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Zeitschrift für Hurnor und Kunst


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Das Duell

„Nichts verletzt."

„Äabe die Ehre!"

Die Werbung Von Alfred Manns

Bolko Zuckenack war vor vier Iahren gestorben. Er
hatte stch, wie man in Meßkuhlhofen zu sagen pflegte, glatt
den Äals abgesoffen.

Bei seinem Tode hatte sich der Dorfkrüger Kaffen
Pullenheer ernste Vorwürfe gemacht. „Timke," hatte er
zu seinem Weibe am Tage der Beerdigung gosagt, „des
unmenschlich viele Schlucksanfen nach eingetretener Duhnität
hat ihn kaputt gemacht. Es wäre meine Pflrcht gewesen,
ihm des Abends eher 'rauszukeilen, denn hätt' er das
länger ausgehalten, und ich hätr'
setn' Lof ganz gekriegt, nich
bloß halb."

Geesche und Libbe Iucken-
ack aber, die hinterbliebene Frau
und Tochter Bolkos, entfalteten
nach dessen Tode ungeahnte
wirtschaftliche Talente. Beson-
dersFrauGeesche leistete Außer-
ordentliches in dieser Beziehung.

Doch muß leider gesagt werden,
daß ste in der Wahl der Mittel
wenig wählerisch war. Von
V'rbrechen abgesehen war ihr
alles recht, was den Lof wieder
in die Löhe bringen konnte.

And die Sache machte sich,
zumal Ian Busekist, der Knecht,
ein verdammt scharfer Lund
war, der Intereffe hatte erstens

an Libbe Iuckenack und zweitens an dem Lofe.

Libbe war mit diesem Zustande begeistert und
Geesche zurückhaltend einverstanden. Bei letzter
traf dieses nur aus dem Grunde zu, weil auf der
Leiratsbörse von Meßkuhlbofen die Marktwerte der
Bauerndeern nicht nach körperlichen oder anderen
persönlichen Vorzügen bemeffen wurden und der
selige oder unselige Bolko den effektiven Marktwert
seiner Towter in Kaffen Pullenheers Kruge verfum
feit hatte, wie der terininns teolmieuZ im Kreise lautete.

Mittlerweile war der Krieg ausgebrochen und
dauerte bereits drei Iahre. Als Ian emgezogen
wurde hatte Geesche gesagt:

„Mit die Landwirtschaft is nu allermeist nich
mehr recht was zu machen. Ich will dir was sagen,
Lrbbe, wir legen uns auf den Schweinen."

Das taten denn auch die beiden. !lnd weil sie die
Technik der Rat onierung und Beschlagnahme nie ganz
verstanden, so machten sie ausgezeichnete Geschäfte.

Eins aber hatte Geesche doch begrlffen, und
zwar, daß die Zählungskomm ssron sich stets aufregte,
wenn viele Schweine da waren. Das tat der guten
Frau leid, und weil sie zwei Ställe besaß, einen im
Stallanbau und einen im Lause selbst, beide durch
eine Tür miteinander verbunden, so ließ es sich ein-
richtm, daß die Kommission nicht dnrch einen Anblick
belästigt wurde, der ihr Mühe und Erregung sckaffte.

Geesche nannte dieses Verfahren ihre „heimlrche
und unheimlrche Schweinerei."

Mit der Besseiung der wirt^chaftlichen Ver-
hältnisse wuchs aber auch das Selbstgesühl Geesches
und das war nicht gut für Libbe und ihre junge
Liebe zu Knecht Ian Busekist.

Eines Abends in der Dämmerung, als Mutter
und Tochter gerade mrt der Fütterung einer Zuchtsau und
ihres prachtvollen Wurfs Ferkel beschäftigt waren, stand
plötzlich ein Mann neben ihnen, der weniger geistvoll als
intenüv grinste, und abwechselnd Geesche, die Echweine,
besonders aber Libbe anstrerte.

„Fein, maq ich leiden. Was Vadder is, der hat mir
Speckworms Erbe gekauft, und ich soll mir verheiraten,
hihi, und einrichten."

Der junge Mann war Fiedi, des Großbauern Ahlert
Steertpickels einziger Sohn.

Beide Frauen hatten sich zugelächelt, als sie den An-

kömmling erkannten. Es war
ein geringschätziges, mitleidiges
Lächeln.

Doch nach den Worten Fie-
dis lächelte nur noch Geesche.
Aber in ihr hatte eine blitzschnelle
Wandlung stattaesunden. Ent-
gegen dem vorigen Ausdruck
ibrer Züge zeiate der j tz^ge
unbändiges Wohlwollen und
Entgeaenkommen.

Libbe dagegen war mit
einem Male ernst und stark bäng-
lich geworden; sie mied den auf-
munternden Blick der Mutter.

„In das Alter bist du, Fiedi,
und einen ganzen fixen Kerl bist
du auch," sagte Iuckenack Mutter
und stieß dem Jüngling mit
dem Ellbogen in die Weichen.
 
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