Kriegschronik der Meggendorfer-Blätter, München
16l
Die schließlichen Sieger
„Was schreiben Sie da für ein
Zeug zusammen!" meinle der sran-
zösische Kriegsberichterstatter Lenri
Patapon zu seinem englischen Kol°
legen Tickleman. „Ein Erfolg der
Deutschen ist nicht zu leugnen? Ent-
schuldigen Sie schon, aber das ist ja
haarsträubend. Auf die Weise bringen
Sie uns ja um den Endsieg. Sie
schreiben ja gerade so wie ein An-
beteiligter, der vom Monde aus zu°
fieht. Sie sind doch Pressemensch,
und die Preffe hat mitzumachen und
zwar stramm, und wenn es auf andere
Weise nicht geht, dann muß sie für
den schließlichen Sieg sorgen, und
das kann sie auch, aber glänzend.
Deöhalb müssen Sie die Sache von
der richtigen Seite aus ansehn und
schreiben, daß die Deutschen mit ihrer
letzten Offensive wieder mal ganz
jämmerlich reingefallen sind und sich
bis auf die Knochen blamiert haben."
Mister Tickleman ist ein wenig
schwerfällig. „Ia, ich weiß doch nicht
-" begann er zögernd.
Monsieur Patapon hob be-
schwörend beide 2lrme. „Aber ich
bitte Sie, — überlegen Sie doch, was für ein Ziel die
Deutschen bei ihrer Offensive gehabt haben, und was sie
statt dessen erreicht haben. Nach Paris wollten sie. Sie
wissen nicht, ob das stimmt? Bitte, — hier habe ich eben
meinen Bericht geschrieben. Da steht es, gleich im ersten
Satz. Also stnnmt es: Die Deutschen wollten nach Paris.
Llnd wie weit sind sie gekommen? Nur bis an die Marne.
Sie haben also ihr Ziel nicht erreicht. Wenn jemand sein
Ziel nicht erreicht, hat sein Anternehmen nichts getaugt.
Die Deutschen haben mit ihrer Offensive nichts aus-
gerichtet. kunetum! So muß man die Sache darstellen,
mein Lieber."
Mister Tickleman kratzte sich nachdenklich den Kopf.
„Nun ja — das geht schließlich. Aber wie lange? Nehmen
wir einmal den allerdings auch für mich unwahrscheinlichen
Fall, die Deutschen kämen doch eiumal bis Paris, — was
dann?"
Clemeneeau in Bedrängnis
(Slemcnceau verweigert im Parlament jede Auskunft
über die Kriegslage)
— „Ich bin nicht zu Äause, meine Lerrschaften,
kommen Sie wieder, wenn wir gesiegt haben."
Monfieur Patapon pfiff fröh-
lich. „Sollen sie doch! Jch habe so-
wieso bloß ein möbliertes Zimmer
in Paris zur Miete. Gut, also die
Deutschen kommen nach Paris. Aber
wo find wir, d.h. unsere Regierung?
Lleber alle Berge, in Bordeaux
Was nützt den Deutschen dann
Paris? Gar nichts. Nach Bordeaux
müffen sie kommen. Bordeaux wird
ihr Ziel sem. Aber dieses Ziel er-
reichen sie nicht. Also sind wir die
Sieger, denn natürlich ist derjenige
der Sieger, der den andern an der
Erreichung seines Zieles gehindert
hat. And sehn Sie, mein Lieber,
hierin liegt das Nezept, daß dieser
gewaltige Krieg auf jeden Fall mit
dem Siege der Entente enden muß,
die Deutschen mögen anstellen, was
sie wollen. Denn die Deutschen haben
nicht nur mit uns Krieg, sondern
auch mit den Vereinigten Staaten.
Wenn die Deutschen mit jemand
Krieg haben, dann setzen fie sich das
Ziel, den andern tüchtig zu besiegen.
Was meinen Sie nun, mein Lieber:
Werden die deutschen Armeen nach
den Vereinigten Staaten gelangen
und dort Schlachten schlagen, bis Teddy Noosevelt mit den
letzten Rauhreitern fällt, das Sternenbanner sterbend mit
seinem robusten Körper deckend? Ansinn, das wird natürlich
nicht geschehn, und kurz und gut, was sonst auch alles pasfiert:
Die Deutschen werden ihr Ziel nicht erreichen, also werden
wir die Sieger sein."
Monfieur Patapon holte Atem. Mister Tickleman
aber schüttelte den Kopf und meinte: „Gut, die Deutschen
werden natürlich auf keinen Fall die Sieger sein. Aber
da scheint mir noch etwas zu fehlen. Wenn zwei Parteien
im Kriege liegen, hat doch schließlich jede ihr Ziel. Nun
läme es darauf an, ob das unsre-"
Da fuhr Monsieur Patapon mit frischem Atem auf:
^Das unsere? Anser Ziel ist dann eben gewesen, daß die
Deutschen das ihre nicht erreichten. Laben wir schon je-
mals sonst ein Kriegsziel bekannt gegeben? Ist uns gar
(Ltiinniun^sdilcl LU8 Oie ALQ26 Levölkerun» iuuAsrt derunr; ^sarbsitst ^virä uiedt viedr. ^ur äis ^.u^eZtslltsu Ö6r 26itunK6Q
1roimn6Q idr6r 1ätiAlr6it uaod.)
M3g >VOKI cÜS ^ukunft brmgen?
Zictier nictit gewuKt,
IDrum kst niemand mckte I_u5t,
Zicti rur IZtigkeit ^u rvnngen.
Ourcbl 635 grOks kevoltieren
><3M M3n 3uker K3n6 uncl 63ncl,
Oncl jetit 8cfieint 3mÜ53nt,
/^it cler /^rbeit ru p3U8ieren.
Oocb 3U5 clie^em >vÜ8ten Krempel,
V/o M3N 8O clie /^rbeit 8eb>v3n^t,
l_eu<^btet 8tr3ÜlencI uncl erglün^t,
^in erbebencie8 ^xempel:
Keine IVügbeit >388en gelten,
Unermücilictt immerru
Obne ?3U8e, Obne k?ub'
5in6 ciie ^eitung83nge8tellten.
>V38 8ie 8cbreiben, >V38 8ie clrucken,
l)3nn clen ff3ulen gut gecleibt,
Oenn 8ie Ü3ben j3 viel ^eit,
5icb cäie ^eilung ^niugucken.
Oeber d38 Qele^'ne 8cb>v3tren
5ie N3c^lber c>3nn 8tuncten>3ng;
Oie8 vermekrt nvcb ibren Omng,
Ibre ff3ulbeit fOrtru^et^en.
/^>50: vvürcl' e8 8ic^i nicbt lobnen,
>Venn M3n jene, clie 3>Iein
5icb jetrt ibrem >Verke >veibn,
/^3> ver3n>3kt, 8icb ^u ^cbvnen?
lun 8ie nicbt8 mebr, 8incl bingegen
s)3nn vielleicbt 6ie 3nclern mebr
In cler 5timmung 3>8 bi^ber,
^u cler /^rbeit 8ieb ru regen.
—oir
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Die schließlichen Sieger
„Was schreiben Sie da für ein
Zeug zusammen!" meinle der sran-
zösische Kriegsberichterstatter Lenri
Patapon zu seinem englischen Kol°
legen Tickleman. „Ein Erfolg der
Deutschen ist nicht zu leugnen? Ent-
schuldigen Sie schon, aber das ist ja
haarsträubend. Auf die Weise bringen
Sie uns ja um den Endsieg. Sie
schreiben ja gerade so wie ein An-
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fieht. Sie sind doch Pressemensch,
und die Preffe hat mitzumachen und
zwar stramm, und wenn es auf andere
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den schließlichen Sieg sorgen, und
das kann sie auch, aber glänzend.
Deöhalb müssen Sie die Sache von
der richtigen Seite aus ansehn und
schreiben, daß die Deutschen mit ihrer
letzten Offensive wieder mal ganz
jämmerlich reingefallen sind und sich
bis auf die Knochen blamiert haben."
Mister Tickleman ist ein wenig
schwerfällig. „Ia, ich weiß doch nicht
-" begann er zögernd.
Monsieur Patapon hob be-
schwörend beide 2lrme. „Aber ich
bitte Sie, — überlegen Sie doch, was für ein Ziel die
Deutschen bei ihrer Offensive gehabt haben, und was sie
statt dessen erreicht haben. Nach Paris wollten sie. Sie
wissen nicht, ob das stimmt? Bitte, — hier habe ich eben
meinen Bericht geschrieben. Da steht es, gleich im ersten
Satz. Also stnnmt es: Die Deutschen wollten nach Paris.
Llnd wie weit sind sie gekommen? Nur bis an die Marne.
Sie haben also ihr Ziel nicht erreicht. Wenn jemand sein
Ziel nicht erreicht, hat sein Anternehmen nichts getaugt.
Die Deutschen haben mit ihrer Offensive nichts aus-
gerichtet. kunetum! So muß man die Sache darstellen,
mein Lieber."
Mister Tickleman kratzte sich nachdenklich den Kopf.
„Nun ja — das geht schließlich. Aber wie lange? Nehmen
wir einmal den allerdings auch für mich unwahrscheinlichen
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Clemeneeau in Bedrängnis
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kommen Sie wieder, wenn wir gesiegt haben."
Monfieur Patapon pfiff fröh-
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wo find wir, d.h. unsere Regierung?
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hierin liegt das Nezept, daß dieser
gewaltige Krieg auf jeden Fall mit
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die Deutschen mögen anstellen, was
sie wollen. Denn die Deutschen haben
nicht nur mit uns Krieg, sondern
auch mit den Vereinigten Staaten.
Wenn die Deutschen mit jemand
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Ziel, den andern tüchtig zu besiegen.
Was meinen Sie nun, mein Lieber:
Werden die deutschen Armeen nach
den Vereinigten Staaten gelangen
und dort Schlachten schlagen, bis Teddy Noosevelt mit den
letzten Rauhreitern fällt, das Sternenbanner sterbend mit
seinem robusten Körper deckend? Ansinn, das wird natürlich
nicht geschehn, und kurz und gut, was sonst auch alles pasfiert:
Die Deutschen werden ihr Ziel nicht erreichen, also werden
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Monfieur Patapon holte Atem. Mister Tickleman
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Da fuhr Monsieur Patapon mit frischem Atem auf:
^Das unsere? Anser Ziel ist dann eben gewesen, daß die
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Oocb 3U5 clie^em >vÜ8ten Krempel,
V/o M3N 8O clie /^rbeit 8eb>v3n^t,
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—oir