Nr. 1425
Zeitschrift für Humor «nd Kuust
45
Das Dittchen
Lavalle bereute, daß er dem Kellner qekündigt hatte; er
wollte ihm nicht nur das Dittchen ersetzen, — zehn, dreißig,
hundert Dittchen, nämlich zehn Mark, wollte er ihm geben,
wenn er die Sache nur ruhen ließ. Denn daß sie stimmte,
— ach, daran wagte er nicht zu zweifeln. Man wußte ja:
August Iablonski macht alles! Aber der Kellner ließ seinen
Gerechtigkeitssinn nicht bestechen. Oho, das werden wir ja
sehn, — Recht muß Recht bleiben, und gestohlen darf nicht
werden! Angezeigt wird die Sache! Gleich heute noch! —
Der Bankier August Iablonski hatte gestohlen, ein
Dittchen hatte er gestohlen! Die ganze Stadt erzählte sich
das am nächsten Tage. Wenn Iablonski mit einer Million
durchgegangen wäre, hätte nicht mehr davon gesprochen
werden können. Im Gegenteil, das hätte bei weitem nicht
solch ein Aufsehen gemacht. Eine Million zu stehlen, —
nun ja, das ist doch zu verstehen, das ist auch zu entschuldigen,
denn wer das tut, der will eben dadurch Millionär werden,
und das ist ein begreifliches Bestreben. Aber daß ein
Mann, der schon Millionär ist, ein Dittchen stiehlt, zehn
Pfennige widerrechtlich sich aneignet, — das ist nicht zu
begreifen, das ist Verrücktheit. Ein paar Leute nur waren
anderer Meinung und sagten: „Ansinn, — das ist von
Iablonski ganz begreiflich. Er mußte einfach das Dittchen
einstecken. Wenn er es nicht getan hätte, wäre er eben
nicht Iablonski gewesen. Was ihn in jenem Augenblick
antrieb, das Dittchen in seinen Besitz übergehn zu laffen,
— ja, das war eben jene Veranlagung, jene beneidens-
werte Veranlagung, die ihn von einem kleinen Kornmakler
zum schwer reichen Mann gemacht hatte." — Diese Leute
hatten wohl recht.
Frau Iablonski fiel in Ohnmacht, als ein Stubenmädchen,
das von ihr dafür sofort mit Lohn und Kostgeld für den
laufenden Monat entlaffen wurde, ihr von dem Dittchen-
diebstahl erzählte. Fräulein Lilde bekam einen Wein-
krampf und war nicht mehr für den jungen Köpke zu sprechen,
der Tennis mit ihr spielen wollte. Der Gatte und Vater
aber, August Iablonski, verbat sich jede Familienszene.
Nicht einmal verreisen lassen wollte er seine Damen, die
am liebsten tausend Meilen zwischen sich und die Äeimat
gelegt hätten, — „in der jetzt alle Leute mit den Fingern
auf uns zeigen werden!"-„Natürlich zeigen sie mit
den Fingern," sprach er. „Schon immer haben sie mit den
Fingern gezeigt, — da, das sind die reichen Iablonskis!
!lnd jetzt haltet ihr gefälligst den Mund!"
Damit war die Angelegenheit für Äerrn Iablonski
zunächst erledigt. Als er nach einiger Zeit einen Brief be-
kam mit der Aufschrift „Königliches Amtsgericht, Abteilung
für Strafsachen," übergab er die darin enthaltene Einladung
dem Nechtsanwalt Doktor Lustig, der alle seine Prozeffe
für ihn führte. Doktor Lustig mußte natürlich, so schwer
es ihm diesmal auch fiel, etwas fragen. „Nun sagen Sie
mir um Äimmels willen, Lerr Iablonski, wie konnten Sie
-?" „Fangen Sie doch nicht auch an, dummes Zeug zu
reden," sagte Äerr Iablonski. „Der dumme Bengel ist ja
schuld daran,der junge Köpke. Zwanzig Pfennige hätte er hin-
legen sollen, wenn er Verstand hätte. Aber dreißig, — ich bitte
Sie, fünszehn Pfennige Trinkgeld! Dieser dumme Bengel!"
rum Heben, kertksllen un6 ?ortrücken
keiber l'üpte und Oercturre. Unent-
bekrtick tür Xocbkistentüptek täscdt
<ten unprsktiscken u. unk^ßienircken
?optlsppen entbekrlicti I
?reis pro älück bs. 1.—
ln sllen einrcklLs. Oescbstten erbsltl
m. b. tt.
blürnderA 2.
--
—^-
/oL6?rc//
§s/crc/r/ ci/e ^ä'/rne F/ä'nrenci wer^.
^eö/e^ Munc/Fer-ll.c/r wr>c/ öe^e/ÜF/ c/ur-c/r
2)e§rn/e^/rc>n c/es Ascrnc/es rrnc/
c/es Acrc/rens. -^nFene^rn 6//rr§c/renc/ c/rrr-c/r
^ o /- s r c/rt crc/r cr /r rn u n § e?r /
§Vrr?- c/e/- E-Vcrrrrens^uF
veöü' k 6cÜ//rer>.
^e/-s/e//e?'7
ck 60^, //crmbtt^/s
13. Asil'!! 1918. lnssrtionsxeküdrsn 4x68palt. ^IonparvilleLvilv Nk. 1.25. Alleinige Inseraten.^nnadine bei I?UÜ0lf IVI0886, 1k1k10kiekk1-sxp8l!ili0kl.
verlii^ Lreslau, Okemnilr:, Dresüen, VUsseldni-f, Vranlrkurl, Klamdur^, Lvln, I-eipnix, Llaxäedurx, Manndelru, 1>Idncden, Strassdurx i. L., Ltuttxart, Luüapest, vrax, 'Wien, Lasel, 2Urick.
Vestellunxen aut ciie »oedvnnus^ndv bei allen 6ued- unü Kunstdanülunxen, Leitunxs-Lxpeüitionen unä postarntern. tzuartalspreis (13 i^urnniern» in veutsodlanä Ak. 3.50,
postde^ux Nli. 3.60, untor Kreurrdanä vorn Verlax Ak. 3.75. In Oesterroied-dlnxarn L 4.80, untor Xrourdanä unä äured ^eitunxsinarko X 5.30. Xür äi6 anäeren
l^änäer äes V/eltpostvsreins unter Krsurkanä ÄIK. 5.30. — Lesonävrs in 8odut.rp»ppv vvrp»vk1.v -Vusxadv: postbe^ux Mk. 4.20, unter Xreurbanä Mk. 4.80; in Oestsrrvied-
Onxarn unter Xreu^banä X 6.—. d'ür äie anäeren Xänäer ävs Wsltpo^tvsrein^ unter Xreurbanä Nk. 6.80. Xin/.vlnv Xnniinvr 35 kkx., in Ovstvrrvied-Onxarn 48 Ii.
^Ueivioe InLerrttendviiulims: lluöoli IVIo886, ^.vvoneen-Lxpeclitioli.
Zeitschrift für Humor «nd Kuust
45
Das Dittchen
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Der Bankier August Iablonski hatte gestohlen, ein
Dittchen hatte er gestohlen! Die ganze Stadt erzählte sich
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Onxarn unter Xreu^banä X 6.—. d'ür äie anäeren Xänäer ävs Wsltpo^tvsrein^ unter Xreurbanä Nk. 6.80. Xin/.vlnv Xnniinvr 35 kkx., in Ovstvrrvied-Onxarn 48 Ii.
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