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148

Kriegschronik der Meggendorfer-Blätter, Münchev

Es rast der See. . «

Einen nach dem andern holt er stch von der Dsfaitistenklippe.

Gefährltcher Amgang

gewünscht, einen Politiker zum Verwandten oder Freünde
zu haben, einen einflußreichen Deputierten oder dergleichen.
Nicht wahr, das hatte manchmal seine Vorteile? Man
konnte jemandem aus der Verwandtschaft eine Empfehlung
besorgen, man konnte selbst einmal etwas für sich heraus-
schlagen usw. Aber jetzt, — ich danke dem Äimmel, daß
ich nie einen Politiker kennen gelernt habel Da kann man
jeht eklig hereinfallen, in den scheußlichsten Verdacht kann
man kommen. Clemenceau braucht den Politiker nur ab-
schlachten zu wollen, — gleich ist man am Ende auch ge-
liefert. Politiker zu fein, — das ist so eine Sachel"

Jeht kommt Monsieur Dumoulin in Gang und wird
redselig. „Da ist zum Beispiel Patapon. War früher
Deputierter, stramm oppositionell. Während des Krieges
ist er zweimal in der Schweiz gewesen."

Monsieur Craintif erschaudert. „Zweimal in der
Schweiz gewesen? Schon erledigt. Sein Testament kann
er machen. Äat aber auch wenig Zweck, denn seine Linter-
lassenschaft wird am Ende konfisziert."

Monsieur Dumoulin schwatzt weiter. „Patapon hat
einen sehr wohlhabenden Vetter, den Bankier Coulissier."

Monsieur Craintif erschaudert. „Vetter eines früheren
Deputierten, derwährend des Krieges zweimal in der Schweiz
gewesen ist, - der Bankier Coulisster wird bald keine Bankge-

schäfte mehr machen. Nicht der
geschickteste Verteidiger wird
ihn 'rausreißen."

Monsieur Dumoulin schwaht
weiter. „Coulissier ist übrigens
passionierter Iäger. Er hat eine
Jagd gepachtet zusammen mit
dem alten Lestaquet, der fcüher
eine Zuckerfabrik hatte."

Monsieur Craintif erschau-
dert. „Zusammen eine Iagd
gepachtet mit einem Bankier,
der der Vetter eines fcüheren
Deputierten ist, der während
des Krieges zweimal in der
Schweiz war, — den alten
Lestaquet werden sie bald beim
Kcagen haben. Tut mir leid,
der Mann, aber zu helfen ist
ihm nicht."

Monsieur Dumoulin schwaht
weiter. „Ia, und Lestaquet ist
der Onkel von Gaston Maqui-
gnon, — wissen Sie, der den
Tattersall in Neuilly hat. Das
Geschäft geht natürlich jetzt
miserabel; man hat ihm beinahe
alle Pferde weggenommen."

Monfieur Craintif erschau-
dert. „Der Neffe vom alten
Lestaquet, der eine Iagd ge-
pachtet hat zusammen mit einem
Bankier, der der Vetter eines
früheren Deputierten ist, der
während des Krieges zweimal
in der Schweiz gewesen ist, —
Gaston Maquignon ist ein ver-
lorener Mann."

Monsieur Dumoulin schwaht
weiter. „Maquignon ist ein Ge-
schäftsfreund von Marcel Fri-
pancourt, der das Futtermittel-
geschäft in der Rue Courcelles
hat, — Maquignon hat immer
für seine Pferde den Lafer bei
Fripancourt gekauft."

Monsieur Craintif erschau-
dert. „Geschäftssreund eines
Reffen vom alten Lestaquet, der eine Jagd gepachtet hat zu-
sammen mit einem Bankier, der der Vetter eines früheren
Deputierten ist, der während des Krieges zweimal in der
Schweiz gewesen ist, — Fripancourt ist in höchster Gefahr."

Monsieur Dumoulin hat gar nicht zugehört, er schwatzt
weiter. „Fripancourt ist übrigens der Stiefbruder des ver-
fiorbenen Mannes meiner Schwester."

Da fällt eine Kaffeetasse um. Monsieur Crainlif hat
sie vor Schreck umgestoßen; er ist weiß wie Milch geworden,
seine bebenden Lippen stammeln: „Der Stiefbruder des ver-
storbenen Männes Jhrer Schwester? Dann sind Sie also
der Bruder einer Witwe, deren Stiefschwager ein Geschäfts-
freund eines Neffen vom alten Lestaquet ist, der eine Jagd
gepachtet hat zusammen mit einem Bankier, der der Vetter
eines fcüheren Depulierten ist, der während des Krieges
zweimal in der Schweiz gewesen ist. And mit Ihnen habe
ich seit vier Iahren jeden Mittwoch eine Partie Domino
gespielt. Iedesmal habe ich Jhnen zwei Sous bezahlt,
das macht 416 Sous, gleich zwanzig Franken und achzig
Centimes. Ich bin verlorenl Man wird mich der Bestechung
verdächtigen. Ich habe einem Manne Geld gegeben, der
der Bruder einer Witwe ist, deren Stiefschwager ein

Geschäftsfreund vom alten Leftaquet ist, der-"

Monsieur Craintif kann nicht mehr weiter reden, er
wird ohnmächtig. - . -o».

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