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Meggendorfer-Blätter, München

Enttäuschung — „Na, Bubi, gefällt's dir?"

— „Ein bißchen fchon, — aber ich hab'
gedacht, ihr würdet seekrank werden."

Die Fischerstraße Von Peter Roblnson

Aeber einen Landkreis ganz dicht bei Berlin regierte
einmal ein Landrat, der sehr tüchtig, sehr verständig und
trotzdem sehr beliebt bei den Gemeinden seines Kreises
war. Er hieß, — nun, nehmen wir einmal an, daß er
Starkmann hieß. Als nun eine der Gemeinden im Amts-
bezirk des Landrats Starkmann wieder einmal ein halbes
oder ein ganzes Dutzend neuer Straßen — wie sie dort in
Anzahl entstehen, immer neue, immer neuel — angelegt
und nun zu benennen hatte, war es ganz natürlich,
daß die schönste der neuen Straßen den Namen
„Starkmannstraße" bekam, zu gebührender Ehrung
des den Kreis regierenden Äerrn. Damit war jeder-
mann zufrieden, der Lerr Landrat Starkmann sicherlich
auch. Iahre vergingen. Die Starkmannftraße war
längst ganz und gar bebaut worden; die Mehrzahl
ihrer Läuser, von denen jedes zweite einen Zigarren-
laden, jedes dritte eine Kneipe enthielt, wie das dort so
ist, war schon öfters zwangsweise versteigert worden,

— da trat der Lerr Landrat Starkmann vom Schau-
platz seiner Verwaltungstätigkeit ab. Er bekam ein
höheres Amt. Gleichzeitig wurde er, in Anerkennung
seiner Verdienste, in den Adelstand empor gehoben
und hieß nun: von Starkmann. Mit Bedauern sah
jene Gemeinde, die nach ihm eine Straße genannt
hatte, ihren Landrat scheiden. Aeber seine Erhöhung
aber freute sie stch sehr und ließ sofort neue Straßen-
schilder ansertigen. Die Starkmannstraße durfte
nicht mehr so heißen; wenn man es dabei gelassen
hätte, — o, das hätte ja so ausgesehn, als wollte
man üble demokratische Tendenzen zum Ausdruck
bringen und den Adelstand nicht mehr gelten laffen.

And darum wurde aus der bürgerlichen „Starkmann-
firaße" eine adelige „von Starkmannstraße." Das
erschien ganz selbstverständlich.

Leider aber fanden sich zum Verdruß der Gc-
meinde Leute, die das nicht so selbstverständlich fanden

und ein Gelächter anstimmten. Ja, manche
schrieben sogar in die Zeitungen und machten
Witze über die „geadelte Straße". Wenn erst
einmal etwas in den Zeitungen steht, denken
auch die Leute, die das vorher nicht tun, darüber
nach, und die Folge war, daß in der Gemeinde
eine Partei sich bildete, die dem Gelächter recht
gab. Ein betrübender innerer Zwist entbrannte,
der zur Auüösung alter Stammtischgenoffen-
schaften, zur Trennung schöner Freundschaften,
ja sogar zu einigen Beleidigungsprozeffen
führte, und es dauerte lange, lange Zeit, bis
endlich die Straßenschilder mit dem Adels-
prädikat wieder gedankenlos betrachtet wurden.

Nun, schließlich war das aber nichts be-
sonders Schlimmes gewesen. Ob die Straße
den bürgerlichen oder den adeligen Namen trug,
— die Lauptsache war, daß dieser Name von
einem vortrefflichen Manne hergenommen war.
Der ehemalige Landrat stieg noch zu mancher
höheren Stelle auf, und jedesmal, wenn er
wieder einen Sprung gemacht hatte, konnte
man sich in der Gemeinde darüber freuen, daß
man damals die Straße nach ihm getauft hatte.

Wenn man es recht überlegt: so einfach
ist das gar nicht, eine Straße zu taufen; es
lauern in manchen Fällen gewisse Gefahren
dabei im Lintergrunde. Nicht bei den ganz
simplen Namen, wie Linden-, Rosen-, Lasen-,
Eulen-, Post-, Bräuhausstraße und so weiter, auch nicht bei
jenen, die an ein für allemal fest zu bewertende Städte und
an Menschen einer fernen Vergangenheit erinnern. Aber
wenn zum Beispiel eine Straße nach der Lauptstadt eines
anderen Landes genannt ist, und mit diesem Lande gibt es
auf einmal Krieg, — ja, dann muß man sich über den
Straßennamen ärgern, dann man muß ihn wieder abschaffsn,
— schon um das andere Land zu strafen. Oder eine Stadt
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