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Nr. 1424

Zeitschrift für Humor und Knnst

29

Das merkwürdige gnädtge Fräulein

Zoseph Nogatzki, ins Bett zu kriechen, saß er noch ganze
drei Stunden lang auf, dachte nach, schüttelte den Kopf
und brummte: „Äerrgott noch mal, wo ist das menschen-
rnöglich!" Das war auch sein letztes Wort vor dem Ein-
schlafen.

Vielleicht hat er es in der Nacht noch ein paarmal im
Schlaf gesprochen. Iedenfalls wollte seine Frau, die Iule,
am nächsten Tage wiffen, was er mit jenen Worten gemeint
hätte, und was denn überhaupt los wäre, denn er wäre ja
auf einmal rein dammlig geworden. Ioseph wollte zuerst
nichts sagen, aber die Iule quetschte ihn, in ihm selbst
drückte es auch, und der Mensch braucht doch bei großer
Gemütserregung schließlich eine Aussprache mit seiner Frau,
— also erzählte er am nächsten Abend, was ihn quälte,
und die Iule machte ebenso große Augen und riß den Mund
ebenso weit auf, wie ihr Mann 24 Stunden vorher. „Daß
du mir aber ja das Maul hältst!" sagte Ioseph.

Nalürlich hielt die Iule nicht das Maul, und die Folge
war, daß nach und nach auf Loch-Zempien große Augen
und weite Mäuler gemacht wurden. Das Gesinde wisperte
untereinander, schüttelte die Köpfe, und jeder sprach: „Lerr-
gott noch mal, wo ist das menschenmöglich!" And schließlich

wußten es alle, die in der Oekonomie auf Loch-Zempien
angestellt waren: „Ach, mit dem gnädigen Fräulein von
Borsow war das ein rechtes Anglück. Die hatte nämlich
nicht Glieder wie ein anderer Mensch, — ach Gott, die war
so merkwürdig beschaffen, wie man das wohl noch nie erlebt
hatte, seitdem die Welt stand. Ia eigentlich, um es nur
gerade heraus zu sagen, war das gnädige Fräulein einfach,
mit Respekt zu sprechen, eine Mißgeburt." In das Äerren-
haus drang nichts von dem Gerede; das war allzu streng
abgeschlossen.-

Dann aber tauchte eines Tages wirklich ein junger
Lerr von Stande auf. Er paßte aber auch nicht in die
erwähnte wunderschöne Liebesgeschichte oder das prächtige
Romankapitel hinein; er war der ganz prosaische, aber
sehr solide Nachbar, Lerr von Lösdau. Erst kam er alle
acht Tage, dann alle drei, schließlich jeden Tag, und nun
wußte jedermann auf Loch-Zempien, daß diese Besuche mit
einer gewissen Äandlung in der Kirche von Äoch-Zempien
und danach mit dem Fortzug des gnädigen Fräuleins von
Borsow ihr Ende erreichen würden. „Lerrgott, wo ist das
nur menschenmöglich!" sagte das Gesinde auf Loch-Zempien.

Lerr von Lösdau hatte jedesmal seinen Reitknecht
mitgebracht, der sich dann zwischen den Ställen herumtrieb

Zeickmet die 8. Kriegsanleihe

„Du dem tveid, lch meme Kraft, das gwt das richnge Glelchgewicht!"

tti-. >424.

II. April >918.

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