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Zeitschrift für Humor und Kunst 5S

Hilfsdienst

— „I tat Sie scho nehma, Lerr Schauspieler, wenn S' nur etwas von der Land-
wirtschaft verstehn taten!"

— „Ach ja, etwas schon, wir wirkten immer in Bauernstücken als Lauptpersonenl"

Krieg und Klaviere

„Wenn Sie sich aber nich bald entschließen, da iS es
weg, das könnse glooben!"

Ach gloobte es und zog weiter.

Nummer 27 war nach der bei unseren Altvorderen
sehr beliebten Form der Tafel-Pianinos konstruiert.

Als ich eintrat, nahm vie Lausfrau eben zwei Säug-
linge aus dem Znnern des Klaviers, wodurch ich auf eine
ganz ungeahnte Verwendungsmöglichkeit dieses ohnehin so
segensreichen Lausinstruments aufmerksam wurde. Jn dem
betreffenden Znserat war der wundervolle Ton gerühmt;
ehe ich ihn prüfte, überzeuate ich mich, daß der Kaften auch
keine wettere Einquartierung mehr berge. Dies war zwar
nicht der Fall, aber der Ton war trotzdem wcht wundervoll.

Znfolge der eigenartigen Ben, tzung als Kii derbett,
hatten sich die Saiten in erklärlicber Abneigunq mit einer
dicken Rosischicht bedeckt. ES ist ganz klar, daß der Mensch
in so zartem Alter unmöglich daS richtige VerständniS für
die Behandlung derartig disfiziler Instrumente haben kann.

Nun erkundigte ich micb schüchtern nach d^m Alter des
Klaviers, und die Frau meinte, es sei etwa 20 Iahre alt.

Jch tadelte im fttillen diese falsche Bescbeidenheit, denn
der Architektur nach mußte es gut seine 200 Iahre haben.

Es war zweifellos ein altes, kostbares Familienerbstück, auf
dem bereits die Argroßmutter der jetzt darin schlummernden
Säuglinge ihre ersten schmachtenden Liebeslieder zart be-
gleitet hatte.

Dem entsvrach der Preis von 850 Mark.

Ich betonte. daß ich es als Mann von Ehre keinesfalls
verantworten könne ihr ein so wertvolles und unersetzliches
Stück gegen einen Pappenstiel abzujagen, und ging festen
Schrittes davon.

Das 46. und letzte befand fick bei einem Zahnkünstler.

Ich wurde in die Folterkammer geführt, in der ich neben
anderen Marterinstrumenten auch ein hölzernes, mit Fuß-
bodenlack aestrichenes Gebäude erblickte, deffen äußere Struk-
tur allerdings entfernt an etn Klavier erinnerte. AlS jevoch
der Nervtöter den Deckel aufschlug, packte mich namenloses
Enifetzen.

Der Mann mochte weniq Praxis haben und batte so
in seinen Mußestunden zu Studienzwecken eine erkleckliche
Anzahl von Tasten kunstgerecht und schmerzlos gezogen.
Ein Teil der so entstandenen Lücken war jedoch bereits
wieder mit ZeitungSpapier sauber plombrert.

Ich drückte vorstchtig auf eine der hinterbliebenen
Tasten; ein ächzender Ton entrang sich dem Gehäuse, wie
 
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