1Z4
Meggendorfer-Blätter, München
Oei- 5oI63t IM fi-em6en f"l3U8
Ü3. W6M ist 68 >votl! ru eigen,
Oie868 fi-em6e f1su8?
/^I8 8ie 6ie Kuuouen tiöi-teu,
^OZ6N 3Ü6 3U8.
^Vo 816 uucti 8io!n tiin geborgen,
Itim V/ün8oti6 getin
lmmer vvotl! nsctl Üi686M K>3U86, —
Ob vvir'8 v/i6cj6l86lqn?
beutctien, 6ie icti niemal^ kannte,
/^ct>, itir vvikt 68 nictit, —
Ocr in eurem t?i3U8 ^ckt v/otinet,
üeüen lag oucti 8prictit:
V/eik 6in t^ZU8cti6n in 6er berne
Onter binüen 3tetin,
Zctimule lüre, kleine ben^ter, —
V/erü' icti'8 v/iecler^etin?
—OQ.
Der zähe Engländer Von Peter Nobinson
„Es war einige Iahre vor dem großen Kriege, als —
-" so fangen von den unzähligen Geschichten, die jedes
Jahr geschrieben werden, jetzt viele an. Die Verfaffer
wollen den Lesern damit gleich die beruhigende Zuficherung
geben, daß sie keine Kriegsgeschichte zu lesen bekommen sollen,
zu der sie vielleicht keine Lust mehr haben würden. Jch
schließe mich den solchermaßen verfahrenden geehrten Kollegen
an. Also:
Es war einige Iahre vor dem großen Kriege, als ich
an einem entsetzlich heißen Tage gegen Ende Mai von Pisa
nach Genua fuhr. Angesähr in der Mitte dieser Strecke liegt
die Stadt Spezia, die gewiffermaßen das italienische Wilhelms-
haven ist. Leute, die es wissen müffen, behaupten, der Kriegs-
hafen Spezia wäre überaus sehenswert. Ich bin trotzdem
dort nicht ausgestiegen, ein Kriegshafen war mir ganz gleich-
gültig; es gibt ja auch genug Leute, die das Ansehen besorgen
können, — abgedankte Admirale, Kapitäne und solcheÄerren.
Von Pisa bis Spezia läuft die Bahn einige Kilometer
vom Meere entfernt, von Spezia bis Genua aber ist sis
unmittelbar der Küste entlang geführt, und das wäre nun
eine prächtige Fahrt, wenn keine Tunnels da wären. Es
find aber welche da, oder vielmehr, nicht nur welche, sondern
viele, entsetzlich viele, etwa 85 Stück, und dabei dauert die
Fahrt nur zwei Stunden, so daß es eigentlich viel anständiger
und ehrlicher von den Ingenieuren gewesen wäre, wenn sie
einfach einen einzigen Tunnel gemacht und die Bahn ganz
und gar als Llntergrundbahn angelegt hätten. So aber
wird man unaufhvrlich genarrt. Ach, wie schön! Da brandet
das waschblaue Meer gegen die gewaltigen Blöcke des Afers.
Da steht noch ein alter Sarazenenturm, trotzig, die nagen-
den Fluten verachtend. Llnd dort — — aber da wird es
dunkel, und das schöne Bild ist verschwunden, als wenn im
Kino der Film von der Spule gesprungen ist. And dann
wird es wieder hell und gleich wieder dunkel und wieder hell
und wieder dunkel und immer so fort. Eine niederträchtige
Maulwurfseisenbahn ist das, und Leute, die poetische Ver-
gleiche lieben, können sagen, so eine Fahrt wäre wie das
menschliche Leben, in dem auch das Dunkel mit kurzen Licht-
blicken gemischt ist. Natürlich muß man die Fenster geschlossen
halten und auch die Ventilationsklappen an der Wagendecke;
in den engen Tunnels ballt fich der Nauch der Lokomotive
zu scheußlichen Klumpen, und wehe, wenn so ein Laufen Rauch
und Gestank hineindringt und gierig alle Lungen, die er trifft,
auszufüllen sucht. Später, wenn kein Krieg mehr ist, werden
solche Eisenbahnstrecken leichter zu befahren sein; es werden
dann so viele Gasmasken übrig sein, daß jeder Reisende um
ein billiges sich mit einer ausrüsten kann.-
An jenem Tage war es also höllenhast heiß, und darum
fiieg ich in Spezia aus und trank zu genügender Vorberei-
tung auf die kommenden Tunnekqualen einen ganzen Syphon
leer. Als ich wieder in mein Abteil kam, hatte sich ein
Reisegesährte eingefunden, von dem anzunehmen war, daß
er sich eine Italienreise bei Cook and Sons auf Ludgate Lill
oder auch in einer Filiale dieses Instituts hatte zusammen-
stellen lassen, die nun zu drei Vierteln erledigt sein mochte.
Es war ein junger Mann, höchstens Mttte der Zwanziger;
reichlicher, aber durch Fußball und Boxübungen in gedeih-
liche Bahnen geleiteter Beefsteakkonsum war ihm anzumer-
ken. Er hatte ein ganz freundliches Geficht, aber natürlich
sah er mit dem gewöhnlichen Ausdruck angelsächsischer Ent-
schlossenheit in die Welt. Engländer sehen sast immer ent-
schloffen aus, — auch wenn es gar nicht nötig ist. Erfor-
derlich ist, noch zu erwähnen, daß er in einen weißen, leicht
(Fortsetzung Seite 139)
Copyright 1918 by F. F. Schreiber
Meggendorfer-Blätter, München
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Ü3. W6M ist 68 >votl! ru eigen,
Oie868 fi-em6e f1su8?
/^I8 8ie 6ie Kuuouen tiöi-teu,
^OZ6N 3Ü6 3U8.
^Vo 816 uucti 8io!n tiin geborgen,
Itim V/ün8oti6 getin
lmmer vvotl! nsctl Üi686M K>3U86, —
Ob vvir'8 v/i6cj6l86lqn?
beutctien, 6ie icti niemal^ kannte,
/^ct>, itir vvikt 68 nictit, —
Ocr in eurem t?i3U8 ^ckt v/otinet,
üeüen lag oucti 8prictit:
V/eik 6in t^ZU8cti6n in 6er berne
Onter binüen 3tetin,
Zctimule lüre, kleine ben^ter, —
V/erü' icti'8 v/iecler^etin?
—OQ.
Der zähe Engländer Von Peter Nobinson
„Es war einige Iahre vor dem großen Kriege, als —
-" so fangen von den unzähligen Geschichten, die jedes
Jahr geschrieben werden, jetzt viele an. Die Verfaffer
wollen den Lesern damit gleich die beruhigende Zuficherung
geben, daß sie keine Kriegsgeschichte zu lesen bekommen sollen,
zu der sie vielleicht keine Lust mehr haben würden. Jch
schließe mich den solchermaßen verfahrenden geehrten Kollegen
an. Also:
Es war einige Iahre vor dem großen Kriege, als ich
an einem entsetzlich heißen Tage gegen Ende Mai von Pisa
nach Genua fuhr. Angesähr in der Mitte dieser Strecke liegt
die Stadt Spezia, die gewiffermaßen das italienische Wilhelms-
haven ist. Leute, die es wissen müffen, behaupten, der Kriegs-
hafen Spezia wäre überaus sehenswert. Ich bin trotzdem
dort nicht ausgestiegen, ein Kriegshafen war mir ganz gleich-
gültig; es gibt ja auch genug Leute, die das Ansehen besorgen
können, — abgedankte Admirale, Kapitäne und solcheÄerren.
Von Pisa bis Spezia läuft die Bahn einige Kilometer
vom Meere entfernt, von Spezia bis Genua aber ist sis
unmittelbar der Küste entlang geführt, und das wäre nun
eine prächtige Fahrt, wenn keine Tunnels da wären. Es
find aber welche da, oder vielmehr, nicht nur welche, sondern
viele, entsetzlich viele, etwa 85 Stück, und dabei dauert die
Fahrt nur zwei Stunden, so daß es eigentlich viel anständiger
und ehrlicher von den Ingenieuren gewesen wäre, wenn sie
einfach einen einzigen Tunnel gemacht und die Bahn ganz
und gar als Llntergrundbahn angelegt hätten. So aber
wird man unaufhvrlich genarrt. Ach, wie schön! Da brandet
das waschblaue Meer gegen die gewaltigen Blöcke des Afers.
Da steht noch ein alter Sarazenenturm, trotzig, die nagen-
den Fluten verachtend. Llnd dort — — aber da wird es
dunkel, und das schöne Bild ist verschwunden, als wenn im
Kino der Film von der Spule gesprungen ist. And dann
wird es wieder hell und gleich wieder dunkel und wieder hell
und wieder dunkel und immer so fort. Eine niederträchtige
Maulwurfseisenbahn ist das, und Leute, die poetische Ver-
gleiche lieben, können sagen, so eine Fahrt wäre wie das
menschliche Leben, in dem auch das Dunkel mit kurzen Licht-
blicken gemischt ist. Natürlich muß man die Fenster geschlossen
halten und auch die Ventilationsklappen an der Wagendecke;
in den engen Tunnels ballt fich der Nauch der Lokomotive
zu scheußlichen Klumpen, und wehe, wenn so ein Laufen Rauch
und Gestank hineindringt und gierig alle Lungen, die er trifft,
auszufüllen sucht. Später, wenn kein Krieg mehr ist, werden
solche Eisenbahnstrecken leichter zu befahren sein; es werden
dann so viele Gasmasken übrig sein, daß jeder Reisende um
ein billiges sich mit einer ausrüsten kann.-
An jenem Tage war es also höllenhast heiß, und darum
fiieg ich in Spezia aus und trank zu genügender Vorberei-
tung auf die kommenden Tunnekqualen einen ganzen Syphon
leer. Als ich wieder in mein Abteil kam, hatte sich ein
Reisegesährte eingefunden, von dem anzunehmen war, daß
er sich eine Italienreise bei Cook and Sons auf Ludgate Lill
oder auch in einer Filiale dieses Instituts hatte zusammen-
stellen lassen, die nun zu drei Vierteln erledigt sein mochte.
Es war ein junger Mann, höchstens Mttte der Zwanziger;
reichlicher, aber durch Fußball und Boxübungen in gedeih-
liche Bahnen geleiteter Beefsteakkonsum war ihm anzumer-
ken. Er hatte ein ganz freundliches Geficht, aber natürlich
sah er mit dem gewöhnlichen Ausdruck angelsächsischer Ent-
schlossenheit in die Welt. Engländer sehen sast immer ent-
schloffen aus, — auch wenn es gar nicht nötig ist. Erfor-
derlich ist, noch zu erwähnen, daß er in einen weißen, leicht
(Fortsetzung Seite 139)
Copyright 1918 by F. F. Schreiber