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158 c^<>(XXX>X>2-(>2<XXXXX> Meggendorfer-Blätter, München <XX>2X>2XXX<XXXXXX^

Abenteuer

des Hilfsdienstschutzmanns Hintermoser

— „Aha, wieder so ein verflixter Treibriemenmarder!
Ietzt aufgepaßt!-

Ein rascher Griff

Verzeihliches Vergehn

Guido Zerpentien wohnt in Tegel, das in das Gebiet
des Generalkommandos der Marken gehörl. Das General-
kommando der Marken erläßl öfters Verordnungen.

Dies letzte hat aber zunächst nichts mil der Geschichte
zu tun. Denn keine einzige der Verordnungen des General-
kommandos der Marken verbot es Guido Zerpentien, sich
in Lulda Brettschneider zu verlieben. Wenn eine Verord-
nung es ihm verboten hätte, würde er es aber vielleicht
trotzdem getan haben. Denn die Liebe ist das Allermäch-
tigste in der Welt, und das Allermächtigste muß notwen-
digerweise mächtiger als ein Generalkommando sein.

Guido Zerpentien verliebte sich also in Lulda Brett-
schneider. Der alte Brettschneider soll zwei Millionen am
Kriege verdient haben; manche Leute behaupten auch vier.
Genaue Auskunft darüber könnte man nur von Brettschneider
selbst erhalten, aber der wird sich natürlich hüten. Guido
Zerpentien hat nichts am Kriege verdient. Er ist nämlich
Lyriker, und das bißchen Äonorar für ein paar Kriegsgedichte,
die von ihm gedruckt worden sind, ist natürlich als Verdienst
ernstlich nicht zu rechnen. Es ist begreiflich, daß der Anter-
schied in den Vermögensverhältniffen eine tiefe Kluft
zwischen Lulda Brettschneider und Guido Zerpentien schuf.

Zerpentien beschloß, diese Kluft zu überbrücken. Natür-
lich mit Gedichten. Dichterpflegen Klüfte immer mit Gedichten
zu überbrücken. Er schickte ein paar zarte, von Entsagung re-
dende Liebeslieder an Lulda, — anonym. Dann ein paar schon
ein wenig kühnere, aber immer noch auf Verzicht deutende, —
pseudonym. Lierauf einige, in denen das Wort Entsagung gar
nicht mehr vorkam, — die waren Guido unterschrieben. And
schließlich eine richtige Liebeserklärung mit der Bitte um ein
Stelldichein,darunter stand GuidoZerpentien und dieAdreffe.

Am nächsten Tage bekam er vom alten Brettschneider
einen Brief, der so saugrob war, daß Brettschneiders Kriegs-
gewinn doch eher auf vier als nur auf zwei Millionen zu
veranschlagen ist. And der Brief schloß: „Jhre blödsinnigen
Gedichte sind natürlich dahin gekommen, wo sie hingehören,
— natürlich in den Müllkasten."

Kann ein Dichter schlimmer gekränkt werden? Ein ge
kränkter Dichter aber stürzt aus seinen himmlischen Löhen und
wird ein gewöhnlicher Mensch. Ein gewöhnlicher Mensch,
der Rache nehmen will, denunziert gern, wenn er kann. Guido
Zerpentien rannte besinnungslos vor Wut nach dem Polizei-
amt. „Erlauben Sie, — ich muß hier etwas anzeigen: der
Kaufmann August Brettschneider hat sich gegen eine Ver-
ordnung des Generalkommandos der Marken vergangen."

„Oho!" sagte der Lerr Polizeileutnant, „was hat denn
der Mann getan?"

„Er hat Papier in den Müllkasten geworfen, und das
hat doch das Generalkommando streng verboten; wegen der
Papiernot soll doch das Altpapier gesammelt werden."

Der Lerr Polizeileutnant war entrüstet. „Da hört
sich doch Verschiedenes auf. Ia, was denkt sich der Kerl,
der Brettschneider denn! Na, der soll was erleben! Da
wollen wir gleich mal ein Protokoll aufnehmen. Was ist
das denn für Papier gewesen?"

„Gedichte standen darauf," kreischte Guido Zerpentien,
„Gedichte von mir!"

Da legte der Lerr Polizeileutnant die Feder wieder
fort. „Lören Eie mal, ich denke, wir lassen das mit dem
Protokoll. Die Sache scheint mir gar keinen Zweck zu
haben. Wenn wir Brettschneider eine Strafe aufbrummen
laffen, erhebt er am Ende Einspruch, — na, und in diesem
Fall wird der Mann sicher freigesprochen." -01.

Copyright 1918 by I. F. Schreiver
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