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Stark voreingenommen — „Vier hat 's geschlagen. In 'ner Stund sind wir fertig, Franzl.

Aber 's tut auch not, — um sünf regnet's."

— „Mit der verslixten Sommerzeit, — wenn die nicht wär', da hätten
wir 'ne Stund länger."

Zeitschrift für Humor und Kunst


7

Lyon und seine Gefangenen

werden. Einmal nun war der Fleischerbursche zuletzt in
unser Laus gekommen; was er bei uns ablieferte. war das
letzte Stück Fleisch gewesen. das er auszutragen hatte, und
als Lyon jetzt wieder seine Wache am Ausgang beziehen
wollte, hielt ihm der Bursche die leere Mulde hin. „Da,
— ihr habt ja alles gekriegt. Was willst du denn noch?"
Äyon sah sich die leere Mulde an, nickte verständnisvoll
und gab den Ausgang frei. Er hatte überlegt: „Der
Bursche hat uns etwas gebracht, etwas sehr Schätzenswertes
sogar, — er hat sich brav betragen, es besteht nicht der
geringste Grund, ihn festzuhalten."

Dieses selbständige Llrteil wandte Lyon von jetzt ab
auch auf andere Fälle an. Wer etwas brachte, durfte auch
wieder hinaus. Längere Verhandlungen waren nur noch
nötig, wenn jemand kam, der mehrere Pakete bei fich hatte
und nur eines davon im Äause lafsen wollte. Wenn dies
eine nicht das größte, das ganz erfichtlich größte war, —
dann freilich wurde Lyon bedenklich. Er knurrte, zwar
nicht ganz so drohend, als wenn es stch um einen Fxemden
handelte, der überhaupt nichts dalafsen wollte, aber doch

entschieden genug, so als wollte er sagen: „Irren Sie sich
auch nicht? Das große Paket da gefällt mir viel beffer.
Wir wollen doch lieber warten, bis die Sache gehörig
untersucht worden ist."-

Als der Sommer kam, zogen wir aus der Stadt hinaus,
— in einen kleinen Vorort an der See. Lyon kam natür-
lich mit; es wäre ungerecht gewesen, einen so vorlrefflichen
Lund nicht an der Sommererholung teilnehmen zu laffen.
Wir bewohnten das Erdgeschoß eines abseits gelegenen
Landhäuschens; im ersten Stock wohnte der den Lesern
versprochene Oberlandesgerichtsrat. Der Lerr Oberlandes-
gerichtsrat hatte eine kleine unscheinbare Galtin und zwei
erwachsene Töchter, deren eine, Klara gerufen, mit einer
Ringellöckchenfrisur herumging, während die andere, Agathe,
einen glatten Scheitel trug. Zur Bedienung der Familie
war ein derbes Dienstmädchen da, Auguste genannt.

Wir wohnten seit ein paar Tagen dort draußen, da
kam es eines Vormittags irgendwie, daß Lyon und ich
ganz allein gelassen waren. Wir spazierten erst ein Weilchen
im Garten hinter dem Lause umher, fanden, daß es noch
lange dauern würde, bis die Stachelbeeren reif sein würden.
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