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36 Meggendorfer-Blätter, München


Nach Leistung „Ietzt habt ihr ja eine neue Kuh im Stall,
die kenn' ich noch gar nicht."

— „Pst, Franzl, — die gehört einem Lerrn
Kommerzienrat in der Stadt."

— „Ach so, — na, was zahlt er denn Penston?"

— „Lalt zehn Mark fürs Pfund Butter."

und leichtfertigen Lieder vernimmt, wie sie das Ent-
zücken des Stammpublikums solcher Lokale bilden.

Gern hätte er fich mit dem bloßen Linweis auf
eine solche Darbietung begnügt, aber das ging nicht.
Auch der Leser mußte den lebendigen Eindruck davon,
wie ihn sein Leld bekam, erhalten, und Otto Leinrich
brauchte also wohl oder übel einen richtigen, wasch-
echten Gassenhauer. Llnd das machte ihm schmerz-
liches Kopfzerbrechen, denn die seichte Ader lag ihm
ganz und gar nicht. Aber, zum Teufel, ein paar
sinnlose Reime würde er doch wohl noch zusammen-
stoppeln können! Das konnte doch schließlich der
windigste Skribifax. And nach dem anfeuernden
Genuß einiger Schnäpse und Lleberwindung aller
seiner besseren künstlerischen Instinkte einigte er sich
auf folgendes Poem:

Jch bin die Ida,

Za, ich bin die da,

Die allen Lerrn so wohlgefällt;

So eine Ida,

Wie ich, war nie da,

Ich bin die schönste auf der Welt.

Zeig ich mein Füßchen,

Gleich regnets Küßchen
Vom ersten Rang und vom Parkett,

Doch mehr kein bißchen,

- Nein, nein, kein bißchen
Zeig ich, denn ich bin nicht kokett.

Otto Leinrich war zufrieden mit seiner Neim-
kunst, obwohl er zugab, daß es der höhere Blödsinn
noch immer nicht war und sogar noch Qualität darin
steckte, wenn man wollte. Letzten Endes war der
Singsang aber von untergeordneter Bedeutung und
der Form jedenfalls Genüge geleistet.

Die Novelle war fertig, und er schickte sie ein.

Wie Otto Heinrich berühmt wurde

Von C. A. Lennig

Otto Leinrich hatte es satt, länger im Dunkel ruhm-
Loser Verborgenheit zu leben, der Auch - Schriftsteller zu
sein, den niemand kannte, von dem niemand sprach und
der in literarischen Kreisen eine Null war. Denn obwohl
er fleißig schrieb, kam er.doch übec kursfähige Durchschnitts-
arbeiten nicht hinaus, die ihm Kraft und Talent zersplit-
terten und verzettelten. Er wollte daher mit aller Macht
aus diesem handwerksmäßigen Betriebe heraus; einmal
wollte er wenigstens der Welt zeigen, daß er auch zu
Besserem berufen war, daß auch er ein Recht besaß, sich in
die Reihe der Tagesgrößen zu stellen und gleich ihnen An-
spruch auf künstlerische Geltung machen durfte.

Willkommenen Anlaß in diesem Bestreben bot ihm ein
Preisausschreiben für eine Novelle, das irgend eine nam-
hafte Zeitschrift erlassen hatte, und das ihm, wenn er den
Preis davon trug, mit einem Schlage die ersehnte Beach-
tung und Anerkennung bringen mußte. Stoffe für Novellen
besaß er in Menge, und so griff er den nach seiner Meinung
wirkungsvollsten heraus, um ihn in fleißiger und geistvoller
Bearbeitung zu einer Meisterleistung zu gestalten. Es ging
ihm auch alles nach Wunsch von statten; nur an einer
Stelle schien ihm die Feder versagen zu wollen. !lnd das
war eine Szene, wo der „L>eld" seiner Geschichte in ein
„Brettl" gerät, dort eine junge und anscheinend noch unver-
dorbene Sängerin trifft und mit tiefem Widerwillen von
ihren keuschen Lippen eines jener völlig geistlosen, albernen

Beruhigung — „3ch habe so Angst, Leopold,

daß uns noch etwas pasfieren kann,
bevor wir das Afer erreichen."
— „Da sei nur ganz ruhig, Liebste; ich habe doch nicht
umsonst drei Iahre bei der Marine gedient."
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