich einschloß und mindestens ebenso mannigfaltig beschaffen
war, wie die große Welt da draußen, das große Wunder-
land Indien nicht ausgenommen und die geheimnisvolle
Märchenwelt mit eingeschlossen. Es wäre vergebens, die
innere Ausstattung seiner künstlerischen Werkstätte, gesehen
mit dem nüchternen Auge des Beschauers, beschreiben
zu wollen, selbst wenn man sie in Quadrate geteilt und
methodsich mit dem ersten an-
gefangen hätte. Es gab wohl
kein Ding, das Menschenhände
je geferiigt hatten und das
durch Menschenalter hindurch
wieder vergeffen worden war,
das nicht in Weinholds Atelier
in liebevoller Ineinander-
schachtelung seinen Platz ge-
funden hätte. And inmitten
dieses wunderlichenRaritäten-
werks lebte und webte Gustav
Weinhold, und seine Phantasie
erweckte all den toten Schnick-
schnack zu einem kreisenden
Leben und empsing aus ihm
unerschöpfliche Befruchtung
für sein künstlerisches Schaffen.
Es ist wohl kaum nötig zu
sagen, daß Weinhold Iung-
geselle war und an barem
Vermögen kaum mehr besaß,
als Urvater Adam mit auf die
Welt gebracht hatte. Seine
Kunst ernährte ihn ausrei
chend, und an mehr hatte er
nie gedacht. And gar Frau und
Kinder — Gott behüte, das
war ganz selbstverständlich
etwas, was eben andere Leute besaßen, wie sie zum Beispiel
prächtige Wohnungen hatten, noble Kleider trugen, große
Reisen machten und ehrfurchtgebietende Titel vorweisen
konnten. Gustav Weinhold wäre es gar nie in den Sinn
gekommen, daß solcbe Früchte auch für ihn existierten, höch-
stens, daß er hier und da mal über den Zaun guckte, wo sie
wuchsen, und bei sich dachte, wie sie wohl schmecken möchten.
Darüber hinaus aber ging sein Begehr nicht.
Das sollte indeffen anders werden.
Eines Tages machte Weinhold seinen gewohnten abend-
lichen Spaziergang nach den Zwingeranlagen über den Neu-
markt und durch die Münzgaffe zurück, als er in der letzteren
„Aber gnä' Frau, was Sie
mit dem Auspacken machen,
S' doch einfach umkippen!"
Zivilhilfsdienst
„!lnd dös soü a leichter
Dienst sei, bal ma an ganzen
Tag Bierwagen anschau'n muß!"