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Zeitschrift für Humor und Kunst 37

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— „Ach ja, Zenzi, mei' Laar, dem gehts wia an Kaffee, dees werd alle Tag dünner."

Wte Otto Leinrtch beriihmt wurde

Sieben mal hatte er fie nach dem Rate erfahrener Meister
durchgearbeitet, aber nun hielt ste auch der strengsten Prü-
fung stand. Es war, gemessen an klasfischen Beispielen,
eine Musternovelle, und wenn es nach Recht ging, mußte
er den Preis erhalten.

And das Wunder geschah. Er erhielt ihn. Anter
600 Bewerbern hatte er den Sieg davon getragen. Schon
in der nächsten Rummer der betreffenden Zeitschrift sollte
die Novelle veröffentlicht werden, während eine stattliche
Anweisung auf ein Bankkonto mit einem Glückwunsch der
Redaktion „anbei" folgte.

Otto Äeinrich schwamm in Wonne. Das hohe Ziel war
erreicht; sein Name mußte nunmehr mit Auszeichnung
genannt werden, und er hatte seinen mit Ehrgeiz und
Energie erstrittenen Platz an der Sonne. Nur die Ver-
öffentlichung der Novelle mußte er noch abwarten, um den
Erfolg vollkommen zu machen, aber auch der Tag kam und
mit ihm die ersehnte Berühmtheit. Denn bereits kurze Zeit
darauf erhielt der entzückte Dichter durch Vermittelung der
Zeitschrift einen ganzen Stoß Briese, die fich naturgemäß

nur mit der Novelle beschäftigen konnten, da er andere
Briefe auf diesem Wege nicht zu erwarten hatte. Er zündete
sich eine echte Importe an, von denen er fich eine kleine
Anzahl für besonders festliche Gelegenheiten aufgespart
hatte, und erbrach dann die Briefe.

Der erste war von einer Dame, in schwärmerischem,
überschwenglichem Tone gehalten.

Lochzuverehrender Meister, gottbegnadeter Dichter
schrieb sie. Leut habe ich Ihre Novelle gelesen und, ach,
ich könnte lang auf den Boden hin schlagen vor stürmischer
Begeisterung. Seit dem unvergleichlichen Puppchen habe
ich kein so himmlisches Gedicht mehr gelesen wie das von
der Ida. So voll weicher Schelmerei und süßer Grazie
und dabei von einem wundervoll klangreichen Rhythmus,
daß einem die Kehle vor Erregung zittert. Ich habe gleich
versucht, das herrliche Liedchen auf die Puppchenmelodie
zu fingen, aber leider ging es nicht. Aber bitte, bitte, Sie
großer, unsterblicher Mann, schicken Sie mir doch umgehend
die Noten dazu, ich finde eher keinen Schlummer mehr, bis
ich das Lied nicht singen kann. !lnd so weiter.

Otto Äeinrich legte den Brief beiseite und lächelte.
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