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Zeitschrift für Humor und Kunst 5b

Die beiden Ratschen

erschien, oder daß ihnen meine Frau und ihre
Zungenfertigkeit ganz ausnehmend gefielen,
kurz, sie ließen das eigentliche Thema plötz-
lich fallen und fprangen mit bewunderungs-
würdiger Gewandtheit mitten in einen
kleinen Plausch, zu dem die Teuerung des
Lolzes im speziellen und die schamlose Be-
wucherung von allen Seiten im allgemeinen
den willkommenen Grundton abgaben. Ich
zitlerte, als ich sie in dieses Fahrwaffer
steuern sah. Limmel, lieber Limmel, halte
ich deswegen ein Scheit Lolz geopfert und
war mit dem Aermel dicht am Polizei
gefängnis vorbei gestreift, um eine Neu-
auflage der Nervenpein in- unmittelbarer
Nähe, dicht vor meiner Tür zu erleben?

Das Schicksal schien es so zu wollen! Es
war halb zwei Ahr gewesen, als die beiden
Schandmäuler an unsrer Wohnung geläutet
hatten, und jetzt war es dreiviertel vier.

Der dumpfe und der helle Ton hämmerten
von neuem auf meiner Kopfhaut herum und
schlugen sie zu einer einzigen großen Wunde.
Verzweiflungsvoll raste ich von einem
Zimmer ins andere, barg mein armes, wehes
Laupt abwechselnd unter Kiffen und Decken,
steckte es in Kleiderschränke und Schubladen
und versuchte sogar darauf zu stehen in der
verwegenen Annahme, daß dann meine Füße den zweifel-
haften Genuß haben würden, aber es war alles umsonst,
das wahnsinnige Geschnatter traf mich in jeder Lage mit
unentrinnbarer Deutlichkeitl Dann verbrauchte ich sämtliche
Vorräte an niederschlagenden Pulvern, Baldrian- und
anderen beruhigenden Tropfen, ja ich versuchte es sogar
mit dem Allheilmittel der Suggestion, um drohende Nerven-
krisen zu beschwören, doch war die Macht der feindlichen
Einflüffe stärker. !lnd als dann gar noch mein Magen nach
dem gewohnten Nachmittagskaffee verlangte, da war es mit
meiner mühsam aufcecht
erhaltenen Selbstbeherr-
schung vorbei. Ein nie-
gekannter Mut erwachte in
mir, und eine blinde Toll-
kühnheit, etn alles nieder-
rennender Geist todesver-
achtender Wurschtigkeit
trieb mich, persönlich dem
zähen Gegner die Stirn
zu bieten.

„Fixlaudonkceuzhagel-
schockschwerenotsdonner-
wetter," schrie ich, indem
ich wie eine Bombe in den
Korridor stürzte, „was ist
denn das für ein Satans-
spektakel vor meiner Tür!

Nein taub und verrückt
könnte man werden von
dem verdammten Geträtsch
undGewäsche! Waswollen
Sie hier? Was suchen Sie
hier, und was haben Sie
hier verloren? Sie glauben
wohl, ich habe meine Ner-

„Wohin, Lerr Pinkel?"

„Zur Lochzeit l"

„Ia, warum tragen Sie denn den Kragen in der Land?"
„Damit ich 'n net durchschwitze."

ven gestohlen? Scheren Sie sich zum Kuckuck, Sie verwünschten
alten Stadtklatschen, sonst leuchte ich Ihnen die Treppe
hinunter, daß ein Blitzzug eine Schnecke gegen Sie ist."

Eine Weile stand das Werk still, dann sagte die
Dame mit der dumpfen Stimme: „Wohl Jhr Mann?"
Betreten nickte meine Frau.

„Ich dachte mirs gleich," sekundierte die helle Stimme.
„Ia, die Männer!"

„Sie sind immer gleich heftig."

„And obenauS."

„Bis Sie mal den
Schaden davon haben. Der
meine war grad so. !lnd
hat's mit dem Leben zah-
len müssen."

„Was Sie nicht sagen!"
„Auf Ehr' und Selig-
keit, so wahr ich hier stehe.
Lören Sie, Lerr," wandte
sich die Sprecherin an
mich, „die Geschichte muß
ich Ihnen erzählen. Zur
Warnung."

Mit einem ganzen Sack
voll böser Ahnungen wollte
ich mich wieder zurückziehen,
doch die Geschichtenerzäh-
lerin hatte mich so fest
an meiner Schlafrockquaste
gepackt, daß ich sie mitzog
und wir plötzlich mitten im
Korridor standen. Ihre
Genossin und meine Frau
folgten ihr, und die erstere
schloß die Tür und machte
dabei eine Miene wie ein

Ausblick — „Wie 's mit den Kleiderstoffen

werden wird? Ich kann Ihnen
sagcn, gnädige Frau, - früher hat man sich was gegen die
Motten gekauft, jetzt wird man bald was brauchen gegen
Bücherwürmer und solch Viehzeug, was ins Papier geht."
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