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Zeitschrift für Humor und Kunst
Lerr und Frau Maier
Konsul Westerwieks Friedrlchsdors
das behagle Iohann Gotthold Westerwiek nun doch. Er
tat aber auch das seine, hierzu eine schöne menschliche
Bindung zu fügen, wußte wohl Bescheid über die Familien-
umstände seiner Arbeiter, übernahm Patenstellen, sann auf
nützliche Weihnachtsgeschenke, half bei Krankheit und an-
derer Sorqe und gab jeden Sommer den Männern nebst
Frauen, Kindern und sonstigen Anhängseln ein schönes
Eß- und Trinkfest.
Konsul Iohann Gotthold Westerwiek mochte etwa zehn
Iahre Inhaber des Geschäfks gewesen sein, da kam jener
Äerbst, in dem es in der alten Lafenstadt zum erstenmal
einige Verdrießlichkeiten im. Speicherbezirk gab. Konsul
Äalvorsens Schoner, die „Luise Äalvorsen" lief aus Äull
ein, und als die Sackträger an Bord gingen, die Ladung
zu löschen, erfuhren sie von dem Secvolk, wie verdammt
schwer es gewesen war, in Lull die Ladung an Bord zu
bekommen, denn dort hatten die Leute ganze drei Wochen
auf sich warten lassen, ehe sie nach einer kleinen Erhöhung
ihrer Entlobnung an die Arbeit ginqen. Da die Ladung
so schwer hineingebracht war, sollte sie auch nicht so leicht
herauszukriegen sein, meinken die Sackträger und sahen sich
schon um einige Sch'llinqe für die Woche reicber. Der
Kopitän der „Luise Lalvorsen" versuchte, gut zuzureden,
und es keimte auch schon ein winziges Blümle-n der Ver-
ständigung, da kam leiver Konsul Äalvorsen wie ein Bulle
angerast und zertrampelte das zarte Blümchen, indem er
von Aufruhr und Empörung, Polizei und Soldaten sprach.
Die Leute gingen nach Lause, — so, der Lerr Konsul Lal-
vorsen mochte seinen Kram kelber auspacken. Da es aber
eine ganz angenehme Abwechslung ist, auch einmal in der
Woche zu Lause zu sitzen, überlegten die Leute ringsum
auf den andern Speichern, ob nur Konsul Lalvorsens Leute
es so gut haben sollten, und kamen zu dem Schluß, daß
dies unqerecht sein würde.
Konsul Westerwiek hatte gerade zwei Tage vorher in
den „König Salomo" den schönsten Weizen bekommen.
Nur ein wenig feucht war er geweien, und deshalb mußte
er noch mehr als sonst fleißig umqeschaufelt werden. Denn
faulen durfte das Korn nicht, sonst hätte es niemand der
Firma Westerwiek abgenommen, weil ja kein Krieg war,
in dem man auch verdorbenes Korn zu Brot verwenden
kann. Iohann Gotthold Westerwiek ging nach dem „König
Salomo". Seine Leute waren zwar noch bei der Arbeit,
aber es ging nicht, wie es sonst gewesen war. Nun ja, so
ein Aebel greift leicht um fich.
„Na, das geht ja heute munter voran," sagte Konsul
Westerwiek zu Klaus Klatt, dem Vorarbeiter, und nickte
sehr anerkennend. „Nu ja, Lerr," brummte Klaus Klatt
und kratzte sich den Kopf vor Verlegenheit wegcn der dies-
mal unverdienten Anerkennung. Der lange Krestn aber,
der vorhin seinen Kellegen klar zu machen versucht hatte,
daß man auch einmal feiern müßte, bekam einen roten
Kopf und schob in einen Winkel ab, „Was ihr doch für
fixe Iungens seid," sprach der Konsul weiter; „ich meine, so
tüchtig wie im ,König Salomo' wird sonst nirgends um-
geschaufelt." „Nu ja, Lerr," brummte Klaus Klait noch
einmal, und der lange Kresin in seinem Wmkel fuhr un-
endlich tief mit der Schaufel ins Korn hmein. „Wenn
unter dem Korn ein Friedrichsdor läge," sprach der Konsul
Westerwiek weiter, „ich glaube wahrhaftig, ihr schafftet ihn
zu Tage." — „Ie, Lerr, wie soll da wohl ein Friedrichsdor
hinkommenl" Der lange Kresin in seinem Winkel sp'tzte
die Ohren. „Das wäre doch nicht so unmöglich," fuhr der
Lerr Konsul fort, zog seinen Beutel und holte ein blankes
Go'dstück heraus. „Ietzt geht mal alle hinaus, und daß
mir keiner hineinguckt!" Die Leute marscbierten ab, der
lange Kresin voran, f oh, für eine Weile dem Lerrn Konsul
aus den Augen zu kommen. Der aber kletterte nun über
Berge von Korn, legte irgendwo den Friedrichsdor auf den
Weizen und stieß ihn mit seinem langen Cpazierstock tief,
tief hinunter. „So, nun könnt ihr wieder hereinkommen!"
Die Leute marschierten wieder an, der lange Kresin zuletzt.
Konsul Westerwiek sah alle vergnügt an. „Also, Iungens,
der Friedrichsdor steckt da irgendwo; nun wollen wir doch
mal sehn, wer ihn finden wird." Die Leute grinsten; das
war einmal ein reckter Spaß. Sie konnten es kaum er°
warten, daß der Lerr Konsul ging und sie forsch darauf
los schaufeln kor-nten. Der Konsul aber steckte noch einmal
den Kopf zur Tür herein. „Was ich euch noch sagen wobte:
der Friedrichsdor wird euch am Ende mehr schwitzen lassen
als sonst. Wer mehr Arbeit hat, muß auch mehr bezahlt
bekommen, das ist ja klar. Darüber reden wir noch." —
„Schönen Dank, Lerr!" sagte Klaus Klatt, und der lange
Kresin brummte. aber ganz leise: „Das ist dock noch ein Wort!"
So hatte Iobann Gottbold Westerwiek in aller Freund-
schaft und mit Vergnügen eine Sache erlediqt, die manckem
andern Lerrn von der Kaufmannschaft viel Aerger machte.
Sein Weizen auf dem „König Salomo" wurde, wie ihm
das nottat, um und umgekehrt, und am vi-rten Tage fand
der lanqe Kreün den Frredrichsdor. Natürlich behielt er
ihn nicht für sich allein, das wäre ja gegen alle Kamerad-
schaft gewesen; nein, das Goldstück wurde in Bier und
Tabak umgewechselt, auf die Weise bekam jeder etwas da-
von. Am gleichen Taae sprach übrigens Konsul Lalvor'en
fluchend: „In Teufels Namen. — geben wir den Kerls
elwas mehrl" — Konsul Westerwiek gab natürlich auch
Zeitschrift für Humor und Kunst
Lerr und Frau Maier
Konsul Westerwieks Friedrlchsdors
das behagle Iohann Gotthold Westerwiek nun doch. Er
tat aber auch das seine, hierzu eine schöne menschliche
Bindung zu fügen, wußte wohl Bescheid über die Familien-
umstände seiner Arbeiter, übernahm Patenstellen, sann auf
nützliche Weihnachtsgeschenke, half bei Krankheit und an-
derer Sorqe und gab jeden Sommer den Männern nebst
Frauen, Kindern und sonstigen Anhängseln ein schönes
Eß- und Trinkfest.
Konsul Iohann Gotthold Westerwiek mochte etwa zehn
Iahre Inhaber des Geschäfks gewesen sein, da kam jener
Äerbst, in dem es in der alten Lafenstadt zum erstenmal
einige Verdrießlichkeiten im. Speicherbezirk gab. Konsul
Äalvorsens Schoner, die „Luise Äalvorsen" lief aus Äull
ein, und als die Sackträger an Bord gingen, die Ladung
zu löschen, erfuhren sie von dem Secvolk, wie verdammt
schwer es gewesen war, in Lull die Ladung an Bord zu
bekommen, denn dort hatten die Leute ganze drei Wochen
auf sich warten lassen, ehe sie nach einer kleinen Erhöhung
ihrer Entlobnung an die Arbeit ginqen. Da die Ladung
so schwer hineingebracht war, sollte sie auch nicht so leicht
herauszukriegen sein, meinken die Sackträger und sahen sich
schon um einige Sch'llinqe für die Woche reicber. Der
Kopitän der „Luise Lalvorsen" versuchte, gut zuzureden,
und es keimte auch schon ein winziges Blümle-n der Ver-
ständigung, da kam leiver Konsul Äalvorsen wie ein Bulle
angerast und zertrampelte das zarte Blümchen, indem er
von Aufruhr und Empörung, Polizei und Soldaten sprach.
Die Leute gingen nach Lause, — so, der Lerr Konsul Lal-
vorsen mochte seinen Kram kelber auspacken. Da es aber
eine ganz angenehme Abwechslung ist, auch einmal in der
Woche zu Lause zu sitzen, überlegten die Leute ringsum
auf den andern Speichern, ob nur Konsul Lalvorsens Leute
es so gut haben sollten, und kamen zu dem Schluß, daß
dies unqerecht sein würde.
Konsul Westerwiek hatte gerade zwei Tage vorher in
den „König Salomo" den schönsten Weizen bekommen.
Nur ein wenig feucht war er geweien, und deshalb mußte
er noch mehr als sonst fleißig umqeschaufelt werden. Denn
faulen durfte das Korn nicht, sonst hätte es niemand der
Firma Westerwiek abgenommen, weil ja kein Krieg war,
in dem man auch verdorbenes Korn zu Brot verwenden
kann. Iohann Gotthold Westerwiek ging nach dem „König
Salomo". Seine Leute waren zwar noch bei der Arbeit,
aber es ging nicht, wie es sonst gewesen war. Nun ja, so
ein Aebel greift leicht um fich.
„Na, das geht ja heute munter voran," sagte Konsul
Westerwiek zu Klaus Klatt, dem Vorarbeiter, und nickte
sehr anerkennend. „Nu ja, Lerr," brummte Klaus Klatt
und kratzte sich den Kopf vor Verlegenheit wegcn der dies-
mal unverdienten Anerkennung. Der lange Krestn aber,
der vorhin seinen Kellegen klar zu machen versucht hatte,
daß man auch einmal feiern müßte, bekam einen roten
Kopf und schob in einen Winkel ab, „Was ihr doch für
fixe Iungens seid," sprach der Konsul weiter; „ich meine, so
tüchtig wie im ,König Salomo' wird sonst nirgends um-
geschaufelt." „Nu ja, Lerr," brummte Klaus Klait noch
einmal, und der lange Kresin in seinem Wmkel fuhr un-
endlich tief mit der Schaufel ins Korn hmein. „Wenn
unter dem Korn ein Friedrichsdor läge," sprach der Konsul
Westerwiek weiter, „ich glaube wahrhaftig, ihr schafftet ihn
zu Tage." — „Ie, Lerr, wie soll da wohl ein Friedrichsdor
hinkommenl" Der lange Kresin in seinem Winkel sp'tzte
die Ohren. „Das wäre doch nicht so unmöglich," fuhr der
Lerr Konsul fort, zog seinen Beutel und holte ein blankes
Go'dstück heraus. „Ietzt geht mal alle hinaus, und daß
mir keiner hineinguckt!" Die Leute marscbierten ab, der
lange Kresin voran, f oh, für eine Weile dem Lerrn Konsul
aus den Augen zu kommen. Der aber kletterte nun über
Berge von Korn, legte irgendwo den Friedrichsdor auf den
Weizen und stieß ihn mit seinem langen Cpazierstock tief,
tief hinunter. „So, nun könnt ihr wieder hereinkommen!"
Die Leute marschierten wieder an, der lange Kresin zuletzt.
Konsul Westerwiek sah alle vergnügt an. „Also, Iungens,
der Friedrichsdor steckt da irgendwo; nun wollen wir doch
mal sehn, wer ihn finden wird." Die Leute grinsten; das
war einmal ein reckter Spaß. Sie konnten es kaum er°
warten, daß der Lerr Konsul ging und sie forsch darauf
los schaufeln kor-nten. Der Konsul aber steckte noch einmal
den Kopf zur Tür herein. „Was ich euch noch sagen wobte:
der Friedrichsdor wird euch am Ende mehr schwitzen lassen
als sonst. Wer mehr Arbeit hat, muß auch mehr bezahlt
bekommen, das ist ja klar. Darüber reden wir noch." —
„Schönen Dank, Lerr!" sagte Klaus Klatt, und der lange
Kresin brummte. aber ganz leise: „Das ist dock noch ein Wort!"
So hatte Iobann Gottbold Westerwiek in aller Freund-
schaft und mit Vergnügen eine Sache erlediqt, die manckem
andern Lerrn von der Kaufmannschaft viel Aerger machte.
Sein Weizen auf dem „König Salomo" wurde, wie ihm
das nottat, um und umgekehrt, und am vi-rten Tage fand
der lanqe Kreün den Frredrichsdor. Natürlich behielt er
ihn nicht für sich allein, das wäre ja gegen alle Kamerad-
schaft gewesen; nein, das Goldstück wurde in Bier und
Tabak umgewechselt, auf die Weise bekam jeder etwas da-
von. Am gleichen Taae sprach übrigens Konsul Lalvor'en
fluchend: „In Teufels Namen. — geben wir den Kerls
elwas mehrl" — Konsul Westerwiek gab natürlich auch