Zeitschrift für Humor und Kunst
Punsch
schaler Ersatz durch Kriegsbier oder
Pfälzer Edelriesling hätte meiner Natur
etwas vormachen können, sie schrie klipp
und klar nach heißem, süßem Punsch.
Nun besttze ich zwar ebenso viele
köstliche Rezepte zur Bereitung dieser
Krone aller Getränke, wie der König
von Siam Sonnenschirme, aber man
hat in dieser Kriegszeit die Erfahrung
gemacht, daß solche Nezepte sich über-
lebt haben, weil sie Dinge voraussetzen,
die sich mit der Einfachheit unserer der-
maligen Sitten nicht vertragen. Sie
waren auch nicht unbedingt notwendig,
denn ich entsann mich, in einem kleinen
Laden äußerst verführerisch aussehende
role, gelbe und grüne Punschessenzen
gesehen zu haben, die zwar durch den
Aufdruck: alkoholfrei mehr der Mora-
lität als der Völlerei zu dienen bestimmt
schienen, in ihrer uneingeschränkten Be-
zeichnung als Punscheffenz sich indes
insoweit als unverfälscht erhalten hatten,
daß sie noch immer einen mächtigen An-
reiz füx punschhungrige Gemüter bilden
konnten. Ich kauste also einö solche
Flasche, machte kochendes Waffer und
goß dann diese beiden verheißungsvollen
Elemente zusammen. Als dies geschehen
war, nahm ich eine Kostprobe vor, und
da fand ich denn, daß sie schmeckte wie
oben erwähntes Zuckerwerk mit einem
Zusatz von Fliegenleim.
Das war es nun allerdings nicht,
was meine Natur so gebieterisch ver-
langt hatte, weshalb ich auf Verbesserung
bedächt war. Jn meinem Besitze fand
sich ein Fläschchen Zitronensaft, der
neuerdings, da wir keine Zitronen mehr
eiffführen können, von beschäftigungs-
losen Konditoren mit viel Geschick er-
zeugtwiid. Ich will nun nicht behaupten,
daß zur Gewinnung dieses Saftes Seife
verwendet wird, ja ich bin deffen sogar
sicher, da Seife ja markenpflichtig ist, aber mein Punsch
schmeckte nunmehr darnach. Eine neue Kalamität, die recht
verdrießlich war. Denn ich hatte einmal im Dunkeln ein
Restchen Seife irrtümlich statt eines Stückchens Kartoffel
erwischt, und da war mir recht unschön darauf im Magen
geworden. Ich sann also weiter, wie dem widerhaarigen
Gebräu einigermaßen aufzuhelfen sei, um doch wenigstens
noch die Illusion aufrecht zu erhalten. Da fiel mir ein
Viertelquart Kognak ein, das ich vor kurzem auf einer
Wohltätigkeitslotterie gewonnen hatte. Das Fläschchen
tcug eine 'ganze Menge von Sternen auf dem Etikett und
einen Kometen obendrein, und ich hatte mir vorgenommen,
es auf Grund dieser vielfachen Qualitätszeichen als Medizin
füc den Fall einer plötzlichen Erkrankung aufzuheben, aber
was tut man nicht in der Not! Der Zusatz von Alkohol,
selbst aus der Kriegszeit und in einer Wohltätigkeits-
lotterie gewonnen. mußte meinem Punsch doch unbedingt
die ihm fehlende charakteristische Note verleihen, und so zog
ich entschloffen den Pfropfen aus dem Fläschchen und ließ
den gesamten Inhalt in den Punschtopf fluten. Ein
Vorausschauend
— „Zetzt willst duwiedcr einen andern Gaul, Lucie; dir kann
man auch nichts recht machen. Wenn du mal verheiratet
sein wirst, — na, der Mann wird nicht zu beneiden sein."
— „O doch, Papa, um einen sehr gutmütigen Schwieger-
vater hoffentlich."
schwaches Brausen, und dann war die Vereinigung mit der
Seife und dem Zuckerwerk vollzogen, und diese beiden unge-
hörigen Ingredienzien mußten nun durch den Alkohol abgetö-
tet sein wie gefährliche Bazillen. And das war auch der Fall.
Der Punsch schmeckte nun nicht mehr nach Seife und dauer-
haftem Zuckerwerk, dafür wies er aber jetzt ein intenstves
Aroma von Kupfervitriol, Petroleum und Essig auf.
Iede mitfühlende Seele wird verstehen, wie nieder-
schmetternd eine solche Entdeckung für mich war. Statt
eines lieblich den Gaumen letzendm Punsches hatte ich so
etwas wie einen Drogistenladen vor mir, und trübselig,
wie ein Iude vor der Klagemauer, hockte ich vor meinem
Punschtopfe. Ieder Mut zu weiteren Experimenten war
mir vergangen, und ein zarter besaiteter Mensch hätte
gewiß zu weinen angefangen.
Was sollte aber nun mit dem Punsche werden? Sollte
ich ihn wegschülten? Das ging doch nicht an, denn einmal
hatte er ein hübsches Stück Geld gekostet, und zum andern,
wenn man jetzt alles wegwerfen wollte, was übel schmeckt,
würden die Kehrrichttonnen eher voll als der Magen.
Punsch
schaler Ersatz durch Kriegsbier oder
Pfälzer Edelriesling hätte meiner Natur
etwas vormachen können, sie schrie klipp
und klar nach heißem, süßem Punsch.
Nun besttze ich zwar ebenso viele
köstliche Rezepte zur Bereitung dieser
Krone aller Getränke, wie der König
von Siam Sonnenschirme, aber man
hat in dieser Kriegszeit die Erfahrung
gemacht, daß solche Nezepte sich über-
lebt haben, weil sie Dinge voraussetzen,
die sich mit der Einfachheit unserer der-
maligen Sitten nicht vertragen. Sie
waren auch nicht unbedingt notwendig,
denn ich entsann mich, in einem kleinen
Laden äußerst verführerisch aussehende
role, gelbe und grüne Punschessenzen
gesehen zu haben, die zwar durch den
Aufdruck: alkoholfrei mehr der Mora-
lität als der Völlerei zu dienen bestimmt
schienen, in ihrer uneingeschränkten Be-
zeichnung als Punscheffenz sich indes
insoweit als unverfälscht erhalten hatten,
daß sie noch immer einen mächtigen An-
reiz füx punschhungrige Gemüter bilden
konnten. Ich kauste also einö solche
Flasche, machte kochendes Waffer und
goß dann diese beiden verheißungsvollen
Elemente zusammen. Als dies geschehen
war, nahm ich eine Kostprobe vor, und
da fand ich denn, daß sie schmeckte wie
oben erwähntes Zuckerwerk mit einem
Zusatz von Fliegenleim.
Das war es nun allerdings nicht,
was meine Natur so gebieterisch ver-
langt hatte, weshalb ich auf Verbesserung
bedächt war. Jn meinem Besitze fand
sich ein Fläschchen Zitronensaft, der
neuerdings, da wir keine Zitronen mehr
eiffführen können, von beschäftigungs-
losen Konditoren mit viel Geschick er-
zeugtwiid. Ich will nun nicht behaupten,
daß zur Gewinnung dieses Saftes Seife
verwendet wird, ja ich bin deffen sogar
sicher, da Seife ja markenpflichtig ist, aber mein Punsch
schmeckte nunmehr darnach. Eine neue Kalamität, die recht
verdrießlich war. Denn ich hatte einmal im Dunkeln ein
Restchen Seife irrtümlich statt eines Stückchens Kartoffel
erwischt, und da war mir recht unschön darauf im Magen
geworden. Ich sann also weiter, wie dem widerhaarigen
Gebräu einigermaßen aufzuhelfen sei, um doch wenigstens
noch die Illusion aufrecht zu erhalten. Da fiel mir ein
Viertelquart Kognak ein, das ich vor kurzem auf einer
Wohltätigkeitslotterie gewonnen hatte. Das Fläschchen
tcug eine 'ganze Menge von Sternen auf dem Etikett und
einen Kometen obendrein, und ich hatte mir vorgenommen,
es auf Grund dieser vielfachen Qualitätszeichen als Medizin
füc den Fall einer plötzlichen Erkrankung aufzuheben, aber
was tut man nicht in der Not! Der Zusatz von Alkohol,
selbst aus der Kriegszeit und in einer Wohltätigkeits-
lotterie gewonnen. mußte meinem Punsch doch unbedingt
die ihm fehlende charakteristische Note verleihen, und so zog
ich entschloffen den Pfropfen aus dem Fläschchen und ließ
den gesamten Inhalt in den Punschtopf fluten. Ein
Vorausschauend
— „Zetzt willst duwiedcr einen andern Gaul, Lucie; dir kann
man auch nichts recht machen. Wenn du mal verheiratet
sein wirst, — na, der Mann wird nicht zu beneiden sein."
— „O doch, Papa, um einen sehr gutmütigen Schwieger-
vater hoffentlich."
schwaches Brausen, und dann war die Vereinigung mit der
Seife und dem Zuckerwerk vollzogen, und diese beiden unge-
hörigen Ingredienzien mußten nun durch den Alkohol abgetö-
tet sein wie gefährliche Bazillen. And das war auch der Fall.
Der Punsch schmeckte nun nicht mehr nach Seife und dauer-
haftem Zuckerwerk, dafür wies er aber jetzt ein intenstves
Aroma von Kupfervitriol, Petroleum und Essig auf.
Iede mitfühlende Seele wird verstehen, wie nieder-
schmetternd eine solche Entdeckung für mich war. Statt
eines lieblich den Gaumen letzendm Punsches hatte ich so
etwas wie einen Drogistenladen vor mir, und trübselig,
wie ein Iude vor der Klagemauer, hockte ich vor meinem
Punschtopfe. Ieder Mut zu weiteren Experimenten war
mir vergangen, und ein zarter besaiteter Mensch hätte
gewiß zu weinen angefangen.
Was sollte aber nun mit dem Punsche werden? Sollte
ich ihn wegschülten? Das ging doch nicht an, denn einmal
hatte er ein hübsches Stück Geld gekostet, und zum andern,
wenn man jetzt alles wegwerfen wollte, was übel schmeckt,
würden die Kehrrichttonnen eher voll als der Magen.