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Meggendorfer-Blätter, München
Der kurzsichtige Onkel
0/
— „Nur einen Auqenblick will lch uusruhen. Die Puppen-
stube ist so ichwer, und ich biu so mude."
— „Famos, dieser Blumenkasten vor dem Fenster. Da kann
ich meine Gesebenke emstweilen hineinstellen, damit niemand
etwas merkt. Die Lleberraschung wird nachher umso glößer."
„Ich glaube gar, ich bln elngeschlafen. Ietzt heißt^s
aber laufenl"
„Ia, du meine Gure, wo ist denn jetzt das Blumenbrett
mitsamt den Weihnachtsgeschenken?"
Der alkoholfreie
Silvesterpunsch
Von Peter Robinson
Onkcl Theobald hatte
wieder einmal den ganzen
Verwandtenkreis zu Sil-
vester eingeladen. Ein präch-
tiger Abend sollte das wer-
den, denn Onkel Theobald
war, nachdem der schlimme
Krieg seinen ftüher auf die-
sem Gebiet so bewährten
Erfindungsgeist in den letzten
Iahren ganz gelähmt hatte,
nun doch wieder auf einen
schönen Silvesterscherz ver-
fallen.
„Löre mal," hatte er
seine Frau, Tante Berta,
gefragt, „weißt du noch, wieviel Punschextrakt wir voriges
Iahr zu Silvester gebraucht haben? Es war wohl mcht
so schlimm."
„Nicht so schlimm?" hatte Tante Berta mit einem
Seufzer trauriger Erinnerung geantwortet. „Schrecklich
war es, — drei ganze große Flaschen von dem schönen
Burgunderpunschextrakt sind draufgegangen, und der war
dock schon damals so ent-
setzlich teuer." — Tante
Berta ist eine gutmütige
Frau und war sonst immer
eine freundliche Gastgeberin,
die etwas Ordentliches auf
den Tisch setzte und stch freute,
wenn die Gäste dann tüchtig
zulangten, aber in der not-
reichen Kriegszeit muß eine
so angenehme Eigenscbaft
natürlich unterdrückr werden.
Manche guten Eigenschaften
sind ja aus Kriegsgründen
abgelegt und versteckt wor-
den, bis wieder bessere Zeiten
kommen würden, aber es ist
in vielen Fällen sehr die
Frage, ob sie nachher auch
wieder werden gefunden wer-
den und nicht inzwischen verdorrt und von den Motten
gefressen worden sind.
„Es war einfach unglaublich," hatte Tante Berta dann
noch weiter ausgeführt, „wie getrunken wurde. Onkel
Robert hat acht große Gläser Punsch zu sich genommen,
und bei sich zu Lause trinkt er höchstens ein kleines Gläschen
und das auch nur, wenn er eme ganz schlimme Erkältung
— „Lerrjeh, da ist mir wohl gar das Ehristkind unter-
wegs begegnet!"
Meggendorfer-Blätter, München
Der kurzsichtige Onkel
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— „Nur einen Auqenblick will lch uusruhen. Die Puppen-
stube ist so ichwer, und ich biu so mude."
— „Famos, dieser Blumenkasten vor dem Fenster. Da kann
ich meine Gesebenke emstweilen hineinstellen, damit niemand
etwas merkt. Die Lleberraschung wird nachher umso glößer."
„Ich glaube gar, ich bln elngeschlafen. Ietzt heißt^s
aber laufenl"
„Ia, du meine Gure, wo ist denn jetzt das Blumenbrett
mitsamt den Weihnachtsgeschenken?"
Der alkoholfreie
Silvesterpunsch
Von Peter Robinson
Onkcl Theobald hatte
wieder einmal den ganzen
Verwandtenkreis zu Sil-
vester eingeladen. Ein präch-
tiger Abend sollte das wer-
den, denn Onkel Theobald
war, nachdem der schlimme
Krieg seinen ftüher auf die-
sem Gebiet so bewährten
Erfindungsgeist in den letzten
Iahren ganz gelähmt hatte,
nun doch wieder auf einen
schönen Silvesterscherz ver-
fallen.
„Löre mal," hatte er
seine Frau, Tante Berta,
gefragt, „weißt du noch, wieviel Punschextrakt wir voriges
Iahr zu Silvester gebraucht haben? Es war wohl mcht
so schlimm."
„Nicht so schlimm?" hatte Tante Berta mit einem
Seufzer trauriger Erinnerung geantwortet. „Schrecklich
war es, — drei ganze große Flaschen von dem schönen
Burgunderpunschextrakt sind draufgegangen, und der war
dock schon damals so ent-
setzlich teuer." — Tante
Berta ist eine gutmütige
Frau und war sonst immer
eine freundliche Gastgeberin,
die etwas Ordentliches auf
den Tisch setzte und stch freute,
wenn die Gäste dann tüchtig
zulangten, aber in der not-
reichen Kriegszeit muß eine
so angenehme Eigenscbaft
natürlich unterdrückr werden.
Manche guten Eigenschaften
sind ja aus Kriegsgründen
abgelegt und versteckt wor-
den, bis wieder bessere Zeiten
kommen würden, aber es ist
in vielen Fällen sehr die
Frage, ob sie nachher auch
wieder werden gefunden wer-
den und nicht inzwischen verdorrt und von den Motten
gefressen worden sind.
„Es war einfach unglaublich," hatte Tante Berta dann
noch weiter ausgeführt, „wie getrunken wurde. Onkel
Robert hat acht große Gläser Punsch zu sich genommen,
und bei sich zu Lause trinkt er höchstens ein kleines Gläschen
und das auch nur, wenn er eme ganz schlimme Erkältung
— „Lerrjeh, da ist mir wohl gar das Ehristkind unter-
wegs begegnet!"