Zeitschrift für Humor und Kunst 53
Die beiven Ratschen
dann ein überaus freundliches Getöse, das wie
schimpfen klang. Mein geistiges Auge sah zwei
weiße Nasenspitzen sich fragend in die Löhe
recken und drohende Zornesblicke des Lauses
Faffade entlang blitzen. Dann wurde es still.
Gott sei Dank, die Plagegeister waren fort.
Aber schon nahte auch die Vergeltung.
Schritte polterten die Treppe herauf, und ge-
bieterisch schrillte die Türglocke. Gewiß ein
Schutzmann oder auch fünf, der Schwere des
Lolzscheites angemeffen. Ich hütete mich wohl,
aufzumachen, sondern überließ das meiner
Frau. Frauen zeigen in solchen Lagen immer
viel Gewandtheit und Politik und wissen sich
aus den unangenehmsten Verstrickungen her-
auszuwickeln. Indeffen markierte ich mit allem
Eifer den ahnungslosen Schläfer, für den die
Welt und Llmgebung vollständig versunken ist.
Aber wie ward mir, als ich statt der rauhen
Kehle des Gesetzes zwei Stimmen vernahm:
die eine tief und dumpf, die andere hoch und hell.
Leiliger Iemand, das waren ja die Rache-
engel in Person! Ich sprang vom Sofa auf
und lauschte. So viel ich verstehen konnte,
gab es eine beleidigende Nachfrage nach der
Lerkunft eines Lolzscheites, einen stürmischen
Linweis auf zwei ruinierte Lutblumen und
einige unhöfliche Anspielungen auf eine fette
Schadenersatzanklage. Meine Frau konnte stch
auf alles dieses keinen Vers machen, und so
antwortete sie in kräftiger Prosa. Ihr ist das
gegeben, wenn es sein muß, und schon manch-
mal hatte ich es staunend wahrgenommen. Sie
erklärte den beiden Ratschkathln, daß bei uns
das Lolz viel zu teuer sei, um es zum Fenster
hinauszuschmeißen, selbst zwei so alten, wür-
digen Damen zu liebe. Lier müffe ein Irrtum
obwalten, und man möge sich gefälligst vor
eine andere Tür bemühen.
Sei es nun, daß diese Beweisführung
den beiden Plaudertaschen wirklich einleuchtend
— „Dir hab' ick ooch noch nich arbeeten sehn, Fritze."
— „Det meenste bloß, Willem. Ick arbeete jeistig."
— „Wat jeistig?"
— „Nu ja doch. Ick stelle mir halt de Arbeet im Ieiste vor "
Der Musiker
Die beiven Ratschen
dann ein überaus freundliches Getöse, das wie
schimpfen klang. Mein geistiges Auge sah zwei
weiße Nasenspitzen sich fragend in die Löhe
recken und drohende Zornesblicke des Lauses
Faffade entlang blitzen. Dann wurde es still.
Gott sei Dank, die Plagegeister waren fort.
Aber schon nahte auch die Vergeltung.
Schritte polterten die Treppe herauf, und ge-
bieterisch schrillte die Türglocke. Gewiß ein
Schutzmann oder auch fünf, der Schwere des
Lolzscheites angemeffen. Ich hütete mich wohl,
aufzumachen, sondern überließ das meiner
Frau. Frauen zeigen in solchen Lagen immer
viel Gewandtheit und Politik und wissen sich
aus den unangenehmsten Verstrickungen her-
auszuwickeln. Indeffen markierte ich mit allem
Eifer den ahnungslosen Schläfer, für den die
Welt und Llmgebung vollständig versunken ist.
Aber wie ward mir, als ich statt der rauhen
Kehle des Gesetzes zwei Stimmen vernahm:
die eine tief und dumpf, die andere hoch und hell.
Leiliger Iemand, das waren ja die Rache-
engel in Person! Ich sprang vom Sofa auf
und lauschte. So viel ich verstehen konnte,
gab es eine beleidigende Nachfrage nach der
Lerkunft eines Lolzscheites, einen stürmischen
Linweis auf zwei ruinierte Lutblumen und
einige unhöfliche Anspielungen auf eine fette
Schadenersatzanklage. Meine Frau konnte stch
auf alles dieses keinen Vers machen, und so
antwortete sie in kräftiger Prosa. Ihr ist das
gegeben, wenn es sein muß, und schon manch-
mal hatte ich es staunend wahrgenommen. Sie
erklärte den beiden Ratschkathln, daß bei uns
das Lolz viel zu teuer sei, um es zum Fenster
hinauszuschmeißen, selbst zwei so alten, wür-
digen Damen zu liebe. Lier müffe ein Irrtum
obwalten, und man möge sich gefälligst vor
eine andere Tür bemühen.
Sei es nun, daß diese Beweisführung
den beiden Plaudertaschen wirklich einleuchtend
— „Dir hab' ick ooch noch nich arbeeten sehn, Fritze."
— „Det meenste bloß, Willem. Ick arbeete jeistig."
— „Wat jeistig?"
— „Nu ja doch. Ick stelle mir halt de Arbeet im Ieiste vor "
Der Musiker