Nr. 1405
Zeitschrift für Humor und Kunst
157
Der Blutegel
Die Kunde von der Bewirtung des Blutegels und der
reichen Vergütung dafür verbreitete sich in der Verwandt-
schaft. „Wann hat das Luder zu fressen gekriegt?" er-
kundigte sich Onkel Nobert. „2lm vorigen fünfzehnten." —
So! Er notierte sich das. Onkel Nobert pflegte oft im
Natekeller zu sitzen, — dann dachte er nicht an die vielen
Lypothekenzinsen, die er zu zahlen hatte. Er war sonst
ein fröhlicher Mann, aber die Äypothekenzinsen lagen immer
wie dunkle Wolken an seinem Äorizont. Noch ein Monat
fehlte, bis der Blutegel der Frau Oekonomierat wieder
eine Mahlzeit brauchte, da sprach eines Tages Onkel Nobert
in dem alten Äause auf Lastadie vor. „Guten Tag, Schwä-
gerin! Ich wollte dich mal um Nat fragen. Du kennst doch
allerlei Lausmittel. Ich leide jetzt immer an Kopfschmerzen.
Was meinst du zu einer kleinen Blutentziehung? Du hast
doch einen Blutigel." (OnkelNobertsagte natürlich auch Igel.)
Die Frau Oekonomierat überlegte. „Eine Blutent-
ziehung wäre schon gut. Es ist aber noch nicht seine Zeit;
er wird nicht beißen wollen. Nun, — man mützte die Stelle
mit Milch betupfen." Sie sah sich Onkel Nobert an.
Was für ein derber, starker Mann war das doch, — dessen
gesundes Blut würde ihrem lieben Blutigel recht gut tun.
Fünf Minuten später hing der Blutegel an Onkel Noberts
Nacken. „Merkwürdig, daß du an Kopschmerzen leidest,"
meinte Frau Nogalski, ihren saugenden Blutegel beobachtend.
„Die Sorgen, Schwägerin, die Sorgen!" sagte Onkel Nobert
und fing an, von den Lypothekenzinsen zu erzählen, und
Frau Albertine hörte zu, und je mehr sie sich freute, wie
schön dick ihr Lieblingstier wurde, desto mehr Mitgefühl
gewann sie für Onkel Nobert. And als der Blutegel wieder
verwahrt worden war, setzte sich die Frau Oekonomierat
an ihren Schreibtisch und schrieb eine Anweisung für ihren
Bankier. —
Onkel Nobert war, wie gesagt ein fröhlicher Mann,
und ein fröhlicher Mann ist selten geschaffen, ein Geheimnis
für sich zu behalten. Etwas Mitgefühl für die großen
Verlegenheiten seines Neffen Kurt, der schon seit allzu
langer Zeit Ius studierte, mochte auch dabei sein, — genug,
dieser Neffe, der auch einer der Frau Oekonomierat war,
bekam zu erfahren, wie teuer in dem alten Lause auf
Lastadie Blut bezahlt wurde. Er wußte das noch nicht,
denn er kam nur zu den Ferien hierher. Nun beschloß er,
auch etwas von seinem Blut zu verkaufen; Onkel Nobert
hatte ihm vorgerechnet, daß die Zeit dazu günstig wäre.
Aber Kurt hätte schweigen sollen, statt seinem Bruder Paul
seine Aussichten zu verraten, der zwar Philologe war, aber
in nicht minder schlimmen Schwierigkeiten sich befand. Paul
klingelte fünf Minuten früher an Tante Albertines Tür,
erzählte von heftigen Anfällen von Nasenbluten, die auf
Ueberanstrengung zurückzuführen wären, denn er müßte sehen,
daß er zu Verdienst käme, und wenn er sich kaputt arbeitete,
— ja, und als dann Kurt erschien, da sollte Paul eben der
Blutegel angesetzt werden.
Kurt sagte, er hätte Zahnschmerzen. Das weckte Tante
Albertines Sympathie, — Onkel Anton hatte ja auch Zahn-
Lin vo!1>vertitzer krsalrr tür ckie
trüber ver^vencketen ^Lbestteller
rlaü ül«
^loba - Kockplstten
v. k. 6.
8!e verküten üas ^nbrennen uncl öberliocüen cter 8pei5en, vurcü-
brennen cter 1'öpte, clienen als Unterla^e tür keihe löpte, k'lütteisen,
kinls^ein vacbotenunclkralröbre.errnö^Iicben üaslan^zctme Weiter-
Icocüen üei IcleinZestellter klarnrne, verteilen ctie Nitre ^leicbmähi^
unter cter Uratptsnne (vvicütijt tür Lierspeisen), beste Zcbutreinlsüe
in Koclrkisten. vie I^oba'-Kocbplatten sincl unemptinclliclr ^erjen
/ ttitre unct keuctitigkeit, teuertest, ab^vascbbar unü üauerbatt. /
In allen einscbla^i^cn 6e;cbätten erbältlicb.
Qesellscbatt
nr. b. H.»
k^ürnberZ 2.
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/cr-ä/ii^e Ae^irr/s^iiorr c/es rrnc/
c/es L^ac/rells. sr/r-isc/rellc/ c/llrc/r
^1/o r s i c/r i vor §Vcrc/r cr/r rrr rr ?rF6 ?r /
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Zeitschrift für Humor und Kunst
157
Der Blutegel
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reichen Vergütung dafür verbreitete sich in der Verwandt-
schaft. „Wann hat das Luder zu fressen gekriegt?" er-
kundigte sich Onkel Nobert. „2lm vorigen fünfzehnten." —
So! Er notierte sich das. Onkel Nobert pflegte oft im
Natekeller zu sitzen, — dann dachte er nicht an die vielen
Lypothekenzinsen, die er zu zahlen hatte. Er war sonst
ein fröhlicher Mann, aber die Äypothekenzinsen lagen immer
wie dunkle Wolken an seinem Äorizont. Noch ein Monat
fehlte, bis der Blutegel der Frau Oekonomierat wieder
eine Mahlzeit brauchte, da sprach eines Tages Onkel Nobert
in dem alten Äause auf Lastadie vor. „Guten Tag, Schwä-
gerin! Ich wollte dich mal um Nat fragen. Du kennst doch
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Was meinst du zu einer kleinen Blutentziehung? Du hast
doch einen Blutigel." (OnkelNobertsagte natürlich auch Igel.)
Die Frau Oekonomierat überlegte. „Eine Blutent-
ziehung wäre schon gut. Es ist aber noch nicht seine Zeit;
er wird nicht beißen wollen. Nun, — man mützte die Stelle
mit Milch betupfen." Sie sah sich Onkel Nobert an.
Was für ein derber, starker Mann war das doch, — dessen
gesundes Blut würde ihrem lieben Blutigel recht gut tun.
Fünf Minuten später hing der Blutegel an Onkel Noberts
Nacken. „Merkwürdig, daß du an Kopschmerzen leidest,"
meinte Frau Nogalski, ihren saugenden Blutegel beobachtend.
„Die Sorgen, Schwägerin, die Sorgen!" sagte Onkel Nobert
und fing an, von den Lypothekenzinsen zu erzählen, und
Frau Albertine hörte zu, und je mehr sie sich freute, wie
schön dick ihr Lieblingstier wurde, desto mehr Mitgefühl
gewann sie für Onkel Nobert. And als der Blutegel wieder
verwahrt worden war, setzte sich die Frau Oekonomierat
an ihren Schreibtisch und schrieb eine Anweisung für ihren
Bankier. —
Onkel Nobert war, wie gesagt ein fröhlicher Mann,
und ein fröhlicher Mann ist selten geschaffen, ein Geheimnis
für sich zu behalten. Etwas Mitgefühl für die großen
Verlegenheiten seines Neffen Kurt, der schon seit allzu
langer Zeit Ius studierte, mochte auch dabei sein, — genug,
dieser Neffe, der auch einer der Frau Oekonomierat war,
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Lastadie Blut bezahlt wurde. Er wußte das noch nicht,
denn er kam nur zu den Ferien hierher. Nun beschloß er,
auch etwas von seinem Blut zu verkaufen; Onkel Nobert
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Aber Kurt hätte schweigen sollen, statt seinem Bruder Paul
seine Aussichten zu verraten, der zwar Philologe war, aber
in nicht minder schlimmen Schwierigkeiten sich befand. Paul
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Ueberanstrengung zurückzuführen wären, denn er müßte sehen,
daß er zu Verdienst käme, und wenn er sich kaputt arbeitete,
— ja, und als dann Kurt erschien, da sollte Paul eben der
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Kurt sagte, er hätte Zahnschmerzen. Das weckte Tante
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InLei-ÄtellaQiiÄÜirie: kuclols IVlo886, ^.uriorie^ri-Dxx^ättiorl.