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Zeitschrift für Humor und Kunst 8S

Praktisch — "3a, Peperl, du hast ja gar an Spagat um dei Brot g'wickelt."

— „Weil a Kas droben is. Damit daß er net nunterfallt."

Der ^osenknopf nnd der

Lindenburgspeck

weil das Kleintierleben dort
allein in Arten vertreten war,
deren Volumen hinreichte, um
für seine trüben Greisenaugen
erkennbar zu sein.

Müde und verdroffen stand
er an diesem Morgen da, me-
chanisch, aber hoffnungslos von
Zeit zu Zeit Llmschau haltend ..

Plötzlich gewahrte er etwas
schwarzes. „Ein Mistkäfer,"
jubelte es in ihm auf. Mit
jugendlichem Eifer und desglei-
chen Gier stürzte er los und —

-schon steckt ihm der Äosen-

knopf in der Kehle, die viel zu
verknöchert war, um nachzu-
geben.

Also erfüllte sich das Schick
sal des Gockels und außerdem
dasjenige der Familie Knülle-
fett, wie man des weiteren sehen
wird.

Außer dem Losenknopf saß
naturgemäß dem Äahne auch
die Todesangst im Lalse, und
bevor er sich entschließen konnte,
auf den kümmerlichen Rest sei-
nes Daseins zu verzichten, voll-
führte er einige außerordentlich
wütende, wild groteske Sprünge
in die Luft.

Nun begab es sich, daß hier
die Luft an einer Seite begrenzt
war durch die Nase des Pferdes
Liesch. Dort hinein fuhr der
Lahn, wodurch Liesch zum er-
stenmal wieder seit fünfzehn
Iahren richtig scheu wurde,
hinten hochging und die Lufe
der dicksten Sau um die Ohren
schlug. Die Sau gab ein kurzes
mißbtlligendes „Wuff" von sich,
legte sich auf die Seite, gleich-
zeitig die Seeseite des Dünger
komplexes, und ersoff allda.

Als Leert zehn Minuten später in aufgefrischter Stimm-
ung über den Lof ging, sah er die beiden Leichen. Der
Gockel hatte sich bei den letzten Zuckungen in den Ringel-
schweif der Sau festgebiffen, was einen sehr bösartigen
Eindruck machte, woraus man wieder einmal sehen kann,
wie sehr oft der Schein trügt.

Den Schmerz des Bauern zu beschreiben kann nicht
unsere Aufgabe sein, denn es ist nicht beabsichtigt, die wei-
teren Schilherungen in die Form eines lyrischen Gedichts
oder emer Ballade zu bringen.

Nach der Fürchterlichkeit des ersten Augenblicks begann
Knüllefett die Situation aufzuklären. Er sah bald, daß die
unmittellbare Arsache an dem Ableben der Sau in den Bei-
nen Liesches zu suchen war, trohdem es so schien, als ob
Schwein und Lahn sich im Zweikampf gegenseitig umgebracht
hätten. Das Gockelsterben ist dem Bauern auch heut noch
ein ungelöstes Rätsel, das seine Aufklärung durch die Sek-

(ion deshalb nicht fand, weil der Äahn schließlich als Liebes-
gabe und als junges Geflügel an ein Reservelazarett ge-
langte. Lier endete er nach der Zerstörung von zwei Messern
des Fleischwolfs schließlich als Frikadellenfarce. Der Knopf
kam an die Lose eines Verwundeten.

Wir kehren nun zu Knüllefett zurück.

Vor dem aus Leert und Voske bestehenden Familien-
rat hatte der Bauer der Sau den Lals aufgeschnitten, doch
zu bluten gab's da nichts mehr; etwas Iauche war alles,
was floß.

Da der Lof ziemlich weit von dem Dorfe stand, so
hatte der schmerzliche Vorfall keine Zeugen gehabt, und die
Leiche wurde unbemerkt auf die Diele gezerrt, wo sie von
den beiden trauernden Linterbliebenen umstanden wurde.

Der Bauer war zornig und warf wütende Blicke auf
sein Weib, auf das tote Schwein und aus Liesch, die draußen
ohne die geringsten Gewiffensbejchwernisse weiter graste.

Voske, die an den fettarmen Winter dachte, war aus
 
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