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Zeitschrift für Hunwr und Kunst
— „Von morgen ab gelten die Zweimarkstück nichts mehr."
— „Da wird mancher jeht eine gute Ausrede haben, daß er sie heut noch durchbringt."
— „Ia, ein rechtes Glück ist's, daß es sür die Mannsleut' jetzt nichts zum Saufen gibt."
Der alkoholfreie Silvefterpunsch
ganz besonders schmecken. O, wie sie Punsch schlucken
würden! Onkel Theobald freute sich schon darauf, denn
er hat ein gutes Lerz.-
Silvester kam, und die Gäste kamen: Onkel Robert,
der früher so viel mit Grundstücksspekulationen verdient
hat und doch so geizig ist, mit Frau und ältlicher Tochter,
Tante Äermine, die unter dem Pseudonym Stefanie von
Äohenfels Nomane für Frauenblätter schreibt — in der
letzten Zeit sind es nalürlich schlachtdurchtobte Kriegsromane
— Neffe Äubert, der Piamst, der unabkömmlich geblieben
ist, weil er die Verwundeten in den Lazarelten mit seiner
Musik erquickt; Schwager Fritz, der so viel trinkt; Vetter
Emil, der Kanzleirat, der ein strenger Beamter ist, und
noch diese und jene.
„Kinder," sagte Onkel Theobald, „ein Lump gibt mehr,
als er hat. Wir können euch narürlich nur ein Kriegs-
abendbrot vorsetzen. Der Silvesterkorpfen fehlt diesmal,
— die Karpfen find wohl alle nach Berlin zu den Kriegs-
schiebern geschwommen. Nicht einmal Leringssalat, der
auch ein schönes Silvesteriericht ist, hat Berta machen
können. Denn wo sind lne Äeringe? Sie scheinen ausge-
storben zu sein. Aber eine große Schüssel mit Rührei
wird s geben — na, man bekommt ja manchmal ein paar
Eier vcm Lande, so hrnten he^um, — und gute Batter
sollt ihr auch haben -- man kriegt ja manchmal ein Pfünd-
chen Butter vom Lande, so hinten herum — und eingelegte
Makrelen haben wir, die ganz vortrefflich sind. Laßt es
euch also schmecken! And Brotmarken nehme ich sehr gern
entgegen."
Daran hatten auch die Gäste schon selbst gedacht. Nur
Onkel Robert gab für sich und Familie keine Brotmarken
ab; er vermied das immer, wenn er irgendwo zu Gast war.
„Warum denn?" meinte er, „wenn ich Gäste hätte, würde
ich auch keine Brotmarken abnehmen." Er lud aber jetzt
niemals jemanden ein; im Fneden war das manchmal
vorgekommen, aber da war es ja kein Verdienst gewesen,
keine Brotmarken zu verlangen.
Vetter Emil, der Kanzleirat, beanstandete ernst und
scharf, daß Onkel Robert keine Brotmarken hergab, —
Zeitschrift für Hunwr und Kunst
— „Von morgen ab gelten die Zweimarkstück nichts mehr."
— „Da wird mancher jeht eine gute Ausrede haben, daß er sie heut noch durchbringt."
— „Ia, ein rechtes Glück ist's, daß es sür die Mannsleut' jetzt nichts zum Saufen gibt."
Der alkoholfreie Silvefterpunsch
ganz besonders schmecken. O, wie sie Punsch schlucken
würden! Onkel Theobald freute sich schon darauf, denn
er hat ein gutes Lerz.-
Silvester kam, und die Gäste kamen: Onkel Robert,
der früher so viel mit Grundstücksspekulationen verdient
hat und doch so geizig ist, mit Frau und ältlicher Tochter,
Tante Äermine, die unter dem Pseudonym Stefanie von
Äohenfels Nomane für Frauenblätter schreibt — in der
letzten Zeit sind es nalürlich schlachtdurchtobte Kriegsromane
— Neffe Äubert, der Piamst, der unabkömmlich geblieben
ist, weil er die Verwundeten in den Lazarelten mit seiner
Musik erquickt; Schwager Fritz, der so viel trinkt; Vetter
Emil, der Kanzleirat, der ein strenger Beamter ist, und
noch diese und jene.
„Kinder," sagte Onkel Theobald, „ein Lump gibt mehr,
als er hat. Wir können euch narürlich nur ein Kriegs-
abendbrot vorsetzen. Der Silvesterkorpfen fehlt diesmal,
— die Karpfen find wohl alle nach Berlin zu den Kriegs-
schiebern geschwommen. Nicht einmal Leringssalat, der
auch ein schönes Silvesteriericht ist, hat Berta machen
können. Denn wo sind lne Äeringe? Sie scheinen ausge-
storben zu sein. Aber eine große Schüssel mit Rührei
wird s geben — na, man bekommt ja manchmal ein paar
Eier vcm Lande, so hrnten he^um, — und gute Batter
sollt ihr auch haben -- man kriegt ja manchmal ein Pfünd-
chen Butter vom Lande, so hinten herum — und eingelegte
Makrelen haben wir, die ganz vortrefflich sind. Laßt es
euch also schmecken! And Brotmarken nehme ich sehr gern
entgegen."
Daran hatten auch die Gäste schon selbst gedacht. Nur
Onkel Robert gab für sich und Familie keine Brotmarken
ab; er vermied das immer, wenn er irgendwo zu Gast war.
„Warum denn?" meinte er, „wenn ich Gäste hätte, würde
ich auch keine Brotmarken abnehmen." Er lud aber jetzt
niemals jemanden ein; im Fneden war das manchmal
vorgekommen, aber da war es ja kein Verdienst gewesen,
keine Brotmarken zu verlangen.
Vetter Emil, der Kanzleirat, beanstandete ernst und
scharf, daß Onkel Robert keine Brotmarken hergab, —