Kriegschronik der Meggendorfer-Blätter, Müncherr
Die Sioux für die Front
>MWM
R
Die neueste Attraktion in der Entente-Bude.
Gehirnpflege
Wie die „Chicago Tribune" berichtet, hat der frühere
amerikanische Iustizminifier Wickersham kürzlich in einer
Tischrede erklärt, daß die Amerikaner dank ihrer überlegenen
Gehirnbeschaffenheit im Krieg über die Deutschen gewinnen
müßten. Bei derselben Gelegenheit ermahnte der Professor
Phelps von der <Zale-!lniversität die Anwesenden, die Lektüre
guter Bücher nicht zu vernachlässtgen, da der Krieg nur
durch besagte beffere Gehirnbeschaffenheit gewonnen würde.
Aeber die Frage, wo die befferen Gehirne zu finden
sind, können wir mit Mifter Wickersham kaum streiten,
das verbietet natürlich die Bescheidenheit. Aber damit,
daß dieser Krieg mit den Gehirnen zu tun hat, ist er voll
kvmmen im Recht. Denn daß die Weißen einander tot-
schlagen, während die Gelben vergnügt zusehn und ihre
Ernte reifen lassen, und daß die Amerikaner dieses Tot-
schlagen noch verlängern und vermehren wollen, ist eigentlich
eine Verrücktheit, und Verrücktheiten hängen eben mit dem
^ehirn zusammen.
Was nun den Profeffor Phelps anbetrifft, so muß
man sagen, daß er seinem Vorredner nicht besonders sekun-
diert hat. Denn wenn, wie Wickersham behauptet, die
amerikanischen Gehirne besser sind als die deutschen, braucht
Phelps nicht noch eine besondere Gehirnpflege zu empfehlen.
Damit setzt er die amerikanischen Gehirne ja dem Verdacht
aus, daß sie doch noch nicht ganz genügen. Aber selbst
wenn seiner Anregung gefolgt werden sollte, würde das
Bücherlesen jetzt nur noch wenig Zweck haben; damit wird
das Gehirn zu langsam gepflegt, und der Krieg soll doch
schnell gewonnen werden. Man gretfe also zu andern
Mitteln. Ganz rätlich wäre das Kopfrechnen. An inter-
effanten und schwierigen Aufgaben fehlt es da nicht. Zum
Beispiel müßte jeder Amerikaner, der den Krieg gewinnen
will, im Kopf ausrechnen, wieviel Millionen unterschlagener
Dollars auf jedes fertiggestellte Flugzeug kommen, in
welchem Verhältnis die Dividenden der Bethlehem Steel
Works und die Schulden Englands und Frankreichs an
Amerika stehen usw. Auch Nätselraten übt das Gehirn
gut. Ein großes Rätsel ist es jetzt für die Amerikaner, wie ste
weitere deutsche Erfolge in Frankreich verhindern können. —
Dergleichen Llebungen aber können nur für diejenigen
Amerikaner in Frage kommen, die zu Lause bleiben. Die
Die Sioux für die Front
>MWM
R
Die neueste Attraktion in der Entente-Bude.
Gehirnpflege
Wie die „Chicago Tribune" berichtet, hat der frühere
amerikanische Iustizminifier Wickersham kürzlich in einer
Tischrede erklärt, daß die Amerikaner dank ihrer überlegenen
Gehirnbeschaffenheit im Krieg über die Deutschen gewinnen
müßten. Bei derselben Gelegenheit ermahnte der Professor
Phelps von der <Zale-!lniversität die Anwesenden, die Lektüre
guter Bücher nicht zu vernachlässtgen, da der Krieg nur
durch besagte beffere Gehirnbeschaffenheit gewonnen würde.
Aeber die Frage, wo die befferen Gehirne zu finden
sind, können wir mit Mifter Wickersham kaum streiten,
das verbietet natürlich die Bescheidenheit. Aber damit,
daß dieser Krieg mit den Gehirnen zu tun hat, ist er voll
kvmmen im Recht. Denn daß die Weißen einander tot-
schlagen, während die Gelben vergnügt zusehn und ihre
Ernte reifen lassen, und daß die Amerikaner dieses Tot-
schlagen noch verlängern und vermehren wollen, ist eigentlich
eine Verrücktheit, und Verrücktheiten hängen eben mit dem
^ehirn zusammen.
Was nun den Profeffor Phelps anbetrifft, so muß
man sagen, daß er seinem Vorredner nicht besonders sekun-
diert hat. Denn wenn, wie Wickersham behauptet, die
amerikanischen Gehirne besser sind als die deutschen, braucht
Phelps nicht noch eine besondere Gehirnpflege zu empfehlen.
Damit setzt er die amerikanischen Gehirne ja dem Verdacht
aus, daß sie doch noch nicht ganz genügen. Aber selbst
wenn seiner Anregung gefolgt werden sollte, würde das
Bücherlesen jetzt nur noch wenig Zweck haben; damit wird
das Gehirn zu langsam gepflegt, und der Krieg soll doch
schnell gewonnen werden. Man gretfe also zu andern
Mitteln. Ganz rätlich wäre das Kopfrechnen. An inter-
effanten und schwierigen Aufgaben fehlt es da nicht. Zum
Beispiel müßte jeder Amerikaner, der den Krieg gewinnen
will, im Kopf ausrechnen, wieviel Millionen unterschlagener
Dollars auf jedes fertiggestellte Flugzeug kommen, in
welchem Verhältnis die Dividenden der Bethlehem Steel
Works und die Schulden Englands und Frankreichs an
Amerika stehen usw. Auch Nätselraten übt das Gehirn
gut. Ein großes Rätsel ist es jetzt für die Amerikaner, wie ste
weitere deutsche Erfolge in Frankreich verhindern können. —
Dergleichen Llebungen aber können nur für diejenigen
Amerikaner in Frage kommen, die zu Lause bleiben. Die